Die Objektivierung ist die Zurückführung des vorerst subjektiven Wissens auf ein Objekt.
Es kann durch die Objektivierung also ein allgemein gültiger Beweis geliefert werden. Das heißt die Erkenntnis dieses Wissens ist durch Tatsachen bzw. durch Fakten erwiesen.
Man kann auch sagen: die Objektivierung ist die Zurückführung des vorerst subjektiven Wissens auf eine faktische Einheit – und es handelt sich daher ab diesem Zeitpunkt beim erlangten Wissen um objektives Wissen.
Ebenso kann man sagen: durch die Objektivierung erlangtes Wissen beruht auf objektiver Evidenz.
Durch die Objektivierung wird also nachgewiesen, dass das erlangte Wissen objektiv gültig und damit allgemein gültig ist, weil die Wahrheit auf der Übereinstimmung mit dem Objekt beruht (vgl. mit Kant Zitat 9).
Im Gegensatz dazu ist Wissen nur subjektiv gültig, falls dieses vom Subjekt abhängig ist, weil es auf einem Fürwahrhalten beruht (vgl. mit Kant Zitat 9)
Immanuel Kant hat in der Kritik der reinen Vernunft aufgezeigt, dass Wissen objektiv gültig und damit allgemein gültig ist, wenn die Erkenntnis sich auf ein vorzeigbares also auf ein demonstrierbares Erkenntnisobjekt gründet und daher alle Urteile untereinander übereinstimmen (consentientia uni tercio, consentiunt inter se), weil die Wahrheit auf der Übereinstimmung mit dem Objekt beruht. (vgl. mit Kant Zitat 9)
Die Objektivierung gründet sich also auf ein vorzeigbares Objekt bzw. auf einen objektiven Befund, oder ein eindeutiges Zeichen oder Symbol z.B. eine Zahl/ einen binären Zustand also etwas das objektiv und damit allgemein gültig bestimmbar ist. In einem solchen Fall ist ein allgemein gültiger Beweis möglich. Man kann auch sagen dass in einem solchen Fall das erlangte Wissen auf Fakten gründet ist.
Falls im Rahmen einer Untersuchung die Objektivierung gelingt, dann ist in diesem Fall erwiesen, dass die Erkenntnis objektiv gültig ist, das heißt sie ist damit nicht nur für dieses Subjekt, sprich nicht nur für diese Person sondern sie ist für jedes Subjekt, also für jede Person gültig, womit die Erkenntnis allgemein gültig ist. Dies ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass die entscheidenden Kriterien im Objekt gelegen sind und daher die entscheidenden Merkmale von allen Personen gleich erkannt werden können. (vgl. mit Kant Zitat 9)
Weil man ein real existentes Objekt in der Wirklichkeit bzw. in der Realität objektiv prüfen kann, ist die Objektivierung in einem solchen Fall in der Regel möglich und sie ist daher – wenn die Prüfung positiv ausfällt – objektiv gewiss. Das heißt es handelt sich in einem solchen Fall um objektives Wissen das durch die Objektivierung erlangt worden ist bzw. es handelt sich um allgemein gültige Gewissheit.
Ein Erkenntnisobjekt, das uns nicht als real existentes Objekt und damit nicht als demonstrierbares Objekt zur Erkenntnis gegeben ist, sondern das uns nur auf der Ebene unserer Vorstellungen – also nur in unserem Bewusstsein als Idee – man kann auch sagen nur als mentales Objekt – oder wie Immanuel Kant sagt nur als Gegenstand in der Idee und nicht als Gegenstand schlechthin gegeben ist, dann kann man es nicht objektivieren.
In diesem Fall ist uns das Wissen nur als der Begriff der Idee und daher nur als systematische Einheit (der Idee) gegeben (vgl. mit Kant Zitat 7).
Immanuel Kant hat aufgezeigt, dass solches Wissen (vermittelt) durch das Schema der Idee erlangt wird (vgl. mit Kant Zitat 7).
Dies ist der Grund warum man z.B. in der Psychiatrie, oder in der Psychologie ein psychisches Phänomen nicht objektivieren kann. Das heißt man kann eine psychologische Idee (vgl. mit Kant Zitat 4) – die immer eine bloße Idee ist – und daher auch eine psychiatrische Idee – und auch eine psychotherapeutische Idee – nicht allgemein gültig erkennen. Das bedeutet man kann eine solche Idee nicht auf ein Objekt zurückführen, das heißt man kann eine solche Erkenntnis nicht objektivieren.
In der Medizin ist in einem Teilbereich eine Objektivierung der Erkenntnisse auf der Grundlage von real existenten Objekten möglich bzw. können in der Medizin diese Erkenntnisse auf der Grundlage von objektiven Befunden objektiviert werden, weil sich diese Erkenntnisse auf real existente Objekte gründen. Zum Beispiel kann man in der Medizin manch eine Verdachtsdiagnose auf der Grundlage eines Organbefundes, oder auf der Grundlage eines Laborwerts, oder auf der Grundlage sonstiger physischer Parameter objektivieren (z.B. einen Knochenbruch, einen Herzinfarkt usf.).
In der Psychiatrie ist eine Objektivierung der Erkenntnisse grundsätzlich nicht möglich, weil sich psychiatrische Erkenntnisse auf psychische bzw. psychopathologische Phänomene gründen und ein solches Phänomen grundsätzlich nicht objektiv feststellbar ist. (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)
Man spricht zwar fallweise auch in der Psychiatrie von objektiver Sicht und man meint damit die Beurteilung eines psychischen Sachverhalts aus der Sicht einer Fachperson. Tatsächlich kann man in der Psychiatrie (Psychologie, Psychotherapie) einen psychischen Sachverhalt jedoch nicht objektivieren. Man kann einen psychischen Sachverhalt nicht auf ein Objekt zurückführen und auf dieser Grundlage allgemein gültig bestimmen bzw. allgemein gültig überprüfen. (vgl. mit Kant Zitat 7)
Man kann in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) einen Befund nicht auf seine Validität allgemein gültig überprüfen. In diesen Erkenntnisbereichen kann man die Validität nur subjektiv gültig feststellen. Eine allgemein gültige bzw. eine allgemein anzuerkennende Überprüfung der Erkenntnis ist in einem solchen Fall nicht möglich. Man kann in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) weder die Validität noch die Reliabilität allgemein gewiss feststellen.
Man kann beispielsweise einen psychischen Befund wie er im Rahmen der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens erhoben wird nicht objektivieren. Man kann nicht objektiv feststellen und allgemein gültig prüfen, ob ein psychiatrischer Sachverständiger einen psychiatrischen Befund objektiv „richtig“ oder objektiv „falsch“ erhoben hat.
Es gibt kein Verfahren das eine solche Objektivierung in der Psychiatrie ermöglicht. Man kann z.B. nicht durch die psychologische Testung, oder durch eine psychiatrische Testung den psychiatrischen Befund allgemein gültig überprüfen und dadurch „objektivieren“ und allgemein gültig sichern. Man kann in der Psychiatrie nur manch einen psychischen Befund durch einen körperlichen Befund erklären – aber objektivieren kann man den psychischen Befund nicht.
Hingegen kann man in der Medizin viele Befunde objektivieren. Man kann in der Medizin manch einen Befund auf der Grundlage von objektiv nachweisbaren körperlichen Zeichen (Merkmalen) auf der Grundlage eines real existenten Objekts, oder auf der Grundlage sonst eines „physisch“ nachweisbaren Parameters, etwa auf der Grundlage eines Laborwertes allgemein gültig überprüfen. Das heißt man kann einen solchen Befund objektivieren.
Daher wird ein solches Faktum von jeder Fachperson gleich erkannt, weil sich die Erkenntnis auf ein Objekt bzw. das Zeichen eines „physisch“ feststellbaren Befundes gründet und die Erkenntnis nicht abhängig vom Subjekt ist. (vgl. mit Kant Zitat 9)
Man kann daher in der Medizin in gewissen Bereichen auf dem Weg der Objektivierung objektives Wissen erlangen das allgemein gültig ist.
In der Psychiatrie kann man kein objektives Wissen erlangen. In der Psychiatrie ist eine Objektivierung grundsätzlich nicht möglich. Man kann in der Psychiatrie einen psychischen Befund nicht objektivieren. Man kann nicht objektiv überprüfen, ob ein psychisches Symptom oder ein psychisches Phänomen vorhanden ist und man kann daher auch nicht objektiv überprüfen, ob eine psychiatrische Diagnose im Zweifelsfall zutreffend ist oder nicht zutreffend ist.
Man kann in der Psychiatrie (Psychologie, Psychotherapie) nur auf der Ebene der Vorstellungen – also nur auf der mentalen Ebene – sprich auf der Ebene der Ideen – „prüfen“, ob eine Erkenntnis zutreffend ist oder nicht zutreffend ist. Auf der Ebene der „physischen“ Objekte ist eine solche Prüfung bzw. eine solche Überprüfung nicht möglich. Eine psychologische Idee ist eine transzendentale Idee und damit ist auch eine psychiatrische Idee eine transzendentale Idee. (vgl. mit Kant Zitat 8a). Oder man kann auch sagen: eine psychiatrische Einheit ist eine nur problematisch zum Grund gelegte Einheit. (vgl. mit Kant Zitat 8 und dem Bleuler Zitat)
Dies ist der Grund warum man in der Psychiatrie z.B. durch die Funktionelle Bildgebung, etwa durch die Methode der Funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) oder durch eine sonstige „physische“ Methode eine psychiatrische Einheit also z.B. eine psychiatrische Diagnose nicht objektivieren kann. (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)
Aus diesem Grund kann man auch durch Befunde der Genetik, oder durch sonstige „physische“ Befunde (biologische Marker) eine psychiatrische Diagnose bzw. einen psychischen Befund nicht objektiveren.
Mit anderen Worten: es ist nicht möglich durch einen körperlichen Befund einen psychischen Befund zu objektivieren. Man kann einen psychischen Befund durch einen aufgefundenen körperlichen Befund unter Umständen erklären – aber objektivieren kann man den psychischen Befund bzw. die psychische Störung dadurch nicht. (Weiteres dazu auf Poster 6)
Dies ist wegen des großen Unterschieds der Erkenntnisobjekte nicht möglich (vgl. mit Kant Zitat 7).
Dies ist nicht möglich, weil ein psychischer Befund ein ganz anderes Erkenntnisobjekt ist als ein körperlicher Befund. (vgl. mit Kant Zitat 7)
Ein psychischer Befund gründet sich auf ein mentales Erkenntnisobjekt das nur in unserem Bewusstsein als Gegenstand in der Idee erscheint bzw. der nur mental vorhanden bzw. mental „existent“ ist. Tatsächlich ist dieses Erkenntnisobjekt jedoch nicht wirklich „existent“, sondern nur problematisch zum Grund gelegt. (vgl. mit Kant Zitat 5 , Kant Zitat 7 und Kant Zitat 8)
Es handelt sich bei einem solchen Erkenntnisobjekt um das Schema der Idee, das als systematische Einheit in der Form des Begriffs der Idee in unserem Bewusstsein erscheint. (vgl. mit Kant Zitat 7)
In der Psychologie und in der Psychiatrie ist dieses Erkenntnisobjekt der Begriff einer psychologischen Idee (vgl. mit Kant Zitat 4) bzw. der Begriff einer psychiatrischen Idee.
Weil eine psychologische Idee bzw. eine psychiatrische Idee eine bloße Idee im Sinn von Immanuel Kant ist (vgl. mit Kant Zitat 4), kann man ein solches Erkenntnisobjekt nicht „physisch“ und damit nicht objektiv gültig bestimmen. Das heißt man kann den Begriff einer solchen Idee nicht objektivieren. (vgl. mit Kant Zitat 4)
Mit anderen Worten: man kann eine psychologische Idee oder eine psychiatrische Idee nicht objektivieren, weil eine solche Idee uns nur als Gegenstand in der Idee zur Erkenntnis gegeben ist – oder man kann auch sagen: weil ein solches Erkenntnisobjekt lediglich als das Schema der Idee – als Begriff der Idee in unserem Bewusstsein als systematische Einheit erscheint. (vgl. mit Kant Zitat 7)
Man kann auch sagen: man kann ein solches Erkenntnisobjekt nur auf der Grundlage eines hypothetischen Konzepts erkennen und subjektiv gültig bestimmen, daher kann man ein solches Erkenntnisobjekt nicht objektivieren.
Es findet sich also auf der Ebene der Grundlage der Erkenntnis bzw. auf der Ebene der Erkenntnisbasis der tiefer liegende Grund warum man ein psychisches Phänomen (gr. phenomenon – das was erscheint, das Erscheinende) und damit eine psychiatrische Diagnose nicht objektivieren kann.
Im Gegensatz dazu gründet sich ein objektiver, körperlicher Befund auf ein real existentes Objekt und kann man daher manch ein körperliches Phänomen und in der Regel ein körperliches Objekt objektivieren.
Dies ist also der Grund warum man manch ein körperliches Phänomen (z.B. die Körpertemperatur, die Hirnströme, die Herzstromkurve usf.) „physisch“ überprüfen bzw. objektivieren kann. In gleicher Weise kann man ein körperliches Objekt (z.B. einen entnommenen Lymphknoten, oder sonst eine Gewebeprobe usf.) weiter „physisch“ abklären und auf diesem Wege objektivieren.
Ein real existentes Objekt ist uns als Gegenstand schlechthin tatsächlich gegeben und können daher verschiedene Personen dieses Objekt bzw. diesen Befund objektiv gültig prüfen und damit objektiv bestimmen. (vgl. mit Kant Zitat 7)
Dies ist der Grund warum man manch einen Befund in der Medizin objektivieren kann, wohingegen ein psychischer Befund bzw. ein psychiatrischer Befund bzw. ein psychologischer Befund und auch ein psychotherapeutischer Befund grundsätzlich nicht objektiviert werden kann.
Karl Jaspers hat erkannt, dass psychiatrische Erkenntnisse (bloße) Ideen im Sinn von Immanuel Kant sind, und ich daher das Ganze als Idee nicht geradezu erkennen kann, sondern ich mich dem Ganzen als Idee durch das Schema der Idee nur nähern kann. (vgl. mit dem Jaspers Zitat und den anderen Jaspers Zitaten)
Daher ist die Objektivierung einer psychiatrischen Diagnose grundsätzlich nicht möglich.
Man kann also in der Psychiatrie (und auch in Psychologie und Psychotherapie) auf der Grundlage von Ideen, die hier bloße Ideen im Sinne von Immanuel Kant sind, nur angenähertes Wissen bzw. nur beschränktes Wissen erlangen.
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(letzte Änderung 05.12.2020, abgelegt unter: Objekt, Objektivierung, Objektivität, Validierung, Definition)
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