Entität

Eine Entität ist ein Ganzes.

Man kann auch sagen: eine Entität eine Ganzheit ist, die mir entweder als faktische Einheit tatsächlich gegeben ist, oder es ist dies die systematische Einheit der Idee die in meinem Bewusstsein als Begriff der Idee erscheint, falls ich die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasse (vgl. mit Kant Zitat 7).

Entität (englisch entity; von neulateinisch entitas, zu lateinisch ens ‚seiend, Ding‘; siehe WikiArtikel).

Entität – tatsächlich gegebene Einheit:

Falls die Entität mir als Gegenstand schlechthin tatsächlich gegeben ist, kann ich sie objektiv gültig bestimmen.

Entität – ist mir nur als systematische Einheit gegeben:

Falls die Entität mir nur als Gegenstand in der Idee gegeben ist bzw. sie mir nur nur als Begriff der Idee respektive nur als die systematische Einheit gegeben ist, dann kann ich sie nur subjektiv gültig bestimmen, weil hier die Einheit bzw. die Entität in meinem Bewusstsein erscheint, falls ich die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasse (vgl. mit Kant Zitat 7).

Entität ist mit als Einheit durch die klinische Erscheinung gegeben:

Die Entität ist mir als „einheitliche“ klinische Erscheinung  gegeben.

In einem derartigen Fall kann ich das typische klinische Erscheinungsbild unter dem Begriff dieser Entität erfassen.

In diesem Fall kann das Bild ein sinnlich wahrnehmbares Bild sein (Beispiel: gemaltes Bild das an der Wand hängt). Oder in einem anderen Fall das Bild das ein Pathologe/Histopathologe im Mikroskop als histopathologisches Bild sieht, wenn er den angefertigten Schnitt der Gewebeprobe durch das Mikroskop schauend betrachtet und untersucht.

Ein solches Bild entsteht durch den Zusammenhang der einzelnen Elemente und es kann daher dieses sinnliche Bild nur durch die systematische Einheit der Idee erkannt werden. In diesem Fall kann ich die Einheit und damit die Entität nur durch den Begriff der Idee erkennen, falls ich die Merkmale (der Entität) durch das Schema der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) geistig erfasse.

Schließlich gibt es Entitäten die durch ein rein geistiges Bild und zwar durch eine bloße Idee erkannt werden. Dies trifft etwa auf eine psychische Störung zu, die durch die psychiatrische Diagnose erfasst wird, oder es trifft dies auf den Begriff eines einzelnen psychischen Phänomens oder den eines psychopathologischen Phänomens zu.

Ich kann den Sachverhalt in der Diagnostik hier also nur vermittelt durch das diagnostische Schema angenähert erkennen. Die diagnostische Einheit als solche kann ich nicht geradezu erkennen, weil sie mir nur als systematische Einheit gegeben ist bzw. sie als der Begriff (der Idee) in meinem Bewusstsein erscheint, wenn ich die Merkmale der diagnostischen Idee bzw. die Merkmale der diagnostischen Entität geistig auffasse. Es ist mir hier die Entität als solche also nur als Gegenstand in der Idee gegeben (vgl. mit Kant Zitat 7). Daher kann ich, genau genommen den Sachverhalt in diesem Fall nur auf der Ebene der Vorstellungen bzw. nur auf der Ebene der Ideen, und daher nur subjektiv gültig erkennen/prüfen/beurteilen/entscheiden und als Diagnose bestimmen. Ich muss hier also unterscheiden um was für eine Natureinheit es sich handelt. Ist dies eine wirklich existente Einheit und damit Entität die jedermann objektiv gültig erkennen und bestimmen kann, oder ist dies eine Entität von der ich etwa als Arzt/Pathologe denke, dass es sie tatsächlich als zu Grunde liegende Natureinheit gibt.*

Im zuerst genannten Fall kann ich die Entität – auf der „Ebene der Objekte“ – im Sinn der Zugehörigkeit zu einer Gattung, objektiv gültig und damit allgemein gültig erkennen/prüfen/bestimmen.

Im zweit genannten Fall ist dies nicht möglich, und kann ich die Entität nur in Bezug auf einen definierten Typus – auf der „Ebene der Ideen“ – durch eine systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7) erkennen und daher nur subjektiv gültig bestimmen. (Bezüglich* der Diagnostik eines Grenzfalls – siehe weiteres dazu in meinem Buch).

Dies ist zum Beispiel in der Histopathologie und Zytopathologie von Relevanz, insofern ich hier gewisse medizinische Befunde allgemein gültig bestimmen kann, wohingegen dies bei anderen histopathologischen und zytopathologischen Befunden nicht möglich ist, und ich nur gemäß einem Schema – nämlich gemäß dem Schema der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) bzw. gemäß dem diagnostischen Schema – den Sachverhalt angenähert erkennen und bestimmen kann.

In einem solchen Fall ist die Entität also keine scharf abgegrenzte Einheit, sondern eine Einheit, die ich nur in Bezug auf einen definierten Typus durch die Anwendung eines Konzepts erkennen und bestimmen kann.

Man muss also unterscheiden, ob man eine Entität, zum Beispiel in der Anatomie: die unterschiedlichen Organe des Körpers, die als wirklich abgegrenzte Entitäten existieren, tatsächlich objektiv gültig bestimmen kann. Es sind dies also existente Betrachtungsgegenstände. Man kann auch sagen: es sind dies Ganzheiten, die in der Anatomie des Körpers und in sonstigen Bereichen (Histologie, Zytologie, Physiologie, Pathologie, Histopathologie usf.) wirklich existieren. Und man kann auf der Grundlage dieser Entitäten, die jeweilige Materie in diesen Bereichen, systematisch eindeutig und klar diagnostizieren und in der Wissenschaft systematisch mit den verschiedenen physischen Methoden studieren.

In diesem Sinn werden in der Medizin und hier insbesondere in der Pathologie unterschiedliche Entitäten (Hepatitis, Pankreatitis, Nephritis usf. oder unterschiedliche Tumore der verschiedenen Organe: Magenkarzinom, Ösophaguskarzinom, Dickdarmkarzinom usf.) unterschieden.

Und andererseits gibt es Entitäten von denen man denkt – sich also vorstellt – dass dies tatsächlich abgegrenzte Einheiten sind, die man jedoch im konkreten Fall nur angenähert durch das Schema (der Idee) bzw. nur durch das diagnostische Schema erkennen und in der Diagnostik bestimmen kann. Dazu zählen in der Pathologie etwa das papilläre Schilddrüsenkarzinom, das follikuläre Schilddrüsenkarzinom usf. dazu.

Oder es zählt zum Beispiel in der Neurologie unter den neurologischen Störungen und damit unter den neurologischen Diagnosen die Multiple Sklerose oder das Parkinsonsyndrom (Morbus Parkinson) dazu.

Man sollte sich also dessen bewusst sein, dass die Natur sich nicht an das Lehrbuch hält, sondern das Lehrbuch (auch in der  Medizin) nach der Natur entwickelt worden ist, und wir nicht in allen Bereichen mit faktisch gesicherten Einheiten (Entitäten) im Sinn von faktischen Einheiten befasst sind.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet erkennt man, dass eine Entität in gewissen Fällen eine faktische Einheit ist. In anderen Fällen ist die Entität eine systematische Einheit, die durch den Begriff der Idee erkannt wird (vgl. mit Kant Zitat 7). Durch den Begriff der Idee kann ich eine solche“Entität“ als eine mental „abgegrenzte Einheit“ und daher nur geistig „begreifen“.

Ich kann die Entität, die eine systematische Einheit ist, also nur durch mein Denken als „abgegrenzte Einheit“ durch das Schema der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) angenähert erkennen.

Es ist in diesem Fall die Entität also eine definierte Einheit.

Dabei kann ich das Ganze als Einheit nicht geradezu bestimmen, sondern ich kann mich dem Ganzen als Idee durch das Schema der Idee nur nähern (vgl. mit Kant Zitat 7).

Das heißt ich kann unter dem Begriff: „Entität“ diese Einheit als mental „abgegrenzte Einheit“ mir vorstellen und damit den Sachverhalt unter dieser „Entität“ denken respektive geistig auffassen, diagnostizieren, klassifizieren und in der Wissenschaft systematisch – somit nach einem System geordnet – studieren.

In gewissen Fällen kann ich die Existenz der Entität tatsächlich auf der Ebene der Objekte physisch durch Fakten begründet und daher unabhängig vom erkennenden Subjekt bestimmen und im konkreten Fall die Zugehörigkeit zu einer Gattung durch die aufgefundenen objektiven Befunde objektiv gültig und damit allgemein gültig bestimmen. Es stimmen also in Bezug auf eine solche diagnostische Einheit alle Urteile untereinander überein (vgl. mit Kant Zitat 9), weil die Merkmale durch das Objekt bzw. durch die Fakten gegeben und daher allgemein gültig bestimmt sind, und jede Fachperson diese finden und damit die Zugehörigkeit zur Gattung objektiv gültig bestimmen kann (vgl. mit Kant Zitat 9).

Im zweit genannten Fall ist dies jedoch nicht möglich, oder nicht in diesem Ausmaß möglich, und kann ich die diagnostische Einheit als solche nicht als Faktum bzw. nicht als Objekt erkennen (ich kann zum Beispiel bei der Betrachtung des Tumors nicht objektiv gültig erkennen, ob dies etwa ein papilläres Schilddrüsenkarzinom ist, oder ob dies ein follikuläres Schilddrüsenkarzinom ist), sondern es ist in diesem Fall die Einheit und damit die Entität nur eine Idee, eine Vorstellung, die ich durch die Anwendung des Schemas der Idee bzw. durch den Begriff der Idee respektive durch die systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7) – oder ich kann auch sagen durch das definierte diagnostische Schema angenähert bestimmen kann.

Es ist diese Entität also eine systematische Einheit, von der man sich vorstellt – also denkt – dass es sie als tatsächlich existente „abgegrenzte Einheit“im Sinn einer Natureinheit bzw. im Sinn einer natürlichen Krankheitseinheit gibt, die ich physisch bestimmen kann. Aber eben weil die Einheit hier nur eine Idee ist kann ich sie nicht physisch bestimmen. Und weil eine Idee nur regulativ und nicht konstitutiv (vgl. Kant Zitat 3a) ist, handelt es sich hierbei immer um beschränktes Wissen.

Eine solche Entität kann ich  also nur durch ein Konzept erkennen und nicht wirklich physisch bzw. nicht biologisch – faktisch gesichert – bestimmen. Überhaupt handelt es sich hierbei, etwa in der Histopathologie um eine vorläufige „Entität“ und nicht um eine wirklich existente tatsächlich gegebene Einheit von der ich sagen könnte es ist dies eine von der Zeit und vom Wissen der Zeit unabhängige Einheit. Aber immerhin, falls sich die Einheit in der Diagnostik und in der Therapie bewährt, ist dies eine nützliche Einheit. Es ist dies also eine Einheit, die ihre Berechtigung durch ihren Nutzen hat insofern ich durch diesen Begriff den Sachverhalt erkennen und nutzbringend studieren und infolge Personen therapieren kann, wenn gleich die Definition der Einheit nur eine vorläufige ist und in Zukunft sich weiter entwickelt und weitere Differenzierungen entstehen.

Man muss also unterscheiden, ob eine Entität als solche mir tatsächlich im Hier und Jetzt als objektiv bestimmbare Einheit gegeben ist, oder ob die Entität nur durch die Merkmale der Idee vermittelt durch das diagnostische Schema der Idee mir mir als systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7) gegeben ist.

In einem solchen Fall kann ich die Entität nur in Bezug auf die Zugehörigkeit zu einem Typus und damit nur auf der Ebene der Ideen erkennen und daher nur subjektiv gültig bestimmen. Es handelt sich hierbei im konkreten Fall also um mehr oder weniger beschränktes Wissen, je nach dem die aufgefundenen Merkmale dem Schema der Idee mehr oder weniger genügen (vgl. mit Kant Zitat 7). Eine solche diagnostische Einheit wird durch ein Wahrnehmungsurteil erkannt, wohingegen eine objektiv gültig bestimmbare diagnostische Einheit durch ein Erfahrungsurteil im Sinn von Immanuel Kant erkannt wird, und ich kann nur in diesem Fall einen objektiv gültigen Beweis durch die Demonstration liefern. Nur in diesem Fall handelt es sich um objektive Evidenz. Im anderen Fall handelt es sich um subjektive Evidenz.

Während also eine Entität in vielen Fällen auf der Ebene der Objekte physisch (physikalisch) untersucht und in der Wissenschaft physisch studiert werden kann, ist dies in anderen Fällen nicht, oder nur mehr oder weniger beschränkt möglich, und kann man daher in einem solchen Fall nicht so verlässlich (reliabel) und damit nicht so gültig (valide) bestimmen und entscheiden, ob der konkrete Fall tatsächlich dieser Entität zuzuordnen ist, insbesondere dann nicht, wenn dies ein diagnostischer Grenzfall ist. Die Validität und auch die Reliabilität der Bestimmung einer solchen diagnostischen Einheit ist in einem solchen Fall also nur mehr oder weniger beschränkt möglich.

Nachfolgend einige Beispiele für Entitäten in der Medizin:

makroskopisch bestimmbare Entitäten:

Leber, Niere, Arterie, Vene, Nerv, Abszess, Tumor usf.

mikroskopisch bestimmbare Entitäten:

Zelle, Nervenzelle, Gliazelle, Astrozyt, …, Nierenzelle, Leberzelle, Blutzelle, Leukozyt, Granulozyt usf.

pathologisch veränderte Zelle mit Kernatypie, histologisches Schnittbild mit besonders auffälligen Mitosen. Man erkennt, dass hierbei diese Auffälligkeit bzw. die Auffälligkeiten mehr oder weniger ausgeprägt sein kann / sein können und es spricht dies unter Umständen für einen malignen Tumor. In diesem Sinn kann die Entität mehr diesem oder mehr jenem Typ entsprechen.

Zum Begriff der Entität in der Psychiatrie:

In der Psychiatrie hat man geglaubt, dass es psychiatrische Krankheitseinheiten im Sinn von Natureinheiten gibt, die so, wie medizinisch faktische Einheiten physisch diagnostisch bestimmt werden können. So hat man etwa geglaubt, dass die Einheit Schizophrenie, oder die Einheit ADHS physisch diagnostisch im Sinn einer biologischen Entität bestimmt werden kann. Kritisch betrachtet erkennt man jedoch, dass dies grundsätzlich  nicht möglich ist, weil eine psychiatrische Einheit und damit eine psychiatrische Diagnose sich auf eine bloße Idee gründet und daher nicht physisch bzw. nicht biologisch überprüft werden kann.

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Weiteres zur Diagnostik von Entitäten untersucht und diskutiert auf Basis der Philosophie von Immanuel Kant in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 28.03.2022, abgelegt unter Definition, Diagnostik, Medizin, Psychiatrie, Philosophie, Wissenschaft)

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weiter zum Beitrag: Sichtweise

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