geistiger Maßstab

Ein geistiger Maßstab ist ein Maßstab mit dem ein Kriterium des Geistes gemessen wird.

Es ist ein geistiger Maßstab also eine Vorstellung bzw. eine Idee  – respektive ein Gedanke durch den ein Sachverhalt subjektiv gültig durch ein Wahrnehmungsurteil „gemessen“ wird.

Man kann auch sagen: durch den geistigen Maßstab kann ich den Sachverhalt subjektiv gültig (geistig) abschätzen.

Es wird mit Hilfe des geistigen Maßstabes also durch die geistige Messung – nämlich durch das Ponderieren der Ideen (Immanuel Kant) – ein Sachverhalt beurteilt bzw. geistig durch das Denken der Person „gemessen“ und damit abgeschätzt, ob zum Beispiel etwas wahr ist und damit die vertretene Sichtweise der Wahrheit entspricht.

Es ist ein geistiger Maßstab also eine Vorstellung bzw. eine Idee wonach man eine andere Vorstellung auf der Grundlage einer schon vorhandenen Vorstellung (Idee) abschätzen kann. Es wird dabei also die erlangte Vorstellung mit einer anderen Vorstellung bzw. mit einer anderen Idee auf der Ebene der Ideen verglichen und sodann durch ein Urteil subjektiv gültig entschieden in welchem Umfang die Idee mit der Vergleichsidee bzw. mit anderen Ideen übereinstimmt. Immanuel Kant spricht daher vom Ponderieren der Ideen.

Weil Menschen im Laufe ihres Lebens unterschiedliche Ideen bzw. unterschiedliche Vorstellungen entwickeln entstehen in ihrem Bewusstsein auch unterschiedliche geistige Maßstäbe. Es entsteht also in einer bestimmten Person eine individuelle „geistige Messlatte“. Es ist dies eine „geistige Messlatte“ bzw. ein geistiger Maßstab den dieses Individuum auf der Grundlage ihres Wissens respektive ihrer Erfahrung und Überlegung als subjektive Norm entwickelt hat.

Es ist ein geistiger Maßstab also eine geistige Messlatte somit ein subjektiv gültiges Maß das ein Individuum entwickelt hat.

Im Gegensatz dazu ist ein allgemein gültiger Maßstab ein objektiv gültiges Maß das auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der Fakten bestimmt ist, und das daher allgemein gültig als objektive Norm gegeben ist und allgemein gültig anwendbar ist.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet ist ein geistiger Maßstab der Begriff einer Idee und es ist daher diese Einheit eine systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7). Es ist dies also die Einheit einer Idee, die in der Form des Begriffs der Idee im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint, und die diese Person auf der Grundlage ihres Wissens und ihrer Erfahrung individuell für sich, also subjektiv gültig, entwickelt hat. Es wird also bei einer Angelegenheit bzw. bei einem Sachverhalt der mit einem geistigen Maßstab gemessen wird eine Idee mit einer anderen Idee verglichen bzw. es wird in einem solchen Fall der Begriff der einen Idee mit dem Begriff der anderen Idee verglichen – oder man kann auch sagen: es wird eine systematische Einheit mit einer anderen systematischen Einheit vom erkennenden Subjekt auf der Ebene ihrer Vorstellungen bzw. auf der Ebene ihrer Idee verglichen und damit ponderiert und sodann auf dieser Grundlage subjektiv gültig und damit individuell durch eine geistige Messung subjektiv gültig entschieden was in welchem Ausmaß zutreffend ist. Im Gegensatz dazu kann bei einem wirklichen Maßstab auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der Fakten ein Ding bzw. eine Sache mit einer anderen Sache faktisch verglichen und damit faktisch gemessen werden was zutreffend ist, oder ob dies nicht zutreffend ist und es ist hier somit eine objektiv gültige Erkenntnis möglich bzw. es ist hier in der Wissenschaft eine Erkenntnis im Sinn der (mathematischen) Wahrscheinlichkeit (vgl. mit Kant Zitat 9b) möglich, wohingegen in anderen Bereichen, in denen das Wissen nur auf der Grundlage von Ideen erlangt werden kann, so etwa in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) eine Erkenntnis nur im Sinn der philosophischen Wahrscheinlichkeit und damit nur im Sinn einer Scheinbarkeit im Vergleich zu einer anderen Scheinbarkeit möglich ist (vgl. mit Kant Zitat 9b).

Demgemäß kann in der Wissenschaft ausgehend von Erscheinungen (Phänomenen) etwa ausgehend von psychischen Erscheinungen in der Psychologie und in der Psychiatrie durch statistische Studien nur Wissen im Sinn einer Scheinbarkeit im Vergleich zu einer anderen Scheinbarkeit erlangt werden (vgl. mit Kant Zitat 9b).

Es kann demgemäß ein Sachverhalt der nach einem geistigen Maßstab gemessen wird nur gemäß einer Scheinbarkeit im Vergleich zu einer anderen Scheinbarkeit gemessen und nicht gemäß der (mathematischen) Wahrscheinlichkeit gemessen und geschätzt werden (vgl. mit Kant Zitat 9b). Im Gegensatz zu einem geistigen Maßstab wird durch einen wirklichen Maßstab ein Erkenntnisobjekt auf der Ebene der Objekte wirklich gemessen und wirklich (faktisch) danach geschätzt und bestimmt (vgl. mit Kant Zitat 9b).

Im Gutachterwesen ist dieser Sachverhalt von Relevanz. Es sollte sich also ein Sachverständiger sich bewusst sein, wo er nur eine geistige Messlatte also einen geistigen Maßstab anlegt und auf dieser Grundlage seine gutachterliche Entscheidung trifft. (Dies ist grundsätzlich bei der Erstattung eines Gutachtens von Relevanz, insbesondere auch bei einem psychiatrischen Gutachten in der Forensik, und es ist dies auch bei der Erstattung eines Gesamtgutachtens und auch bei der Erstattung eines Teilgutachtens im Arbeitsrecht im Hinblick auf eine Invalidenrente / Invaliditätspension von Relevanz)

Es wird also ein im Sinn der Aufklärung (vgl. mit Kant Zitat 10) aufgeklärter Sachverständiger die Grenzen seines Wissens beachten und berücksichtigen wenn er in seinem Gutachten eine Angelegenheit bzw. einen Sachverhalt beurteilt und gutachterlich einschätzt.  So wird etwa die Sichtweise, die ein Sachverständiger zu einem Sachverhalt entwickelt hat, den er nur auf der Ebene seiner Ideen gemäß seiner subjektiven Sichtweise bzw. gemäß seiner fachlichen Meinung einschätzten kann, je nach dem Sachverhalt ein mehr oder weniger starkes Beweismittel in einem Gerichtsverfahren liefern. Wenn etwa in der Psychiatrie bei einer psychischen Störung ein typisches klinisches Erscheinungsbild vorliegt und z.B. eindeutig die Zeichen einer ausgeprägten psychischen Störung vom Schweregrad einer Psychose im Sinn einer Schizophrenie bzw. einer Paranoia vorliegen, dann ist dies eine verlässliche und damit eine reliable Grundlage für die Entscheidung des Gerichts im Sinn der nicht gegebenen Schuldfähigkeit. Wenn jedoch das klinische Erscheinungsbild wenig typisch ist und nur fraglich die Kriterien einer Psychose dadurch erfüllt werden – wie dies etwa im Fall des Anders Behring Breivik der Fall war – dann kann nicht reliabel und daher nicht valide auf dieser Grundlage eine richterliche Entscheidung getroffen werden eben weil dieses Beweismittel nur wenig verlässlich ist, eben weil es sich in diesem Fall um einen Grenzfall zwischen einer psychischen Störung vom Typ einer Schizophrenie und einer Persönlichkeitsstörung handelt.

Auch in der Medizin können verschiedene Sachverhalte ebenfalls nur durch eine geistige Messlatte bzw. nur durch einen geistigen Maßstab gemessen werden. Wenn etwa die Frage ansteht ob ein Patient an einem atypischen Kopfschmerz von der Art einer Migräne oder von einem Spannungskopfschmerz leidet, dann kann nicht auf der Grundlage von faktischen Befunden entschieden werden welche medizinische Diagnose zutreffend ist.

In diesem Sinn kann auch in einem Rentenverfahren wenn etwa ein Internist oder ein Orthopäde entscheiden muss ob eine gewisse Tätigkeit aus internistischer Sicht bzw. aus orthopädischer Sicht noch verrichtet werden kann, dies ebenfalls nur auf der Ebene der Ideen mit der Hilfe eines geistigen Maßstabes entschieden werden. Es kann also demgemäß der Sachverhalt, ob eine gewisse Person die in einem Rentenverfahren vor Gericht im Hinblick auf eine berufliche Tätigkeit so etwa im Hinblick auf ihre körperliche Situation noch verrichten kann ein solcher Sachverhalt durch einen Gutachter aus dem Fachbereich der Inneren Medizin, der Orthopäde, oder ein Dermatologe oder sonst ein Arzt aus der Sicht seines Fachbereiches den Sachverhalt nur auf der Ebene seiner Ideen einschätzen und damit nur subjektiv gültig ermessen bzw. nur subjektiv gültig entscheiden ob dies für die betroffene Person noch möglich bzw. zumutbar ist.

Während in der Medizin also gewisse Sachverhalte auf der Ebene der Fakten bzw. auf der Ebene der Objekte gemessen und damit in der Regel eindeutig beurteilt werden können ist dies in der Psychiatrie praktisch nicht der Fall, sondern können hier in Bezug auf die psychischen Störungen praktisch eigentlich alle Entscheidungen nur auf der Ebene der Ideen entscheiden werden. Es kann hier also nur gemäß einer Scheinbarkeitsubjektiv gültig ein Sachverhalt eingeschätzt bzw. mit einem geistigen Maßstab „gemessen“ werden. So kann etwa in der Psychiatrie die Frage, ob eine Person etwas aus psychischen Gründen wegen einer psychischen Störung etwas noch leisten kann nur nach einer „geistigen Messlatte“ bzw. nur nach einem geistigen Maßstab eingeschätzt und nicht physisch durch einen allgemein gültigen Maßstab gemessen und bestimmt werden.

So kann etwa die Arbeistfähigkeit bzw. die Berufsfähigkeit im Hinblick auf das Vorhandensein einer gewissen psychischen Störung von einem Gutachter nur durch das Anlegen seines geistigen Maßstabes bzw. seiner geistigen Messlatte eingeschätzt werden.

In diesem Sinn kann etwa auch die Geschäftsfähigkeit, die Testierfähigkeit, die Dispositionsfähigkeit, die Diskretionsfähigkeit, die Schuldfähigkeit usf. nur geistig eingeschätzt werden und es kann auch in der psychiatrischen Forensik bei Gericht durch die Prognose in einem psychiatrischen Gutachten nur geistig im Sinn der der philosophischen Wahrscheinlichkeit bzw. im Sinn einer Scheinbarkeit im Vergleich zu einer anderen Scheinbarkeit und nicht im Sinn der (mathematischen) Wahrscheinlichkeit eingeschätzt werden.

Man sollte also je nach Fall und Sachverhalt beachten und berücksichtigen um was für eine Art von „Messung“ es sich handelt. Werden geistige Dinge also Ideen „gemessen“ oder werden Fakten (Objekte) gemessen.

Diese Unterscheidung ist insbesondere auch bei der Erstattung eines Gutachtens von Relevanz wenn ein Sachverständiger auf der Grundlage seiner fachlichen Kenntnis und Erfahrung einen Sachverhalt fachlich beurteilt und bewertet und wenn dieses Gutachten sodann bei Gericht als Beweismittel dient. In diesem Sinn gibt es z.B. in der Medizin Sachverhalte, die physisch allgemein gültig gemessen werden können, wo etwa in einem Grenzfall objektiv gültig durch die genaue Messung allgemein gültig entschieden werden kann. Daneben gibt es allerdings auch in der Medizin viele Sachverhalte, die nur auf der Ebene der Ideen auf der Grundlage einer Vorstellung bzw. einer Idee entschieden werden können.

In der Psychiatrie ist es praktisch nie möglich Sachverhalte physisch zu entscheiden (außer etwa ob Alkohol im Blut bei einem Rauschsyndrom vorhanden ist oder nicht etc.) und kann daher in der Psychiatrie ein psychischer Befund nicht allgemein gültig gemessen bzw. nicht allgemein gültig bestimmt werden. Und es kann daher auch ein psychiatrischer Sachverständiger nur eine subjektiv gültige Meinung bzw. eine subjektiv gültige Sichtweise abgeben, die für das Gericht in einem Gerichtsverfahren als Beweismittel dienlich ist und das mehr oder weniger einleuchtend evident aber nicht augenscheinlich evident ist.

In gleicher Weise kann auch in der Psychologie ein Sachverhalt nur auf der Grundlage einer Vorstellung bzw. auf der Grundlage einer Idee und damit nur auf der Grundlage eines geistigen Maßstabes entschieden werden wenn etwa die Intelligenz „gemessen“ wird.

In diesem Sinn kann in der Psychiatrie (Psychologie) eine Demenz und auch der Grad einer Demenz (etwa bei einer Alzheimerdemenz bzw. einer Alzeheimerkrankheit) besteht.

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(letzte Änderung 18.04.2020, abgelegt unter Wissen, Erkenntnis, Wissenschaft)

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