Schizophrenie – Ursache

Die Ursache der Schizophrenie ist der Grund warum diese Form einer psychischen Störung in Erscheinung tritt.

Auf der Grundlage der Erfahrung hat man herausgefunden, dass verschiedene Faktoren zur Ursache der Schizophrenie beitragen. Es stellt sich also die Frage: Wird man die „Ursache schlechthin“ der psychischen Störung, die man als „Schizophrenie“ bezeichnet, in Zukunft jemals finden und bestimmen können?

Nachdem verschiedene Faktoren zu dieser Form einer psychischen Störung beitragen und man bisher keinen Faktor im Sinn einer conditio sine qua non hat finden konnte, der diese Form einer psychischen Störung  als notwendiger Faktor bewirkt, zeichnet sich ab, dass man die Ursache nicht finden wird. Man wird also voraussichtlich die tatsächliche Ursache der Einheit Schizophrenie nicht finden können.

In Wahrheit ist nämlich der Begriff der Ursache im Fall der Schizophrenie nicht eine Einheit, die man auf der Ebene der „physischen“ Objekte finden und auf dieser Ebene allgemein gültig bestimmen kann, sondern ist dies vielmehr der Begriff einer Idee, der im Bewusstsein der erkennenden Person als systematische Einheit erscheint (vgl. Kant Zitat 7). Es wird damit deutlich dass es sich bei dieser Ursache um eine komplexe Ursache handelt.

Es handelt sich nämlich beim Gedanken der Ursache der Einheit „Schizophrenie“ um die Vorstellung, dass es eine solche abgegrenzte Einheit gibt. Man denkt sich also, dass es eine fixe bzw. eine faktische Ursache gibt, die dieses klinische Erscheinungsbild hervorruft. Wie man sich überzeugt handelt es sich jedoch bei dieser Vorstellung bzw. bei diesem Gedanken um eine nur problematisch zum Grund gelegte Einheit (vgl. mit Kant Zitat 8) – also um ein Konzept.

Nachdem es sich dabei also um eine Einheit handelt, die man nicht auf der Ebene der Objekte bestimmen kann, ist diese Einheit eine systematische Einheit, die im Bewusstsein der erkennenden Person in der Form des Begriffs der Idee erscheint, wenn die erkennende Person die verschiedenen Faktoren dieser systematischen Einheit durch den Bezug auf das Schema dieser Idee geistig auffasst. (vgl. Kant Zitat 7)

Man gelangt also zur Vorstellung einer Einheit der Ursache der „Schizophrenie“ auf der Ebene der Ideen, wenn man gewisse klinische Befunde auf der Grundlage der klinischen Erfahrung erhebt und man sich denkt, dass diese Faktoren die Ursache dieser psychischen Störung bilden.

Mit anderen Worten: da man in der klinischen Praxis nicht eine einzige, tatsächliche Ursache auf der Ebene der „physischen“ Objekte finden kann, die als conditio sine qua non gesetzmäßig bei jeder psychischen Störung von der Art einer „Schizophrenie“ vorkommt, hat man bisher die wirkliche Ursache bisher nicht finden können. Vielmehr hat man auf der Grundlage der klinischen Erfahrung verschiedene Faktoren gefunden, von denen man sagen kann, dass sie wesentliche Faktoren sind, die zum Auftreten dieser psychischen Störung beitragen. Man findet in der Praxis also ein ganzes Bündel von Faktoren, die insgesamt diese komplexe Ursache bilden.

Auf der website „Psychiatriegespräche“ sind in diesem Beitrag die einzelnen Faktoren, die man für das Auftreten einer „Schizophrenie“ als wesentliche kausale Faktoren erkannt hat in übersichtlicher Form dargestellt. Man findet dabei konstitutionelle – sogenannte „biologische“, also genetische und andere Faktoren, weiters psychologische und soziale Faktoren, die insgesamt ein Ursachenbündel bilden. Damit handelt es sich also um eine komplexe Ursache , die sich aus verschiedenen einzelnen Teilursachen zusammensetzt, die insgesamt das Ganze der Ursache bilden.

Dabei kann man im einzelnen klinischen Fall nicht mit Bestimmtheit sagen welcher Faktor bzw. welche Teilursache in welchem Ausmaß zur Gesamtheit der Ursache beiträgt. Es handelt sich beim Begriff der Ursache also tatsächlich um eine systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7), die nur auf der Ebene der Vorstellungen als abgegrenzte Einheit erscheint. Auf der Ebene der Objekte wird man demgemäß voraussichtlich niemals eine „Ursache schlechthin“ im Sinn einer tatsächlichen Ursache bei der Einheit Schizophrenie finden können, weil diese Einheit lediglich eine systematische Einheit ist. Die Einheit als solche „existiert“ also lediglich auf der Ebene der Vorstellungen bzw. auf der Ebene der Ideen als Einheit. Auf der Ebene der Objekte gibt es keine solche Einheit, die man als „physische“ Einheit finden kann, die in jedem Fall einer psychischen Störung vom Typ einer „Schizophrenie“ gesetzmäßig nachweisbar ist. Daher konnte man in der psychiatrischen Wissenschaft keine solche Ursache finden und konnte man daher auch keine biologischen Marker, etwa in der Genetik, in der Biochemie, in der Funktionellen Bildgebung mit der Methode der Funktionellen Magnetresonanztomographie oder mit einer sonstigen physischen Methode finden die gesetzmäßig und daher als conditio sine qua non kausal diese psychische Störung hervorrufen.

Weil es sich bei der Einheit Schizophrenie um eine systematische Einheit handelt, und zwar um die Einheit einer bloße Idee (vgl. mit Kant Zitat 4 und Kant Zitat 8), wird es voraussichtlich in Zukunft niemals möglich sein die Ursache der Schizophrenie objektiv gültig und damit allgemein gültig zu bestimmen. Überhaupt wird es bei keiner einzigen psychischen Störung je möglich sein die „Ursache schlechthin“ allgemein gültig zu bestimmen, weil alle psychischen Störungen auf der Grundlage von psychiatrischen Konzepten erkannt werden.

Wenn man also gewisse Gedanken in Bezug auf die Kausalität der gesundheitlichen Störung hat, die man als „Schizophrenie“ bezeichnet, dann handelt es sich dabei um eine Theorie bzw. um ein Modell durch das man sich das Auftreten dieser Form einer psychischen Störung erklärt. Man kann durch eine solche Theorie sich vorstellen, dass etwa gewisse Störungen im Bereich der Rezeptoren an der Oberfläche der Nervenzellen die Ursache dieser funktionellen Störung sind – weil man herausgefunden hat, dass gewisse Substanzen, die man später als Neuroleptika bezeichnet hat, auf diese Rezeptoren gewisse Wirkungen ausüben. Oder man kann sonst eine Theorie bilden, die nach der Analogie der Erfahrung das Auftreten dieser Form einer gesundheitlichen Störung erklärt (vgl. mit Kant Zitat 26) – aber beweisen kann man das Zutreffen einer solchen biologischen Theorie im konkreten Fall nicht. Man kann höchstens indirekt das Zutreffen einer sochen Theorie durch empirische Studien auf statistischem Weg untermauern und damit indirekt darauf hinweisen, dass die zu Grunde liegend gedachte Theorie eine gewisse Bedeutung hat und damit relativ richtig ist, oder im Vergleich zu einer anderen Theorie relativ zutreffender ist. Aber tatsächlich beweisen – kann man dadurch nichts. (vgl. mit Kant Zitat 3 und Kant Zitat 3a). Man kann jedenfalls im konkreten Fall nicht im „hier und jetzt“ eine Ursache finden und auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der neuronalen Funktion oder auf einer sonstigen physischen Ebene beweisen, dass es sich dabei um die tatsächliche Ursache handelt.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch gesprochen handelt es sich bei einer solchen Theorie um ein regulatives Prinzip. Durch ein solches Prinzip kann man sich den Zusammenhang der Erscheinungen nach der Analogie der Erfahrung nach einer Regel erklären (vgl. mit Kant Zitat 26)  – aber allgemein gültig beweisen kann man dadurch nichts. Man kann also in Bezug auf die Ursache der „Schizophrenie“ die verschiedensten Theorien und Erklärungen entwickeln – und man kann sich dabei auf der Ebene der Vorstellungen dazu eine persönliche Meinung bilden, aber auf der Ebene der Objekte wird man keinen „physisch“ nachweisbaren Faktor bzw. keine „physisch“ nachweisbare „Ursache schlechthin“, die als „tatsächliche Ursache“ immer aufzeigbar ist – die also gesetzmäßig demonstrierbar ist – jemals nachweisen können. Vielmehr handelt es sich – wie bereits gesagt – beim Begriff der Ursache um eine  Einheit, die nur auf der Ebene der Vorstellungen als systematische Einheit erscheint. (vgl. Kant Zitat 7),

Man täuscht sich also wenn man glaubt, dass man bezüglich der „Schizophrenie“ jemals eine körperliche bzw. „physische“ Ursache finden kann, die man in jedem Fall einer solchen psychischen Störung demonstrieren kann.

In dieser Hinsicht hat sich Emil Kraepelin getäuscht, der geglaubt hat, dass man alsbald die Ursache der Einheit Dementia praecox wird finden und allgemein gültig bestimmen können (vgl. mit Kraepelin Zitat 1). Und es hat sich in dieser Hinsicht auf Eugen Bleuler getäuscht als dieser geglaubt hat, dass man den Begriff der Schizophrenie in Zukunft wird auflösen können. (vgl. mit Bleuler Zitat 2).

Vielmehr wird sich erweisen, dass man die Ursache im Sinn einer tatsächlichen Ursache dieser Form einer psychischen Störung niemals wird finden und demonstrieren können, genauso wie man auch die Einheit „Schizophrenie“ als abgegrenzte Einheit auf der Ebene der Objekte nicht finden und demonstrieren kann.

Vielmehr wird in ferner Zukunft noch gelten was Karl Jaspers geschrieben hat:

3. Die Idee der Krankheitseinheit läßt sich in irgendeinem einzelnen Fall niemals verwirklichen. Denn die Kenntnis des regelmäßigen Zusammentreffens gleicher Ursachen mit gleichen Erscheinungen, Verlauf, Ausgang und Hirnbefund setzt eine vollendete Kenntnis aller einzelnen Zusammenhänge voraus, eine Kenntnis, die in der unendlichen Zukunft liegt.“ (vgl. mit Jaspers Zitat 6)

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(letzte Änderung 2.1.2014, abgelegt unter Schizophrenie, Psychiatrie, Ursache, Ursache von gesundheitlichen Störungen)

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