Psychiatrie

Die Psychiatrie ist der Teilbereich der Heilkunde der mit der Diagnostik, Prevention und Therapie der psychischen Störungen befasst ist.

Dabei werden die psychischen Störungen in der Psychiatrie – als einer empirischen Wissenschaft – in der psychiatrischen Diagnostik nach einem System geordnet diagnostiziert und in der psychiatrischen Klassifikation nach einem System geordnet – also systematisch klassifiziert.

Man kann deswegen auch sagen, dass die Psychiatrie als empirische Wissenschaft die krankheitswertigen Störungen der Psyche systematisch erfasst, klassifiziert, um sie sodann gemäß der klinischen Erfahrung wie diese in der psychiatrischen Wissenschaft gewonnen worden ist – und wie diese auch auf Grundlage der klinischen Erfahrung des einzelnen Arztes/Facharztes  beruht  therapiert zu werden.

Es ist  in Bezug auf die Therapie der psychischen Störungen also auch die Kasuistik von Bedeutung.

 

Die Psychiatrie als Wissenschaft – somit die psychiatrische Wissenschaft – entstand auf Basis der Psychopathologie:

Dabei wird offenbar dass die Psychiatrie und in diesem Zusammenhang die psychiatrische Wissenschaft sich auf Basis der Psychopathologie respektive auf Basis der Phänomenologie zur empirisch fundierten Wissenschaft entwickelt hat.

Somit ist die Psychiatrie der Teil der Heilkunde der die krankheitswertigen Störungen der Psyche auf Grundlage eines empirisch entstandenen Systems auf Basis der klinischen Erscheinung  und des klinischen Verlaufs einerseits systematisch erfasst und andererseits systematisch therapiert.

Im Gegensatz zur Psychiatrie werden in der Medizin – im Sinn der universitären Medizin – die krankheitswertigen Störungen des Körpers systematisch diagnostiziert, klassifiziert und therapiert.

 

Die Psychiatrie als Wissenschaft diagnostiziert und klassifiziert die psychischen Störungen aufgrund der klinischen Erscheinung und unter Berücksichtigung des Verlaufs:

In der Psychiatrie als Wissenschaft werden die unterschiedlichen psychischen Störungen aufgrund der Unterschiede in der klinischen Erscheinung bzw. aufgrund der unterschiedlichen klinischen Erscheinungsbilder und unter Berücksichtigung des Verlaufs systematisch diagnostiziert und systematisch klassifiziert.

Man kann daher auch sagen, dass die unterschiedlichen psychischen Störungen aufgrund der charakteristischen psychischen Symptomenkomplexes und des Verlaufs nach einem System geordnet diagnostiziert und klassifiziert werden.

Demgemäß beruhen die psychiatrische Diagnostik und die psychiatrische Klassifikation auf der psychiatrischen Systematik.

Man kann also festhalten, dass in der Psychiatrie als Wissenschaft die unterschiedlichen psychischen Störungen systematisch aufgrund der unterschiedlichen psychischen Erscheinungen – und unter Berücksichtigung des Verlaufs – systematisch diagnostiziert und systematisch klassifiziert werden.

Und es beruht die Psychiatrie als Wissenschaft somit auf der Phänomenologie bzw. auf der Psychopathologie.

Ebenso kann man sagen dass die Psychiatrie als Wissenschaft auf den psychopathologischen Phänomenen

beruht, wie diese bei den psychischen Störungen vorkommen – wobei diese die charakteristischen Merkmale der psychischen Symptomenkomplexe bilden.

Unterschied der Psychiatrie – zur universitären Medizin:

Im Gegensatz zur Psychiatrie ist die universitäre Medizin mit den Krankheitsmerkmalen des Körpers befasst und bestimmt die jeweiligen Störungen/Krankheiten auf der Grundlage eines Systems.

Die Diagnostik in der Psychiatrie beruht auf psychopathologischen Phänomenen:

Weil die Diagnostik in der Psychiatrie auf den krankheitswertigen Erscheinungen der Psyche beruht, nämlich den psychopathologischen Phänomenen kann man auch sagen, dass sie auf den charakteristischen psychischen Symptomenkomplexen und deren Verlauf beruht.

Daher ist die Psychiatrie eine empirische Wissenschaft, die ihr Wissen auf Basis die Psychopathologie – respektive: auf Basis der Phänomenologie der krankheitswertigen psychischen Erscheinungen gegründet hat.

Man kann somit auch sagen, dass die Diagnostik, die Klassifikation und die Systematik der Psychiatrie psychopathologisch bzw. phänomenologisch begründet ist.

Der Begriff Psychiatrie – abgeleitet aus den Worten: Psyche (altgriechisch ψυχή, psychḗ, für ursprünglich „Atem, Hauch“, von ψύχω, „ich atme/hauche/blase/lebe“) und dem griechischen Wort (ἰατρός bzw. iātrós) Arzt, wurde ursprünglich vom Stadtphysikus Johann Christian Reil als Psychiaterie* geprägt, bald ging aus diesem Wort daraus jedoch das Wort Psychiatrie hervor.

In der Psychiatrie werden die unterschiedlichen psychischen Störungen also auf Grundlage der krankheitswertigen Erscheinungen der Psyche und deren Verlauf in der psychiatrischen Diagnostik durch die psychiatrischen Diagnosen erfasst.

Dabei sind die psychiatrischen Kategorien der angewandten psychiatrischen Klassifikation in Bezug auf ihre Grenzen nach einer gewissen Ordnung definiert.

Wie an anderer Stelle detailliert aufgezeigt wird,* handelt es sich dabei um systematische Einheiten (im Sinne von Immanuel Kant), die unter sich (auf der „Ebene der Ideen“) innerhalb der Klassifikation ein definiertes  System bilden.

Man kann daher auch sagen, dass die psychiatrische Systematik und somit die Psychiatrie als empirische Wissenschaft auf Ideen beruht – genau genommen auf bloßen Ideen im Sinne von Immanuel Kant – die unter sich ein definiertes System bilden.

Dabei hat der französische Arzt Philippe Pinel  als Erster mit dem systematischen Studium der unterschiedlichen Formen des Wahnsinns (vgl. mit Pinel Zitat 2) begonnen und damit die Psychiatrie als empirische Wissenschaft begründet, obwohl der Begriff Psychiatrie damals noch gar nicht geprägt war.

Wie erst später der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers auf Grundlage der Philosophie von Immanuel Kant erkannt und in seinem Buch: „Allgemeine Psychopathologie ab der 4. Auflage aufgezeigt hat, beruht die Psychiatrie als empirische Wissenschaft auf Ideen bzw. den Schemata der Ideen (vgl. mit Jaspers Zitat).

Es ist die psychiatrische Wissenschaft also eine empirische Wissenschaft deren Systematik auf definierten Ideen beruht, die auf die krankheitswertigen Erscheinungen der Psyche angewandt werden.

Demgemäß werden die unterschiedlichen psychischen Störungen in der psychiatrischen Diagnostik auf Grundlage von unterschiedlich definierten psychiatrischen Ideen durch die  Schemata der Ideen in Bezug auf (definierte) Typen erkannt (vgl. mit Jaspers Zitat).

Man kann auch sagen: die unterschiedlichen psychischen Störungen werden durch die unterschiedlich definierten Typen (vgl. mit Jaspers Zitat) auf Grundlage der angewandten psychiatrischen Klassifikation erkannt.

Dabei werden in der Psychiatrie von einem Psychiater/einer Psychiaterin die unterschiedlichen psychiatrischen Ideen auf die psychischen Auffälligkeiten angewandt/projiziert, und es erkennt die Fachperson dabei auf Grundlage ihrer klinischen Erfahrung und durch ihr psychopathologisches Denken die einzelnen psychopathologischen Phänomene und die psychischen Symptomenkomplexe der psychischen Störungen. Man kann auch sagen: die Fachperson erkennt auf Grundlage ihres psychiatrisches Wissen durch ihre denkende Anschauung unter Führung von Ideen (vgl. mit Jaspers Zitat) die krankheitswertigen Erscheinungen der Psyche durch die fachlichen Begriffe der (psychiatrischen) Ideen (vgl. mit Kant Zitat 7) nämlich jeweils durch das jeweilige (diagnostische) Schema der (diagnostischen) Idee (vgl. mit Jaspers Zitat und mit Kant Zitat 7)

Demgemäß werden in der Psychiatrie die unterschiedlichen psychischen Störungen/psychischen Krankheiten durch die krankheitswertigen psychischen Merkmale, nämlich durch die psychopathologischen Phänomene erkannt. Und es kann die befasste Fachperson den psychischen Befund aufgrund dieser psychischen Merkmale erheben, und in der psychiatrischen Diagnostik dadurch die zutreffende psychiatrische Diagnose bestimmen.

Im Gegensatz dazu werden die gesundheitlichen Störungen des Körpers in der Medizin durch körperliche Merkmale, somit durch den körperlichen Befund in der medizinischen Diagnostik durch die medizinischen Diagnosen erkannt und bestimmt.

Im Gegensatz zu den psychischen Störungen kann ein Teil der gesundheitlichen Störungen und der Krankheiten des Körpers in der Medizin auf der Grundlage von körperlichen Fakten, somit auf der „Ebene der Objekte“, erkannt und in der Diagnostik bestimmt werden, insofern man diese Fakten objektiv gültig erkennen und allgemein gültig bestimmen kann.

Dies ist in der Psychiatrie bei den psychischen Störungen grundsätzlich nicht möglich, weil man hier die psychischen Erscheinungen durch Ideen (vgl. mit Kant Zitat 7) nur subjektiv gültig erkennen kann. Mit anderen Worten: in der Psychiatrie können die psychischen Auffälligkeiten nur mit der Hilfe von psychiatrischen Konzepten – (vermittelt durch die Schemata der Ideen) erkannt und in der psychiatrischen Diagnostik bestimmt werden. Daher handelt sich beim psychiatrischen Wissen um ein ganz anderes Wissen als in der Medizin wo dieses auf der Grundlage von objektiven Befunden erlangt wird.

Der große Unterschied zwischen der Psychiatrie und einem Teilbereich der Medizin ergibt sich also dem großen Unterschied der Erkenntnisobjekte (vgl. mit Kant Zitat 7).

Es ist zwar so, dass man in der Psychiatrie gewisse psychische Störungen durch biologische Befunde erklären und dadurch physisch (biologisch) begründet verstehen kann. In der psychiatrischen Diagnostik bestimmen kann man sie durch biologische Befunde jedoch nicht.

Man kann daher auch sagen, dass sich die Psychiatrie von einem Teilbereich der Medizin bezüglich der Diagnostik grundsätzlich unterscheidet, wohingegen sie sich in der Therapie und im Hinblick auf die Prävention nur zum Teil von der Medizin unterscheidet.

Der große Unterschied zwischen den Merkmalen der gesundheitlichen Störungen und daher der große Unterschied zwischen den Diagnosen bestimmt also den großen Unterschied zwischen der Psychiatrie und der Medizin.

Es resultiert also aus diesem großen Unterschied in der Erkenntnisbasis (vgl. mit Kant Zitat 7) der große Unterschied zwischen den objektiv bestimmbaren medizinischen Diagnosen und den psychiatrischen Diagnosne, die sämtliche phänomenologische Diagnosen und als solche nur subjektiv gültig bestimmbar sind.

Der Unterschied in der Basis des Wissens ist also der tiefer Grund warum die psychischen Störungen und damit die psychiatrischen Diagnosen nur subjektiv gültig erkannt werden können. Dies bedeutet, dass in Bezug auf die psychischen Phänomene generell und somit auch in Bezug auf die psychiatrischen Diagnosen nur subjektive Evidenz erlangt werden kann, wogegen in einem Teilbereich der Medizin in Bezug auf gewisse körperliche Störungen (Krankheiten) objektive Evidenz erlangt wird. Dieser Sachverhalt ist insbesondere für die Forensische Psychiatrie von Relevanz.

Medizinhistorisch betrachtet entstand das Wissen in der Psychiatrie im Sinne der psychiatrischen Wissenschaft als der Arzt Philippe Pinel begonnen hatte den Wahnsinn systematisch zu studieren (vgl. mit Pinel Zitat 2).

Damit nahm die „Psych-iaterie“ – ihren Anfang, wie dies der Stadtphysikus John Christian Reil einige Zeit später erkannt und daher diesen Begriff definiert hat.

Aus dem Begriff „Psych-iaterie“ ging alsbald der Begriff „Psychiatrie“ hervor.

(griechisch: ἰατρός iatrós – Arzt; ψυχὴ Psyche – Seele im psychologischen Sinn)

Wie man sich überzeugt gründet sich das psychiatrische Wissen auf die psychische Anomalie wie dies Wilhelm Griesinger in seinem Buch:“Pathologie und Therapie der Psychischen Krankheiten” geschrieben hat (vgl. mit Griesinger Zitat). Und es werden dabei die psychischen Störungen unter der Führung von Ideen durch die denkende Anschauung erkannt, wie dies Karl Jaspers in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ geschrieben hat (vgl. mit Jaspers Zitat).

Die Psychiatrie ist in diesem Sinne eine empirische Wissenschaft, die auf der Grundlage der klinischen Erfahrung und der psychiatrischen Ideen entstanden ist, in dem in der Praxis diese Ideen auf die krankheitswertigen psychischen Auffälligkeiten projiziert werden und eine Fachperson in der Psychiatrie – also ein Psychiater / eine Psychiaterin auf dieser Grundlage den krankheitswertigen psychischen Symptomenkomplex erkennt. Diese diagnostischen Einheiten können sodann in der psychiatrischen Wissenschaft systematisch studiert werden.

Es gründet sich die Struktur der Psychiatrie somit auf Ideen, wohingegen in der Medizin in einem Teilbereich die Struktur auf Fakten aufgebaut ist, wie man diese in der physis (= Natur) infolge der körperlichen physischen Befunde (in der Anatomie, Histologie, Biochemie, Physiologie, Pathologie) gefunden bzw. entdeckt hat.

Man erkennt damit, dass die psychiatrische Diagnostik  und somit die psychiatrische Klassifikation und auch die psychiatrische Systematik der unterschiedlichen psychischen Störungen, wie sie zum Beispiel in psychiatrischen ICD-10 Klassifikation oder in der DSM-V Klassifikation erkennbar ist, auf der Phänomenologie bzw. auf der Psychopathologie beruht.

Es haben also Wilhelm Griesinger (vgl. mit Griesinger Zitat) und Emil Kraepelin (vgl. mit Kraepelin Zitat 1) die Möglichkeit in der psychiatrischen Diagnostik überschätzt als sie geglaubt haben, dass in Zukunft gewisse psychische Krankheiten durch körperliche Merkmale bestimmbar sind. Hingegen hat Karl Jaspers infolge der Philosophie von Immanuel Kant den Sachverhalt richtig erkannt – wenn er in seinem Buch: „Allgemeine Psychopathologie“ schreibt, dass die Idee der Krankheitseinheit sich in irgendeinem einzelnen Fall niemals verwirklichen lässt (vgl. mit Jaspers Zitat 6).

Abschließend kann man festhalten dass das Wissen in der Psychiatrie sich auf die krankheitswertigen psychischen Erscheinungen der unterschiedlichen psychischen Störungen gründet. Daher beruht das fachliche Wissen in der Psychiatrie auf Ideen und zwar auf bloßen Ideen im Sinne von Immanuel Kant. Daher kann man ein psychisches Phänomen und auch den Symptomenkomplex der psychischen Störung niemals biologisch begründet bestimmen. Sondern man kann in der Psychiatrie den psychischen Befund und damit das Auftreten der psychischen Störung in gewissen Fällen biologisch begründet erklären.

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Hinweis:

Weiteres* zur Basis des Wissens und zur Systematik der Psychiatrie als empirische Wissenschaft in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 22.02.2024, abgelegt unter: Definition, Diagnostik, Psyche, Psychiatrie, psychiatrische Wissenschaft)

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weiter zum Beitrag: psychiatrische Systematik

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weiter zum Beitrag: Zur Geschichte des psychiatrischen Diagnostizierens

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