neuronale Funktionseinheit

Eine neuronale Funktionseinheit ist eine Funktionseinheit die eine gewisse neuronale Funktion leistet.

Man stellt sich nämlich vor, dass das Nervensystem als Organ in abgegrenzte neuronale Funktionseinheiten gegliedert werden kann.

Mit anderen Worten: man stellt sich vor, dass man das Nervensystem in separate Funktionseinheiten gliedern kann, von denen jede gewisse Funktion leistet.

Dabei entsteht die Vorstellung einer derartigen Funktionseinheit im Bewusstsein der Person infolge ihres Denkens, weil man gar nicht anders als unter Begriffen über die Funktion des Nervensystems sprechen und denken kann.

Mit anderen Worten kann man sagen, dass man nur nach Gliederung der Funktion des Nervensystems als Ganzes in einzelne Einheiten die einzelnen spezifischen Funktionen rational begründet – oder man kann auch sagen neuro-biologisch begründet verstehen und neuro-biologisch begründet erklären kann.

Somit kann man auch sagen, dass der Begriff neuronale Funktionseinheit ein  sinnvolles Konzept ist.

In Tat und Wahrheit ist das Nervensystem eines Individuums eine dynamische Einheit, die einerseits infolge der genetisch determinierten Anlage und andererseits infolge der individuellen Entwicklung entstanden ist.

Und die sich infolge der weiteren Erfahrungen und infolge der Neuroplastizität sich auf eine gewisse Art und Weise weiter entwickelt.

Daher kann man sagen, dass eine bestimmte neuronale Funktionseinheit mit einer gewissen Funktion korreliert, die sich ihrerseits durch gewisse Phänomene manifestiert.

So leistet etwa eine gewisse Gruppe von neuronalen Funktionseinheiten die Bewegungsfunktionen der einzelnen Glieder des Körpers (Finger/Hand/Arm/Bein/Fuß/Zehe etc.). Oder es leistet eine andere neuronale Funktionseinheit das Riechen, das Hören, das Sprechen usf. und wieder eine andere neuronale Funktionseinheit das  Denken der Person usf. Es beruhen also die einzelnen Erscheinungen hier seien exemplarisch von den psychischen Erscheinungen die folgenden genannt: das Bewusstsein (im Zustand des Wachbewusstseins, im Halbschlaf, im Schlaf mit der Bereitschaft geweckt zu werden usf.), oder die Kognition, die Überlegung, die Schlussfolgerung und letztlich die Entscheidung bzw. das persönliche Urteil.

In gleicher Weise produzieren beeinträchtigte neuronale Funktionseinheiten klinische Erscheinungen wie man sie aus der Psychiatrie kennt. Man denke etwa an die einzelnen psychopathologischen Phänomene wie sie in der Psychopathologie beschrieben worden sind.

Oder man denke an die unterschiedlichen psychischen Symptomenkomplexe die die verschiedenen psychischen Störungen charakterisieren. Es gibt hier auf der Ebene des Nervensystems also jeweils ein bestimmte Korrelat das mit einer gewissen klinischen Erscheinung korreliert.

In diesem Sinn kann man sich vorstellen, dass es im Nervensystem in verschiedene neuronale Funktionseinheiten gegliedert werden kann, die zu einer bestimmten Zeit gewisse Funktionen leisten bzw. die sich auf eine gewisse Art und Weise in der Form der entsprechenden klinischen Erscheinung manifestieren.

Dabei kann dies eine neuronale Funktionseinheit sein die eine körperliche Funktion leistet, etwa eine bestimmte neurologische Funktion etwa beim Schluckakt, oder die neuronale Funktion bei der Ausscheidung des Stuhls respektive beim Stuhlgang, oder die beim Urinieren usf.

Oder es leistet die jeweilige neuronale Funktionseinheit eine bestimmte psychische Funktion, oder eine bestimmte geistige Funktion.

In diesem Sinn korreliert ein einzelner Begriff aus der Phänomenologie etwa ein bestimmter psychologischer Begriff einem gewissen psychisches Phänomen das seinerseits infolge der neuronalen Aktivität einer bestimmten neuronalen Funktionseinheit entstanden ist.

Man kann hier die Leistung dieser neuronalen Funktionseinheit auch als neuronales Muster bezeichnen oder als neuronales Programm.

Erkenntnistheoretisch betrachtet kann ich sagen: Weil es sich bei einer neuronalen Funktionseinheit um eine Einheit handelt, die nur durch den Begriff der Idee erkennbar ist – ist dies die systematische Einheit der Idee, die als Gegenstand in der Idee in meinem Bewusstsein erscheint, falls ich die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasse (vgl. mit Kant Zitat 7).

In diesem Sinn denkt sich ein Arzt unter Umständen, dass es im Nervensystem abgegrenzte neuronale Funktionseinheiten – und damit gewisse Natureinheiten gibt – die eine bestimmte neuronale Aktivität leisten bzw. die ein gewisses neuronales Muster bewirken oder die gewisse neuronale Programme mit entsprechenden Funktionen bewirken.

So kann man etwa das neuronale Muster das mit dem Patellarsehenenreflex korreliert als Folge der Aktivität einer neuronale Funktionseinheit erklären.

So stellt man sich in der Medizin und hier etwa in der Neurologie oder in der Inneren Medizin oder in einem anderen Fach vor, dass es das vegetative Nervensystem als anatomisch bzw. histologisch abgegrenzte neuronale Funktionseinheit gibt, das die vegetative Funktion leistet. Oder man denkt sich in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde dass etwa das pathologische Phänomen Tinnitus durch eine Funktionsstörung im zentralen Nervensystem bewirkt wird – die man als pathologische neuronale Funktionseinheit bezeichnen kann.

In diesem Sinn kann man in der Physiologie und hier insbesondere in der Neurophysiologie und in der Pathophysiologie neuronale Funktionseinheiten beschreiben und damit definierten die gewisse natürliche Funktionen im Organismus leisten.

Ein paar Beispiele dazu:

Die neuronale Funktionseinheit leistet die unwillkürliche Atmung.

Die neuronale Funktionseinheit leistet die Peristaltik im Darm wie sie im Rahmen der Verdauung zu beobachten ist.

Die neuronale Funktionseinheit leistet das Gehen beim Spazieren, das Laufen beim Joggen, den Sprint am Ende des 400 Meter Laufs usf.

Oder es leistet die neuronale Funktionseinheit die Überlegung oder den Verstand, also die Auffassung bzw. die Kognition und damit letztlich das Denken der Person usf. Eine noch komplexer neuronale Funktionseinheit korreliert mit der vernünftigen Überlegung im Vergleich zur einfachen Wahrnehmung im Sinn der Sinneswahrnehmung wie sie bereits bei Tieren vorkommt – hier allerdings auch schon mit der Fähigkeit zur einfachen Reaktion.

Man erkennt damit dass es einfachere neuronale Funktioneinheiten und andererseits komplexere neuronale Funktionseinheiten gibt die jeweils mit einer einfachen oder einer komplexen Funktionseinheit korrelieren.

Anmerkung: Als Mensch ist man auf die Begrenzung eines Sachverhalts durch einen Begriff bzw. auf ein Wort angewiesen um über diesen sinnvoll denken und nachdenken zu können. In der Natur auf der Ebene des Nervensystems gibt es natürlich in diesem Sinn keine abgegrenzten Einheiten – sondern arbeitet bzw. funktioniert hier das System immer als Ganzes – eben als von der Natur diesem Lebewesen gegebenes System das zu den diversen Funktionen entweder schon von Geburt an oder durch das Üben und Lernen im Laufe der eigenen Entwicklung bzw. im Laufe des Lebens erworben – eben gelernt ist gelernt.

Wegen der vorangehenden Ausführungen kann man sagen dass der Begriff neuronale Funktionseinheit ein Konzept ist bzw. die eine nützliche Idee oder mit Worten von Immanuel Kant eine zweckmäßige Einheit ist.

Der Begriff ist hier also ein regulativer Begriff und die jeweilige Idee ist hier eine bloße Idee bzw. eine transzendentale Idee.

Man kann auch sagen: der Begriff der jeweiligen (bloßen) Idee ist eine transzendentale Einheit – die im Bewusstsein der erkennenden Person als Gegenstand in der Idee wenn diese den Sachverhalt auf diese Art und Weise auffasst und dadurch den Zusammenhang in diesem Sinn bzw. durch diese Theorie versteht.

Dies bedeutet man kann auf der „Ebene der Objekte“ hier also auf der Ebene des Nervensystems kein physisches Korrelat finden und physisch bestimmen das heißt man kann diese Einheit nicht physisch/elektrisch „messen“. Sondern man kann z. B. mit gewissen Methoden der Systemischen Neurowissenschaften etwa mit gewissen bildgebenden Methoden gewisse Aktivitäten im Nervensystem optisch sichtbar darstellen also veranschaulichen. So kann man etwa die bekannten farbigen Bilder mit der Methode der Funktionellen Magenetresonanztomographie (fMRT) oder andere Darstellungen mit dem PET-Scan anfertigen und damit die Aktivität des zentralen Nervensystems im Bereich des Gehirns abbilden.

Weiteres über neuronale Funktionseinheiten:

Praktisch alle Funktionseinheiten die für eine dynamische Funktion stehen und die man sich als natürliche Einheiten bzw. als Natureinheiten* vorstellt sind in diesem Sinn die Folge – oder man kann auch sagen das Ergebnis bzw. die Leistung von neuronalen Funktionseinheiten.

Im übertragenen Sinn kann man einen Trieb etwa den Trieb Essen infolge des Hungers oder des Appetits zu suchen als die Folge einer neuronalen Funktion bzw. als Folge einer neuronalen Funktionseinheit verstehen. Falls ein gewisses neuronales Muster im Nervensystem in Gang kommt wird das Lebewesen in diesem Sinn aktiv werden. Analoges kann man vom Sexualtrieb, vom Trieb bzw. dem Streben nach Macht und Erfolg sagen. In diesem Sinn kann man auch die Archetypen – wie sie C.G. Jung beschrieben hat oder der Sexualtrieb gemäß der Triebtheorie wie er von Sigmund Freud beschrieben worden ist, oder das Streben nach Macht, nach Geltung wie es von Alfred Adler beschrieben wurde als Aktivitäten der jeweils im Individuum in Gang gekommenen neuronalen Funktionseinheit verstehen.

Aus derartigen Überlegungen entstanden auch die Begriffe Minderwertigkeitsgefühl, der Begriff der Motivation usf.

Es sind dies also alles begriffliche Einheiten und daher sämtliche systematische Einheiten durch die die jeweiligen Sachverhalte aufgefasst, verstanden und erklärt werden können.

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Weiteres* zu den Begriffen: Natureinheit, Funktion, Funktionseinheit, sowie auch zum Begriff Funktionsstörung in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 03.04.2022, abgelegt unter: Begriff, abgeleiteter Begriff, biologischer Begriff, Biologie, Definition, Einheit, Funktion, Funktionsstörung, Heilkunde, Medizin, Natur, Physiologie, Psyche, Psychologie, Wissenschaft)

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