Der Realitätsbezug ist der Bezug zur Wirklichkeit.
Mit dem Begriff Realitätsbezug bezeichnet man in der Psychologie und Psychiatrie die Art und Weise, wie eine Person die subjektive Realität wahrnimmt und infolge dieser Wahrnehmung reagiert.
Es geht also um die Frage, wie die Person infolge ihrer Realitätwahrnehmung durch ihre Kognition mit der Wirklichkeit umgeht.
Es geht also um die Frage: wie die Person auf Grundlage ihrer Sinneswahrnehmungen und als Folge ihres persönlichen Denkens reagiert.
Es kommt nämlich bei gewissen psychischen Störungen dazu, dass infolge von gestörtem Denken – man spricht in der Psychiatrie von Denkstörungen – die Realität verzerrt bzw. gestört wahrgenommen wird. Auf diese Art und Weise kann es zu Verkennungen kommen, also zur falschen Wahrnehmung und zur falschen Interpretation. Falls eine solche psychische Störung auftritt, dann spricht man von einer Störung im Realitätsbezug. Und falls diese Störung sehr ausgeprägt ist, und von einem bestimmten Inhalt dominiert wird von einer wahnhaften Störung bzw. von einem Wahn respektive von einer Paranoia. Ein Wahn oder eine Paranoia ist also eine ausgeprägte kognitive Störung bei der die Kognition auf eine besondere Art und Weise gestört ist. In einem solchen Fall hat die psychische Störung das Ausmaß einer Psychose erlangt, wohingegen man bei leichteren Störungen von überwertigen Idee spricht.
Es kann allerdings auch infolge einer Gemütsstörung, somit auf Grundlage einer ausgeprägten affektiven Störung zur Störung im Realitätsbezug kommen. Durch die Störung des Gemüts wird nämlich auch das Denken bzw. die Auffassungsweise beeinflusst und gestört. Man kennt dieses psychische Phänomen auch im Rahmen der Normalpsychologie, insofern durch ausgeprägte Affekte – etwa durch die Verliebtheit – die Realität verzerrt wahrgenommen wird („rosa-rote Brille“). Man kennt also auch im Rahmen der Funktion der normalen Psyche die Beeinflussung der Realitätswahrnehmung durch die Emotion. Auch durch andere Ursachen kann der Realitätsbezug beeinträchtigt und dadurch gestört sein, etwa durch Toxine oder Drogen (Rausch, Alkoholrausch, Drogenrausch, Drogenpsychose, Delir, Canabisrausch etc.).
Schließlich können Störungen im Realitätsbezug auch infolge einer intellektuellen Störung, also in Folge einer Störung der Intelligenz auftreten, wie sie durch eine eingeschränkte Kritikfähigkeit bei der geistigen Behinderung gegeben ist auftreten.
Die Störungen in der Realitätswahrnehmung können also infolge von Störungen auf der Ebene des Denkens und Fühlens auftreten und schließlich können Störungen im Realitätsbezug auch infolge von isolierten Störungen der Sinneswahrnehmung auftreten. In diesem Fall spricht man allerdings nicht von einer psychischen Störung, sondern von einer Störung der Sinneswahrnehmung (vgl. mit dem WikiBeitrag optische Täuschung)
Wenn die Störung im Realitätsbezug ein erhebliches Ausmaß erlangt hat und somit eine schwere psychische Störung vorliegt, dann spricht man von einer Psychose. Bekannt ist, dass es bei der psychischen Störung vom Typ der Schizophrenie nicht selten auf Grundlage von Halluzinationen und auch auf Grundlage von anderen psychopathologischen Phänomenen zu schweren Störungen im Realitätsbezug kommt. So entsteht etwa bei einer Demenz vom Typ der Alzheimerkrankheit oder bei einer vaskulären Demenz oder infolge sonstiger Genese auf Grundlage von ausgeprägten Gedächtnisstörungen, Orientierungsstörungen bzw. treten hier massive Kritikstörungen auf – was zur Folge hat dass der Realitätsbezug massiv gestört ist. Oder es kommt bei schweren affektiven Störungen, bei der Manie, bei einer schizo-affektiven Störung, oder bei einer schweren Depression mit psychotischen Symptomen zu einer Störung in der Realitätswahrnehmung und damit zur Störung im Realitätsbezug. Typischerweise können also bei organisch begründeten Psychosen (Fieberdelir, Intoxikationen, Rauschzuständen, generell beim Organischen Psychosyndrom (OPS) ) Störungen im Realitätsbezug. auftreten.
Wie gesagt Störungen im Realitätsbezug treten auch in Folge von isolierten Störungen der Sinneswahrnehmungen auf – in diesem Fall kann die betroffene Person jedoch die Störung ihrer Wahrnehmung in der Regel erkennen, weil ihre psychischen Funktionen intakt sind. Es kommt daher in einem solchen Fall zur Korrektur an der Realität, was bei einer Störung im Realitätsbezug in Folge der beeinträchtigten Kognition vielfach nicht der Fall ist oder nur beschränkt der Fall ist.
Eine Störung im Realitätsbezug kann also auf der Grundlage einer kognitiven Störung oder auf der Grundlage einer affektiven Störung oder auf der Grundlage einer gemischten Störung und schließlich in Folge einer sonstigen Ursache auftreten. Die psychische Funktion kann demgemäß in Folge einer qualitativen Störung im Denken auftreten, also in Folge der Störung der Bewertung- man kann auch sagen infolge einer Störung im Urteilsvermögen – oder in Folge der Intensität, somit in Folge einer quantitativen Störung eintreten, die zu einer Verzerrung der Realitätswahrnehmung führt – und natürlich auch infolge einer gemischten Störung (Beispiel: schizoaffektive Störung).
Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet handelt es sich bei einer qualitativen Störung, somit bei einer inhaltlichen Denkstörung um eine Störung, die zum Erkennen von falschen Ideen führt (vgl. mit Kant Zitat 7) – oder man kann auch sagen: es kommt zur falschen Assoziation. Wohingegen bei einer quantitativen Störung die Idee als solche zwar erkannt wird, aber einer Störung in der Bewertung des Ausmaßes vorliegt und dies die Ursache der Störung in der Realitätswahrnehmung ist. Es kann auf dieser Grundlage zu einer überwertigen Idee kommen, wie dies aus der Normalpsychologie bekannt ist (Beispiel „rosa-rote Brille“ bei Verliebtheit) bis hin zur wahnhaften Störung mit wahnhafter Gewissheit, wie dies unter Umständen bei einer schweren Depression (Beispiel: Verarmungswahn) der Fall ist, oder wie dies in leichterer Form und Ausprägung bei der negativistischen Sicht der Dinge generell zu beobachten ist.
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(letzte Änderung 20.11.2019, abgelegt unter philosophische Begriffe, Realitätswahrnehmung, Definition, Kognition, psychiatrischer Begriff, psychologischer Begriff)
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