Der freie Wille ist der Wille der unabhängig von Beeinflussung und von Zwang besteht.
Es ist der freie Wille also der spontane Wille der aus der Freiheit heraus entsteht (vgl. mit Kant Zitat 24).
Der „freie Wille“ ist ein Begriff in der Rechtsprechung der zum Ausdruck bringt, dass die betroffene Person ihren Willen unabhängig von einer Beeinflussung frei erklärt. (-> Weiteres dazu -> WikiBeitrag)
Man muss dabei unterscheiden, ob es sich um einen Fall handelt, bei dem die betroffene Person aus psychischen Gründen ihren Willen unter Umständen nicht frei erklärt. Oder ob es sich um einen Fall handelt, bei dem die betroffene Person, weil sie von einer anderen Person unter Druck gesetzt wird den Willen nicht frei erklärt.
Falls die Person, die den Willen bildet, aus psychischen Gründen in ihrer Willensbildung beeinträchtigt ist, muss geprüft werden, ob die betroffene Person in Folge einer geistigen Behinderung oder in Folge einer psychischen Störung in der Willensbildung beeinträchtigt ist.
Falls die Person, die den Willen bildet, infolge ihrer geistigen Behinderung oder infolge der bei ihr bestehenden psychischen Störung, etwa im Rahmen einer Demenz, in der Willensbildung beeinträchtigt ist, kann sie den Sachverhalt nicht mehr hinreichend überblicken und beurteilen.
Sie ist also infolge dieser Beeinträchtigung – bei der geistigen Behinderung seit jeher – bei der Demenz seit ihrer Erkrankung – nicht in der Lage den Sachverhalt ausreichend zu überblicken und zu beurteilen. Daher kann sie keinen freien Willen bilden.
Deswegen besteht in diesem Fall eine erhöhte Suggestibilität. Im Fall der geistigen Behinderung ist das eingeschränkte Denkvermögen die tiefer liegende Ursache der Suggestibilität. Im Fall der Demenz ist das eingeschränkte Denkvermögen die Folge der kognitiven Störung, wie diese als Folge der Merkfähigkeitsstörung und der Gedächtnisstörung bzw. der Orientierungsstörung aufgetreten ist. In diesem Fall ist also eine andere Ursache der tiefer liegende Grund für die Suggestibilität.
Man kennt in der Psychiatrie auch die Form der psychischen Störung bei der die betroffene Person in Folge eines Wahns bzw. in Folge einer Paranoia zum Beispiel im Rahmen einer psychischen Störung vom Typ einer Schizophrenie ihren Willen nicht frei bilden kann. Und man kennt in der Psychiatrie auch die Fälle, bei denen in Folge einer hochgradigen affektiven Störung, etwa im Rahmen einer schweren Depression die betroffene Person in ihrer Willensbildung erheblich bis gänzlich eingeschränkt ist.
Es kann also die Willensbildung in Folge einer primär vorhandenen kognitiven Störung oder in Folge einer affektiven Störung oder in Folge einer Kombination der Faktoren in ihrer Fähigkeit den Willen frei zu bilden beeinträchtigt sein.
Es ist also in einem solchen Fall aus psychiatrisch-gutachterlicher Sicht zu prüfen und zu beurteilen, ob die Fähigkeit einen freien Willen zu bilden vorhanden ist bzw. es ist vom Sachverständigen, etwa im Rahmen eines psychiatrischen Gutachtens zu prüfen in welchem Umfang diese Fähigkeit eingeschränkt ist. Dies ist etwa bei der Beurteilung der Testierfähigkeit und der Geschäftsfähigkeit von Relevanz.
Zur Frage des freien Willens aus psychiatrisch gutachterlicher Sicht
Es gibt verschiedene gesundheitliche Störungen, die zu einer Beeinträchtigung der Willensbildung und damit zur Beeinträchtigung der Erklärung des „freien Willens“ führen.
Die häufigste Form einer psychischen Störung, die zur Folge hat, dass der Wille nicht frei erklärt werden kann ist die Demenz. Häufig ist auch eine geistige Behinderung der Grund warum der Wille nicht frei erklärt werden kann.
Bei der Demenz kann der Wille nicht frei erklärt werden, weil psychische Störungen im Sinn von kognitiven Störung dies verhindern. In Folge von hirnorganischen Abbauvorgängen sind hirnorganische Veränderungen eingetreten, die das Denken und damit das Denkvermögen mehr oder weniger stark beeinträchtigen.
Gelegentlich können auch sonstige Ursachen, etwa der Zustand nach einem Schlaganfall (Hirnschlag), der Zustand nach einem entzündlichen Prozess im Gehirn oder sonstige pathologische Vorgänge im zentralen Nervensystem zur Beeinträchtigung der Willensbildung führen.
In jedem Fall ist bei einer derartigen Störung die neuronale Funktion des Gehirns beeinträchtigt, so dass die Denkfunktionen also das Denken nicht mehr normal bzw. nicht ungestört möglich ist und daher verschiedene kognitive Störungen und affektive Störungen auftreten, die in ihrer Konsequenz die Kognition beeinträchtigen.
Als Folge von psychischen Störungen dieser Art ist die betroffene Person sodann nicht in der Lage ihren Willen frei zu bilden und frei zu erklären.
Bei einer Demenz, die in Folge eines hirnorganischen Abbauvorganges eingetreten ist, was etwa bei einer Demenz vom Typ einer Alzheimer Krankheit der Fall ist, kommt es als Folge der Veränderungen der Gehirnsubstanz zur gestörten neuronalen Funktion, die sich in der Form von ausgeprägten Merkfähigkeitsstörungen und Gedächtnisstörungen manifestiert, diese ihrerseits führen zu Orientierungsstörungen zu Kritikstörungen und zu anderen psychopathologische Phänomenen.
Die betroffene Person ist sodann nicht mehr in der Lage normal zu denken und sie kann daher auch nicht mehr normal einen „freien Willen“ bilden. Bei höchstgradigen Störungen dieser Art kommt das Denken zum Stillstand. Dies hat zur Folge, dass der Person nichts mehr einfällt. Die betroffene Person ist also in diesem Fall nicht mehr in der Lage überhaupt einen Gedanken zu bilden und diesen sprachlich auszudrücken und sie kann daher auch keinen Willen mehr bilden. Weil das Denken zum Stillstand gekommen ist kann die Person weder einen Wunsch entwickeln und äußern, noch kann sie eine Absichtsvorstellung entwickeln, sie kann also keinen Willen mehr bilden. In der Praxis äußert sich dies dadurch, dass eine derart beeinträchtigte Person auch gar keine Wünsche mehr äußert, sie zu allem „ja“ sagt, falls sie noch sprechen kann, sie also mit allem einverstanden ist, eben weil sie gar nicht mehr in der Lage ist sich mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen und sie dazu auch nicht kritisch Stellung beziehen kann. Es geht also in einem solchen Fall um die Frage der Suggestibilität und um den Grad der Suggestibilität, die vom Sachverständigen zu klären ist, wenn er im Auftrag des Gerichts einen Fall gutachterlich beurteilt, bei dem eine Person unter Umständen zwar noch einen Willen der Form nach erklärt hat, in dem sie ein schriftliches Testament unterfertigt hat, sie jedoch dieses unter Umständen nicht mit Bewusstheit im Sinn der Gesetzes unterfertigt hat, sondern sie dieses unterfertigt hat, ohne dass der Inhalt des Schriftstücks der Person ausreichend bewusst war und sie damit nicht ausreichend diesen Inhalt überblicken und beurteilen konnte. Mit anderen Worten: die betroffene Person hat das Schriftstück zwar vor Zeugen unterfertigt, sie hat es jedoch nicht mit Bewusstheit und nicht mit Besonnenheit im Sinn des Gesetzes unterfertigt.
Neben der Demenz kann der freie Wille auch bei anderen Formen von psychischen Störungen etwa bei einer psychischen Störung vom Typ einer Schizophrenie relevant beeinträchtigt sein. Grundsätzlich ist der freie Wille bei jeder psychischen Störung vom Schweregrad einer Psychose beeinträchtigt.
Neben der Demenz ist der „freie Wille“ bei der geistigen Behinderung praktisch immer mehr oder weniger stark beeinträchtigt, weil auch hier die betroffene Person in Folge des eingeschränkten Denkvermögens den Sachverhalt nur fraglich richtig geistig überblicken und beurteilen kann. Es ist also eine solche Person, je nach dem Schweregrad der psychischen Störung, nicht in der Lage das Rechtsgeschäft ausreichend kritisch zu beurteilen, bevor sie sich entscheidet.
Es kann also die Geschäftsfähigkeit – oder die Testierfähigkeit – in Folge von psychisch-geistigen Störungen beeinträchtigt sein und es muss daher im gegebenen Fall das Ausmaß der Beeinträchtigung gutachterlich abgeklärt und beurteilt werden.
Außer bei der Geschäftsfähigkeit und bei der Testierfähigkeit ist der „freie Wille“ auch bei Fragen der Diskretionsfähigkeit und der Dispositionsfähigkeit im Sinn der Schuldfähigkeit gemäß dem Strafrecht gutachterlich zu beurteilen.
Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet wird der „freie Wille“ als psychisches Phänomen auf der Grundlage einer Idee und zwar auf der Grundlage einer bloßen Idee erkannt.
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(letzte Änderung 13.12.2020, abgelegt unter: Definition, Gutachten, Philosophie, Psychiatrie, Forensische Psychiatrie)
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