Die Ursache ist der Grund der Wirkung.
Dabei entsteht sie entweder durch einen einzelnen Faktor oder durch mehrere.
So kann etwa ein einzelner Faktor der Grund sein, warum ein bestimmtes Phänomen sich klinisch manifestiert, oder es kann diese Wirkung sich als Folge einer komplexen Ursache manifestieren.
Dabei zeigt die Kausalität den möglichen Grund der Wirkung – und damit die mögliche Ursache nach einer Regel auf (vgl. mit Kant Zitat 24a und mit Kant Zitat 24).
Man kann daher sagen, dass die Wirkung durch die Ursache bedingt ist.
Zum Teil spricht man auch von der Ätiologie, die die Wirkung hervorruft.
Durch das Wissen um die Ursache und um den Zusammenhang folgt – dass man den Sachverhalt dadurch rational begründet verstehen und erklären kann.
Betrachtet man sämtliche Sachverhalte die es gibt, dann findet man solche, bei denen die Veränderung infolge der Ursache gesetzmäßig auftritt und andererseits Sachverhalte, bei denen die Veränderung gemäß einer Regel auftritt.
Wenn die Veränderung in Folge der Ursache gesetzmäßig auftritt, dann handelt es sich bei der Ursache um die tatsächliche Ursache, die gemäß einem Naturgesetz in Erscheinung tritt.
Wenn die Veränderung in Folge der Ursache gemäß einer Regel in Erscheinung tritt, dann handelt es sich bei der Ursache um eine komplexe Ursache.
Betrachtet man sämtliche Sachverhalte, die es gibt, dann findet man Sachverhalte bei denen man eine offensichtliche Ursache erkennt und andererseits Sachverhalte bei denen die Ursache nicht offensichtlich erkennbar ist. In einem solchen Fall erkennt man vorerst eine mögliche Ursache und versucht man sodann zu beweisen, dass diese mögliche Ursache die tatsächliche Ursache ist.
Wenn mehrere „mögliche Ursachen“ in Frage kommen, dann kann man nur von einer scheinbaren Ursache bzw. einer „möglichen Ursache“ neben anderen „möglichen Ursachen“, somit von einer wahrscheinlichen Ursache sprechen. In einem solchen Fall gibt es ein ganzes Bündel von Faktoren, die ursächlich, also kausal wirken und die durch ihren Beitrag bzw. durch ihr Zusammenwirken die Ursache bilden, und damit die Erscheinung bzw. die Wirkung hervorbringen.
Nur falls man den einen Faktor auf der „Ebene der Objekte“ als gesetzmäßig vorkommende conditio sine qua non bestimmen kann – ist diese „mögliche Ursache“ die „tatsächliche Ursache“. Nur in einem solchen Fall gelingt es die „Ursache schlechthin“ als allgemein gültige Ursache zu bestimmen.
In einem solchen Fall handelt es sich bei der Ursache um einen Faktor, der als conditio sine qua non für das Auftreten der Wirkung verantwortlich ist, und spricht man dann diesen Faktor als die tatsächliche Ursache an. Zum Beispiel ist bei der Tuberkulose der Tuberkelbazillus dieser unbedingt notwendige Faktor (conditio sine qua non lat. wörtlich: „Bedingung, ohne die nicht“).
Wenn mehrere Faktoren in Frage kommen, und diese entweder jeweils allein, oder durch ihr Zusammenwirken die Ursache bilden, bzw. die Wirkung hervorrufen und kein Faktor dabei ist, der als conditio sine qua non der absolut notwendige bzw. der absolut bestimmende Faktor ist, dann kann man in einem solchen Fall die „Ursache schlechthin“ nicht allgemein gültig bestimmen, sondern kann man in einem solchen Fall nur auf der Ebene der Vorstellungen, also auf der Ebene der Ideen subjektiv gültig entscheiden, bzw. „geistig“ ermessen, was die Ursache ist, bzw. kann man geistig ermessen und abwägen welcher Faktor in welchem Ausmaß kausal ist. In einem solchen Fall kann nämlich unter Umständen ein Faktor andere Faktoren ersetzen bzw. wettmachen. Man denke an das Beispiel einer Lawine bei der verschiedene Faktoren letztlich zum Abgang der Lawine beitragen, und diese durch ihr Zusammenwirken für den Abgang der Lawine verantwortlich sind.
Es kann also in einem solchen Fall ein anderer Faktor einen sonst vorkommenden Faktor ersetzen, so dass letztlich die Wirkung zu Stande kommt. Man erkennt damit, dass man in einem solchen Fall die „Ursache schlechthin“ nicht bestimmen kann, weil man nicht alle Faktoren kennt, und man auch nicht ihr gegenseitiges Zusammenwirkung kennt. Man kann also in einem solchen Fall letztlich nicht sagen durch was der kritische Schwellenwert erreicht wird.
Man erkennt somit, dass es Ursachen im Sinn einer tatsächlichen Ursache gibt, die man auf der Ebene der Objekte allgemein gültig bestimmen kann, und dass es andererseits Ursachen gibt, die man nicht auf der Ebene der Objekte als tatsächliche Ursache bestimmen kann, weil die Ursache als Einheit nur auf der Ebene der Vorstellungen als Einheit erscheint.
Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet findet man dass eine Ursache als Faktum auf der Ebene der Objekte als demonstrierbares Objekt, bzw. als demonstrierbarer Parameter allgemein gültig erfasst werden kann, wohingegen eine Ursache, die nur auf der Ebene der Vorstellungen als Einheit erscheint nicht als „tatsächliche Ursache“ erfasst und allgemein gültig bestimmt werden kann, sondern, dass es sich bei einer solchen Einheit um eine systematische Einheit handelt. Es handelt sich dabei also um eine Einheit, die auf der Ebene des menschlichen Denkens als der Begriff einer Idee erscheint. (vgl. mit Kant Zitat 7). Eine solche Einheit ist also das Schema der Idee „Ursache“, das auf der Ebene der Vorstellungen erlangt wird ,wenn man die Abfolge der Erscheinungen beobachtet, und sich diese Abfolge als das Ergebnis der Kausalität vorstellt, die diese Wirkung hervorruft. Mit anderen Worten: eine solche Ursache ist keine Ursache, die man auf der Ebene der Objekte allgemein gültig bestimmen kann, sondern handelt es sich dabei um den Begriff einer Idee, der lediglich auf der Ebene des menschlichen Denkens als Einheit erscheint. Weil es sich dabei also um eine systematische Einheit handelt kann man auf der Ebene der Objekte keine solche Einheit finden und allgemein gültig bestimmen, sondern kann man sich in einem solchen Fall dem Ganzen der Idee „Ursache“ nur durch das Schema der Idee nähern. Mit anderen Worten man kann in einem solchen Fall in Bezug auf die Einheit „Ursache“ nur angenähertes bzw. beschränktes Wissen erlangen (vgl. mit Kant Zitat 3a), weil die Ursache nur auf der Ebene der Ideen erkannt werden kann, und man diese Einheit nicht am Probierstein der Erfahrung prüfen kann. (vgl. mit Kant Zitat 10)
Tatsächlich handelt es sich in einem solchen Fall um eine „zu Grunde liegend gedachte Einheit“, die als Folge des menschlichen Denkens entsteht (vlg. mit Kant Zitat 8), und die man daher als Einheit auf der Ebene der Objekte nicht finden und auch nicht „physisch bestimmen kann. Dies erklärt warum man auf der Ebene der Objekte bei vielen Störungen vergeblich nach einer „physisch“ bestimmbaren Ursache im Sinn einer „physisch“ bestimmbaren Einheit sucht, die man „gesetzmäßig“ findet.
Dies trifft z.B. für viele gesundheitliche Störungen zu. Man bemerkt z.B. bei vielen gesundheitlichen Störungen, dass eine Vielzahl von Faktoren entweder einzeln oder im Verbund eine gleichartige gesundheitliche Störung bewirken. Man kennt z.B. das Beschwerdebild der unspezifischen Bauchbeschwerden, das Beschwerdebild der unspezifischen Kopfschmerzen vom Typ der Spannungskopfschmerzen oder vom Typ der Migräne, die letztlich durch die verschiedensten Faktoren oder durch das Zusammenwirken eines ganzen Bündels von Faktoren bewirkt werden können, ohne dass man die eigentliche bzw. tatsächliche Ursache bestimmen kann. Dies trifft z.B. auch für den Symptomenkomplex zu, den man als vegetativen Dystonie bezeichnet. Auch bei den psychischen Störungen kann man in der Regel nicht eine einzige Ursache nennen und bestimmen, die das Auftreten der psychischen Störung bewirkt. Auch hier gilt dass die Einheit der „Ursache“ lediglich auf der Ebene der Vorstellungen, also auf der Ebene der Ideen als „Einheit“ erscheint. Dies gilt z.B. bei der psychischen Störung vom Typ der Schizophrenie , bei einer psychischen Störung, die man als Depression bezeichnet und praktisch bei allen anderen psychischen Störungen. Man kann bei diesen Formen einer gesundheitlichen Störung gewisse Faktoren nennen, die im einzelnen Fall mehr oder weniger zum Auftreten der psychischen Störung beitragen, ohne dass man jedoch auf der Ebene der Objekte eine tatsächliche Ursache bestimmen kann.
In gleicher Weise können auch die Phänomene: Schwindel, Kraftlosigkeit, allgemeine Schwäche durch viele Ursachen, bzw. durch das Zusammenwirken eines ganzen Bündels von Faktoren bewirkt werden. Oder psychische Phänomene wie Angst, Unsicherheit, Bedrücktheit, Lustlosigkeit können durch die verschiedensten Faktoren bewirkt werden, die jeweils in ihrer Konstellation und Ausprägung die „Ursache schlechthin“ durch ihr Zusammenwirken bilden. Dabei kann es sich also um körperliche Faktoren und auch um psychische und sonstige Faktoren (Wetter, Jahrzeit, Arbeitsbedingungen, Alter, Klima etc.) handeln, die auf ihre Art und Weise zur Ursache beitragen.
Man erkennt damit, dass es sich in einem solchen Fall um eine komplexe Ursachehandelt, die durch das Zusammenwirken der einzelnen Faktoren gebildet wird.
In diesem Sinn gibt es in vielen Bereichen des menschlichen Erkennens Ursachen von Erscheinungen, die letztlich nicht auf eine einzige „physisch“ bestimmbare Ursache zurückgeführt werden können, sondern bei denen ein ganzes Bündel von Faktoren die Einheit der Ursache bildet.
In einem solchen Fall gelangt man in Folge der eingetretenen Wirkung zu einer Vorstellung, also zu einer Idee, dass es eine Ursache gibt, bzw. geben muss, und sucht man sodann nach der Ursache dieser Erscheinung, bzw. nach den einzelnen Faktoren, die insgesamt die „komplexe Ursache“ bilden. In manchen Fällen kann man unmittelbar, weil die Sache augenscheinlich ist, und damit objektiv evident ist – die „Ursache schlechthin“ erkennen, in vielen Fällen kann man die „Ursache schlechthin“ jedoch weder unmittelbar noch mittelbar erkennen und damit man daher eine solche Ursache auch nicht bestimmen, sondern kann man unter Umständen nur verschiedene Faktoren angeben, die zur Ursache beitragen. In einem solchen Fall kann die Ursache also lediglich auf der Ebene der Ideen als systematische Einheit erkannt werden.
Es stellt sich also die Frage, ob man die vermutete Ursache auf der Ebene der Objekte nachweisen und und auf dieser Ebene bestimmen kann, ob man also auf der Ebene der Objekte im Experiment, oder im Versuch durch einen Beweis demonstrieren kann was die Ursache ist. Es stellt sich also die Frage, ob man einen Faktor finden kann der gesetzmäßig als conditio sine qua non fassbar ist – womit dann dieser Faktor, wenn er der notwendige Faktor ist als die Ursache bzw. die tatsächliche Ursache benannt wird.
In den anderen Fällen in denen ein komplexer Sachverhalt vorliegt und verschiedene, bzw. viele im Einzelnen gar nicht bestimmbare Faktoren also mögliche Ursachen in Frage kommen, bzw. sie durch ihr Zusammenwirken die Ursache bilden – kann man nicht wissen was im konkreten Fall die tatsächliche Ursache ist. Das heißt man kann in einem solchen Fall die tatsächliche Ursache nicht allgemein gültig bestimmen. Man kann die tatsächliche Ursache deswegen nicht allgemein gültig bestimmen, weil man die Relation der einzelnen Faktoren zueinander- und auch deren Effekt, wie er als Folge der jeweiligen Faktoren-Konstellation sich ergibt nicht kennt, und man diesen Sachverhalt nicht allgemein gültig erkennen und auch nicht allgemein gültig bestimmen kann. In einem solchen Fall wird die Ursache also nur auf der Ebene der Ideen als systematische Einheit – nämlich als der Begriff einer Idee erkannt, und kann man die Ursache nicht auf die Ebene der Objekte bestimmen.
Mit anderen Worten: man kann in einem solchen Fall die Ursache nicht auf dieser Ebene demonstrieren. Mit nochmals anderen Worten: man kann in einem solchen Fall letztlich nicht genau wisse was die Ursache im konkreten Fall ist. In einen solchen Fall beobachtet man zwar die Abfolge der Erscheinungen und muss man daher davon ausgehen, dass es für diese Abfolge der Erscheinungen eine Ursache gibt, die Ursache schlechthin kann man in einem solchen Fall jedoch nicht allgemein gültig bestimmen, obwohl es unzweifelhaft eine Ursache gibt.
Erkenntnistheoretisch betrachtet bzw. philosophisch betrachtet wird eine Ursache auf der Grundlage der Erfahrung erkannt. Es handelt sich dabei also entweder um ein Erkenntnisobjekt das als real existentes Objekt auf der Ebene der Objekte erkannt werden kann, und das eine Wirkung hervorruft, oder es ist dies ein Erkenntnisobjekt das nicht als real existentes Objekt erkennbar ist, sondern handelt es sich dabei um eine Einheit, die von einem Bündel von Faktoren gebildet wird, die insgesamt die Ursache bilden. In diesem Fall handelt es sich bei der Ursache um den Begriff einer Idee, die im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint, wenn diese eine gewisse Abfolge von Erscheinungen beobachtet, und aus dieser Erfahrung auf die Existenz einer gewissen Ursache schließt. In diesem Fall ist also diese Einheit eine systematische Einheit , die als der Begriff einer Idee im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint (vgl. mit Kant Zitat 7). Man erkennt damit, dass eine Ursache entweder auf der Ebene der Objekte, oder auf der Ebene der Ideen (vgl. mit Kant Zitat 7) erkannt bzw. bestimmt werden kann. Eine Ursache ist uns also entweder als Gegenstand schlechthin oder nur als Gegenstand in der Idee gegeben (vgl. mit Kant Zitat 7). Allgemein gültig bestimmen kann man eine Ursache nur wenn sie auf der Ebene der Objekte als „tatsächliche Ursache“ erkannt werden kann. Im andern Fall ist die Ursache lediglich der Begriff einer Idee, der als mentale Einheit, also als eine systematische Einheit im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint (vgl. mit Kant Zitat 7). In einem solchen Fall kann man die Ursache nicht allgemein gültig bestimmen, sondern kann man in einem solchen Fall die Ursache nur subjektiv gültig erkennen. (vgl. mit Kant Zitat 7 und mit Kant Zitat 9)
Primär erkennt man eine Ursache immer auf der Ebene der Vorstellungen, also auf der Ebene der Ideen, wenn die Ursache jedoch augenscheinlich ist, wenn sie augenscheinlich evident auf der Ebene der Objekte erkannt werden kann, dann handelt es sich dann um eine Ursache, die auf dieser Ebene allgemein gültig bestimmt werden kann, bzw. die objektiv gültig von jeder Person erkannt werden kann.
Wenn eine Ursache jedoch nicht auf der Ebene der Objekte erkennbar und bestimmbar ist, dann ist die Ursache lediglich die Vorstellung von einer Einheit, die auf der Ebene des Bewusstseins als der Begriff einer Idee erscheint. Eine solchen Begriff bzw. eine solche Einheit kann man nicht auf der Ebene der Objekte bestimmen. Eine solche Einheit ist das Schema einer Idee, das als Gegenstand in der Idee im Bewusstsein erscheint. (vgl. mit Kant Zitat 7)
Komplexe Ursache
Wenn eine Ursache nicht auf der Ebene der Objekte als tatsächliche Ursache – bzw. als Faktor der gesetzmäßig als conditio sine qua non vorkommt – aufgezeigt werden kann – wenn also die Ursache nicht demonstriert werden kann – dann kann man die Ursache nur auf der Ebene der Ideen erkennen, und handelt es sich in einem solchen Fall um eine komplexe Ursache , die nicht allgemein gültig bestimmt werden kann – eben weil keine „tatsächliche Ursache“ auf der Ebene der Objekte aufgezeigt werden kann.
Einen solchen Sachverhalt findet man z.B. in der Medizin bei unklaren Rückenschmerzen, oder (derzeit) bei der Multiplen Sklerose, oder in der Psychiatrie bei der Schizophrenie – und auch bei vielen anderen gesundheitlichen Störungen, etwa bei der Krankheitseinheit die man als Arthrose bezeichnet bei der man keine spezifische Ursache findet, oder bei der Krankheitseinheit, die man als Rheuma bezeichnet und bei der man keine spezifische Ursache findet usf. Bei all den Ursachen dieser gesundheitlichen Störungen handelt es sich um Ursachen, die nicht nur als Folge eines einzigen Faktors in Erscheinung treten, sondern handelt es sich dabei jeweils um die Ursache von klinischen Erscheinungen bei deren Entstehung ein ganzes Bündel von Faktoren wesentlich ist, und dieses Bündel letztlich in seiner Gesamtheit die Wirkung hervorbringt.
Man erkennt damit, dass man bei vielen gesundheitlichen Störungen, etwa beim Auftreten von unspezifischen Bauchbeschwerden, bei unspezifischen Kopfschmerzen vom Typ der Spannungskopfschmerzen, bei einer vegetativen Dystonie unklarer Genese, oder bei einer psychischen Störung vom Typ einer Depression, oder einer Schizophrenie viele unspezifische Faktoren durch ihr Zusammenwirken das Auftreten der gesundheitlichen Störung bewirken können. In all diesen Fällen handelt es sich um eine komplexe Ursache, die lediglich auf der Ebene der Ideen als Einheit und zwar als systematische Einheit erkannt wird.
Entwicklung der Ursache im Laufe der Zeit
Wenn die Ursache im Laufe der Zeit sich verändert, bzw. entwickelt, dann kann man sagen, dass die Ursache eine dynamische Ursache ist. In der Regel wird eine komplexe Ursache immer eine dynamische Ursache sein, da einzelne Faktoren in verschiedenem Ausmaß zur Ursache bzw. zur Kausalität eines Ereignisses beitragen und gewisse Faktoren oftmals einer zeitlichen Entwicklung unterliegen, und damit auch der Sachverhalt als solcher in der Regel einer Entwicklung im Laufe der Zeit unterliegt.
Es gibt Ursachen, die man als einfache Ursachen bezeichnen kann, die konstant vorhanden sind und die konstant eine gewisse Wirkung hervorrufen, und andererseits Ursachen, die einer zeitlichen Entwicklung unterliegen, und die durch das Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren zu einem gewissen Zeitpunkt eine Wirkung, etwa eine gesundheitliche Störung, oder sonst eine Wirkung hervorrufen.
Im Fall einer einfachen Ursache wird man die Ursache oftmals auf der Ebene der Objekte allgemein gültig bestimmen können, wenn die Kausalität auf die Präsenz eines gewissen physischen Objekts zurückgeführt werden kann (z.B. auf das Tuberkelbakterium im Fall der Tuberkulose. Weiteres dazu im Beitrag komplexe Ursache).
In den Fällen in denen eine „komplexe Ursache“ für das Auftreten einer Erscheinung, bzw. für das Auftreten eines physisch fassbaren Ereignisses verantwortlich ist, wird man in der Regel den kausalen Faktor nicht allgemein gültig bestimmen können (vgl. mit dem Beispiel der Lawine im Beitrag komplexe Ursache), sondern lediglich sagen können, dass dieser oder jener Faktor mehr oder weniger als kausal erscheint. Man kann also in einem solchen Fall lediglich auf der Ebene der Vorstellungen, bzw. auf der Ebene der Ideen subjektiv gültig geistig „ermessen“ in welchem Umfang ein gewisser Faktor kausal ist – und kann man diese Kausalität nicht objektiv gültig bestimmen. (vgl. mit Kant Zitat 24a)
Man kann also bei einer komplexen Ursache auf der Ebene der Objekte keine „tatsächliche Ursache“ finden und bestimmen, sondern muss man sich damit begnügen, dass man die wesentlichen Faktoren subjektiv gültig erkennt, und deren Bedeutung auf der Ebene der Vorstellungen subjektiv gültig bewerten kann. Ein solcher Sachverhalt ist in der Medizin oder in der Psychiatrie gegeben wenn z.B. ein Sachverständiger bei Gericht seine fachliche Meinung bzw. sein fachliches Gutachten zur Frage der Kausalität einer gewissen möglichen Ursache erstattet.
Bestimmung einer Ursache
Was die Ursache einer Sache ist, kann man primär nicht wissen, außer der Sachverhalt und die Ursache ist einer Person schon bekannt. Es ist nämlich so, dass man aus einem Sachverhalt primär nicht erkennen kann, was den Sachverhalt hervorruft, außer der Grund ist offensichtlich, oder man kennt einen solchen Sachverhalt aus der Erfahrung.
Die Ursache wird also aus der Erfahrung abgeleitet.
Oder man kann auch sagen:
Die Ursache wird auf der Grundlage der Erfahrung erkannt.
Bezüglich der Ursache wird also primär eine Idee entwickelt, und sucht man sodann diese Idee auf der Grundlage der Erfahrung zu bestätigen.
Entweder erkennt man unmittelbar durch die sinnliche Wahrnehmung was die Ursache ist, oder man erkennt die Ursache auf der Grundlage der Erfahrung und Überlegung. In diesem Fall erlangt man eine Vorstellung, also eine Idee was die Ursache ist. Die Ursache wird also in einem solchen Fall primär auf der Ebene der Ideen erkannt, und versucht man sodann die erlangte Idee (Vorstellung) empirisch zu überprüfen und zu bestätigen. Dies wird beispielsweise bei einem Experiment, oder bei einem Versuch in der Physik gemacht. Wenn man dann bei einer gleichartigen Versuchsanordnung immer dieselbe Ursache für das Auftreten einer Erscheinung findet, dann hat man damit die Ursache allgemein gültig bestimmt. Man findet also, dass bei einem solchen Sachverhalt die conditio sine qua non immer vorkommt, und kann man daher in einem solchen Fall berechtigt sagen, dass diese Sache bzw. dieser Faktor die tatsächliche Ursache ist.
Wenn man bei einem Sachverhalt keinen solchen Faktor findet und ein vorerst verdächtigter Faktor nicht gesetzmäßig, sondern nur gelegentlich, also gemäß einer Regel vorkommt, und damit mehr oder weniger häufig vorkommt, bzw. mehr oder weniger regelmäßig vorzufinden ist, dann kann man nicht sagen, dass dieser Faktor die alleinige und „tatsächliche Ursache“ ist, sondern ist dann dieser Faktor nur eine mögliche Ursache neben anderen möglichen Ursachen, bzw. ist in einem solchen Fall die „mögliche Ursache“ ein Faktor neben anderen Faktoren, die insgesamt die Erscheinung, bzw. den Sachverhalt je nach dem hervorrufen. In einem solchen Fall handelt es sich also um ein komplexe Ursache.
Wenn man diese Idee an der Erfahrung überprüfen kann, in dem man nachweist, dass Etwas bzw. ein Faktor die conditio sine qua non ist, dann ist dieses Etwas, bzw. diese Sache die tatsächliche Ursache, wenn gleich auch andere Faktoren, bzw. andere Randumstände vorhanden sind, von denen man unter Umständen ebenfalls sagt, dass sie ebenfalls mehr oder weniger wichtig sind, damit die Wirkung eintritt. (vgl. mit dem nachfolgenden Beispiel der Tuberkulose)
Wenn man die Vorstellung, bzw. die Idee was kausal ist, bzw. was die Ursache ist, nicht auf der Ebene der Objekte überprüfen kann, wenn man die Idee also nicht „physisch“ unter Beweis stellen kann, dann kann man nicht sicher sein was die tatsächliche Ursache ist, sondern kann man einen aufgefundenen Faktor nur als mögliche Ursache neben anderen möglichen Ursachen bezeichnen. In einem solchen Fall handelt es sich also um eine komplexe Ursache und kann man nicht allgemein gültig auf der Ebene der Objekte prüfen und allgemein gültig entscheiden, und auch nicht auf der Ebene der Objekte beweisen, was die tatsächliche Ursache ist.
Die Idee, was die Ursache ist kann man nämlich nicht an sich beweisen, weil es sich dabei um eine aus der Erfahrung abgeleitete Idee handelt. Man kann also aus einem Sachverhalt, wenn man ihn das erste Mal sieht, und die Ursache nicht offensichtlich erkennbar ist, nicht schon aus dem Sachverhalt erkennen was seine Ursache ist. Die Erkenntnis gewinnt man erst aus der Erfahrung.
Immanuel Kant hat aufgezeigt, dass die Kausalität an sich eine bloße Idee ist (vgl. mit Kant Zitat 24a), und kann man daher auf der Ebene der Ideen die Kausalität nicht allgemein gültig erkennen, sondern nur subjektiv gültig erkennen, und kann man sodann subjektiv gültig entscheiden was die Ursache ist. Den Beweis, dass Etwas die „tatsächliche Ursache“ ist, kann man nur auf der Ebene der Objekte erbringen bzw. demonstrieren, etwa in einem Experiment in der Physik, oder in einem wiederholten Versuch in der Chemie, oder in einer immer wieder aufzeigbaren Naturbeobachtung, etwa bei einer körperlichen Krankheit (z.B. dem Nachweis der Meningokokken im Liquor als die Ursache der eitrigen Meningokokken- Meningitis)
In jedem Fall erkennt man aber die Ursache primär auf der Ebene der Vorstellungen als Idee, und sucht man sodann diese Vorstellung, bzw. diese Idee auf der Ebene der Objekte zu überprüfen.
Bei einer Ursache handelt es sich also entweder um ein Erkenntnisobjekt, bzw. um eine Idee, die man auf der Ebene der Objekte überprüfen, und damit beweisen kann, oder es handelt sich dabei um eine Idee, die man nicht auf der Ebene der Objekte überprüfen und beweisen kann, und bleibt dann die vermutete Ursache eine Idee (vgl. mit Kant Zitat 7). Im erst genannten Fall kann man also die Einheit, die man als Ursache bezeichnet allgemein gültig bestimmen, im zweit genannten Fall kann man die Einheit, die man als Ursache bezeichnet nicht allgemein gültig bestimmen, und handelt es sich dabei um eine systematische Einheit, also um das Schema einer Idee (vgl. mit Kant Zitat 7), bzw. ist die Ursache eine bloße Idee die man nicht „physisch“ überprüfen kann.
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Zwischen einer Ursache und ihrer Wirkung gibt es einen Zusammenhang, der durch die Kausalität erfasst wird. Die Kausalität bestimmt also die Ursache einer Sache, bzw. die Ursache eines Sachverhalts. Die Ursache findet man in Folge eines Urteils, das man über den Sachverhalt fällt, wenn man nach einer Ursache sucht.
Die Kausalität ist daher eine aus der Erfahrung abgeleitete Idee.
Man findet also, dass man in manchen Fällen die Kausalität auf der Ebene der Objekte überprüfen kann, und dass in anderen Fällen dies nicht möglich ist. Wenn der Sachverhalt nur auf der Ebene der Ideen überprüft werden kann, wenn man also nur auf der Grundlage von Überlegung herausfinden kann, was die Ursache ist, dann kann man die Ursache nur subjektiv gültig bestimmen. In einem solchen Fall kann man nicht allgemein gültig bestimmen was kausal ist.
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Betrachtet man alle möglichen Sachverhalte, so findet man Sachverhalte, bei denen man auf der Ebene der Objekte eine Ursache finden kann, die eine Wirkung hervorruft. Andererseits findet man auch Sachverhalte, bei denen man nicht eine einzelne Ursache ausfindig machen und diese allgemein gültig bestimmen kann.
In den erst genannten Fällen kann man also unter Umständen eine Sache, bzw. ein tatsächlich existentes Objekt als die Ursache ausfindig machen, die den Sachverhalt bewirkt. Zum Beispiel das Tuberkelbazillus als die Ursache der Tuberkulose.
Hingegen bei den zweit genannten Fällen kann man in der Regel nicht eine einzige Ursache als die tatsächliche Ursache angeben, sondern können nur mehrere Faktoren als ursächlich, bzw. als kausal erkannt werden, die je nach dem zum einzelnen Sachverhalt mehr oder weniger beigetragen haben. In einem solchen Fall kann man von einer komplexen Ursache sprechen.
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Ursachen in den verschiedenen Bereichen
In der Naturwissenschaft – etwa in der Biologie, oder in der Physik, oder in der Chemie bezeichnet eine Ursache als den Grund warum eine weitere Sache bzw. eine Wirkung in Erscheinung tritt.
In der Heilkunde ist eine Ursache der Grund warum eine Krankheit, bzw. eine gesundheitliche Störung als Wirkung der Ursache in Erscheinung tritt.
In der Medizin ist eine Ursache der Grund warum eine (körperliche) Krankheit, bzw. eine (körperliche) gesundheitliche Störung als Wirkung der Ursache in Erscheinung tritt.
In der Psychiatrie ist eine Ursache der Grund warum eine krankheitswertige psychische Störung als Wirkung der Ursache in Erscheinung tritt.
In der Psychologie ist eine Ursache der Grund warum ein psychisches Phänomen in Erscheinung tritt.
Ursachen in der Medizin und in der Psychiatrie
Betrachtet man die Sachverhalte in der Medizin und in der Psychiatrie, so bemerkt man, dass es Sachverhalte gibt, bei denen es eine klar bestimmbare Ursache und eine klar erkennbare Wirkung gibt. Andererseits gibt es viele Sachverhalte in der Medizin und in der Psychiatrie, die komplex sind, bei denen man keine eindeutige Ursache – Wirkungsrelation angeben kann, und bei denen auch die Wirkung der vermuteten Ursache nicht eindeutig und unzweifelhaft zuordenbar ist. Man kann in einem solchen Fall also ein Bündel von Faktoren erkennen, die im konkreten Fall mehr oder weniger kausal sind. In einem solchen Fall kann man von einer komplexen Ursache sprechen, und kann man die Ursache oftmals nicht allgemein gültig bestimmen.
In der Geisteswissenschaft ist ein Ursache der Grund warum ein Sachverhalt in Erscheinung tritt. In einem solchen Fall kann man in der Regel nicht auf der Ebene der Objekte eine Ursache finden, sondern kann man nur auf der Ebene der Ideen angeben was in welchem Umfang kausal ist. So z.B. in der Rechtsprechung, wo gewisse rechtliche Angelegenheiten durch die Zusammenhänge und die Rechtsfolgen bestimmt sind, also durch rechtliche Ursachen definiert sind, die gewisse Rechtsfolgen nach sich ziehen.
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Ursache in der Medizin
In der Medizin findet man, dass gewisse Ursachen, die ganz bestimmte Folgen (Wirkungen) nach sich ziehen. Es besteht also bei diesen Krankheiten eine eindeutige Relation zwischen der Ursache und ihrer Wirkung. Man kann in diesen Fällen von einer eindeutigen Kausalitätskette sprechen. (vgl. mit dem Beitrag Kausalität bzw. dem Kant Zitat 28)
Daneben gibt es in der Medizin viele Formen von gesundheitlichen Störungen (Krankheiten), bei denen man keine genau definierte Relation zwischen einer Ursache und ihren Folgen (Wirkungen) angegeben kann. So kann z.B. ein Kopfschmerz vom Typ eines Spannungskopfschmerz, oder sonst ein Schmerz durch verschiedene Ursachen hervorgerufen werden, so dass man in der Regel keine bekannte Relation zwischen dem Schmerz und seiner Ursache angeben kann. Man kann in diesen Fällen in der Regel keine einzelne Ursache ausfindig machen, die zweifelsfrei die einzige Ursache ist. Hingegen kann man in vielen medizinischen Fällen durch die medizinische Abklärung, bestimmte Ursachen ausschließen, wenn auf körperlicher Ebene gewisse objektive Befunde erhoben werden können, oder diese nicht erhoben, bzw. ausgeschlossen werden können.
Nach dieser Abklärung kann man z.B. ein Symptom (z.B. einen Schmerz) oder ein aufgetretenes Phänomen (z.B. Schwindel) durch verschiedene Ursachen erklären bzw. ausschließen, dass gewisse Ursachen dafür verantwortlich sind. Wenn man im Rahmen der Abklärung eine augenscheinliche und konkrete Ursache findet (z.B. einen Bandscheibenprolaps, oder eine Zahnkaries), so kann man das klinische Erscheinungsbild durch diese Ursache in der Regel unzweifelhaft erklären.
Ursache in der Psychiatrie
In der Psychiatrie findet man nur in einem Teilbereich der psychischen Störungen klar bestimmbare Ursachen, die das Auftreten der psychischen Störung erklären. (siehe dazu die Diagnosen der 1. Schicht der Schichtenregel von Karl Jaspers)
Bei den Diagnosen der 2. Schicht nach der Schichtenregel von Karl Jaspers kann man eigentlich nicht genau angeben, was die Ursache des Auftretens einer solchen psychischen Störung ist. Man kann diesbezüglich verschiedene Ursachen angeben, die als mögliche Ursache wirken, bzw. kann man bei diesen psychischen Störungen verschieden Faktoren angeben, die in Folge von wissenschaftlichen Studien als wesentlich erkannt worden sind. Die Ursache im konkreten Fall kann man jedoch nicht bestimmen. Man kann diesbezüglich nur auf der Grundlage von Theorien mögliche Ursachen als Erklärungen für das Auftreten der gesundheitlichen Störung angeben. Durch statistische Studien kann man die eine oder die andere Erklärung stützen. Durch statistische Studien kann man das Auftreten der einzelen Faktoren bzw. deren Häufigkeit bei den untersuchten Fällen finden, und so herausfinden wie häufig relevante Faktoren bei einzelnen Fällen vorkommen. Da man aber bei keiner psychischen Störung dieser 2. Schicht, insbesondere bei den psychischen Störungen vom Typ der Schizophrenie keinen Faktor gesetzmäßig hat finden können, kennt man die „tatsächliche Ursache“ dieser Störungen nicht, sondern kann man nur sagen, dass es sich dabei um eine komplexe Ursache handelt, bei der im einzelnen Fall mehr der eine oder mehr der andere Faktor von Bedeutung sein mag, wie man dies eben nur subjektiv gültig auf der Ebene der Vorstellungen erkennen kann. Aus diesem Grund hat man bisher in der Psychiatrie, insbesondere in der Biologischen Psychiatrie noch bei keiner einzigen psychischen Störung die tatsächliche Ursache auf der Ebene der physischen Objekte bestimmen können – und wird voraussichtlich auch weiterhin gelten was bereits Karl Jaspers gesagt hat. “ Die Idee der Krankheitseinheit läßt sich in irgendeinem einzelnen Fall niemals verwirklichen. Denn die Kenntnis des regelmäßigen Zusammentreffens gleicher Ursachen mit gleichen Erscheinungen, Verlauf, Ausgang und Hirnbefund setzt eine vollendete Kenntnis aller einzelnen Zusammenhänge voraus, eine Kenntnis, die in der unendlichen Zukunft liegt. Die Idee der Krankheitseinheit ist in Wahrheit eine Idee im Kantischen Sinne: ….. Die Idee derKrankheitseinheit ist keine erreichbare Aufgabe, aber der fruchtbarste Orientierungspunkt.” (vgl. mit Jaspers Zitat 6) In dieser Hinsicht hat sich also Emil Kraepelin getäuscht, der geglaubt hat, dass man alsbald die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen den körperlichen Vorgängen und den psychischen Erscheinungsformen bei gewissen psychischen Störungen (vgl. mit Kraepelin Zitat 8), etwa bei der Einheit Dementia praecox wird finden können. (vgl. mit Kraepelin Zitat 1)
In der Psychiatrie kann man zu einem konkreten Fall oftmals eine passende psychologische Theorie, oder eine passende biologische Theorie, oder sonst eine, zum Sachverhalt passende Theorie angeben, die man im Rahmen der Erhebung der Krankengeschichte und der Erhebung des psychischen Befundes selbst entwickelt hat. So kann man auf der Ebene der Vorstellungen eine Ursache sich „ausdenken“, bzw. die Ursache, also die Kausalität subjektiv gewiss bestimmen. In diesem Sinn wird etwa ein Sachverständiger bei Gericht gefragt, ob Etwas seiner fachlichen Meinung nach als Ursache kausal anzusehen ist. Allgemein gültig – das unabhängig von einem Subjekt – kann man die Ursache aber nicht bestimmen.
Durch eine psychiatrische Theorie kann man in vielen Fällen einen Sachverhalt erklären. Aber auf der Grundlage einer solchen Theorie kann man den Sachverhalt im konkreten Fall nicht allgemein gültig „physisch“ überprüfen. Man kann eine solche Theorie nicht am Probierstein der Erfahrung prüfen (vgl. mit Kant Zitat 10). Man kann nicht allgemein gültig prüfen, ob eine solche Theorie richtig ist oder nicht. Dies ist nicht möglich, weil eine psychiatrische Theorie sich auf psychische Phänomene gründet, und man psychische Phänomene grundsätzlich nicht „physisch“ überprüfen kann. Nur indirekt kann man Hinweise erlangen, ob eine psychiatrische Theorie die Sache trifft, ob die entwickelte Theorie die Sache mehr oder weniger trifft, oder gänzlich nicht passend ist. Im konkreten Fall kann man nur auf der Ebene der Vorstellungen – also nur auf der Ebene der Ideen prüfen in welchem Ausmaß eine solche Theorie, bzw. eine solche Erklärung passend ist. Daher kann man diesbezüglich nur relatives Wissen erlangen. Man kann also in der Psychiatrie nicht auf der Ebene der Objekte allgemein gültig prüfen, ob etwa eine biologische Theorie, oder eine psychologische Theorie im „Hier und Jetzt“ im konkreten Fall zutreffend ist. Nur nach der Gabe eines Medikaments und der beobachteten Wirkung kann man rückblickend daraus schließen dass die Theorie bzw. die hypothetische Idee richtig war.
Mit anderen Worten man kann in der Psychiatrie die Kausalität nicht allgemein gültig bestimmen. Dies ist deswegen nicht möglich, weil eine psychische Störung auf der Grundlage eines Konzepts erkannt wird, und man ein Konzept nicht „physisch“ auf der Ebene der Objekte überprüfen kann. Man kann daher die „Ursache schlechthin“ von einer psychischen Störung nicht allgemein gültig bestimmen, sondern kann man nur subjektiv gültig auf der Ebene der Vorstellungen, bzw. auf der Ebene der Ideen abschätzen, was im konkreten Fall die Ursache ist, bzw. subjektiv abschätzen was in welchem Umfang kausal ist. Allerdings kann man aus dem Verlauft, bzw. aus der weiteren Erfahrung erkennen, ob die Annahme, ob die Theorie, bzw. die Hypthese richtig war, ob sie mehr oder weniger richtig war, wenn die unternommene Behandlung erfolgreich ist.
Im Gegensatz dazu kann man in der körperlichen Medizin in gewissen Fällen eine Theorie – so wie in den Naturwissenschaften – vergleichbar mit einem biologischen Experiment – im „Hier und Jetzt“ überprüfen, etwa ob eine Niereninsuffizienz vorliegt. Natürlich kann man auch in der Medizin aus der Erfahrung und dem Verlauf prüfen, ob eine Theorie bzw. eine Verdachtsdiagnose richtig war, wenn man z.B. nachweisen kann dass eine Keimreduktion im Liquor nachfolgend an die Gabe eines Antibiotikums auftritt, und kann man dieses Ergebnis quantiativ objektiv gültig feststellen. Auch in sonstiger Hinsicht kann man in der Medizin die Wirkung einer Sache auf der Ebene der Objekte oftmals allgemein gültig überprüfen, und damit die Wirkung der Ursache bzw. die Wirkung der Therapie allgemein gültig bestimmen.
In der Psychiatrie kann man zwar auch durch das Zählen von subjektiven Angaben die Auswirkung von gewissen Sachen ebenfalls „überprüfen“, und kann man dann sagen, dass diese Sache, bzw. dieser Faktor in diesem oder in jenem Ausmaß kausal ist oder wirksam ist, bzw. wirksam war. So kann man beispielsweise die Wirkung eines Psychopharmakons „überprüfen“ und die weiteren Ergebnisse auswerten. Solche Daten basieren jedoch auf subjektiven Angaben, bzw. auf subjektivem Wissen und nicht auf objektivem Wissen.
Ursache in der Wissenschaft
In der Wissenschaft macht es einen großen Unterschied, ob eine Wissenschaft von objektivem Wissen ihren Ausgang nimmt, oder ob sie nur von subjektivem Wissen ihren Ausgang nimmt. Im erst genannten Fall kann sie zu Wissen im Sinn der mathematischen Wahrscheinlichkeit gelangen, im anderen Fall nur zu Wissen im Sinn der philosophischen Wahrscheinlichkeit. Das bedeutet im einen Fall kann ein Wissen im Sinn der Annäherung zur Gewissheit erlangt werden, im andern Fall nur ein Wissen im Sinn einer Scheinbarkeit im Vergleich zu einer anderen Scheinbarkeit. (vgl. mit Kant Zitat 9b) (Weiteres dazu auf Poster 3: PROBABILITY IN MEDICINE AND IN PSYCHIATRY – IN THE LIGHT OF IMMANUEL KANT`S PHILOSOPHY)
Zur Frage nach der Ursache
Bezüglich der Frage nach der Ursache ist es also so, dass man in manchen Fällen eine eindeutig bestimmte Kausalkette zwischen einer Ursache und ihrer Wirkung aufzeigen kann, und auf dieser Grundlage sodann objektive Befunde erheben kann, und in weiterer Folge auf dieser Grundlage die Konsequenzen wissenschaftlich allgemein anerkannt untersuchen und studieren kann.
Vielfach ist der Sachverhalt jedoch komplex, und kann man in der Medizin und in der Psychiatrie nicht nur eine Kausalkette auf der „Ebene der Objekte“ ausfindig machen und auf dieser Ebene studieren, sondern kann man verschiedene Zusammenhänge gemäß unterschiedlichen Theorien aufzeigen und beschreiben. Man kann also in einem solchen Fall verschiedene bzw. mehrere Kausalketten ausfindig machen und in Betracht ziehen. Man kann also in einem komplexen System nicht eine einzelne Ursache und eine einzelne Kausalitätskette isolieren und naturwissenschaftlich physisch – vergleichbar einem Experiment überprüfen und studieren. In einem solchen Fall handelt es sich um eine Ursache, die durch verschiedene Faktoren bestimmt ist, und kann man eine solche Ursache die eine komplexe Ursache ist im konkreten Fall nur auf der Ebene der Ideen subjektiv gültig bestimmen.
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(letzte Änderung 25.07.2023, abgelegt unter: Begriff, Definition, Kausalität, Philosophie, philosophische Begriffe, Ursache)
auf pos 1 am 19.11.2024 aufgefunden.
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