Residualzustand

Ein Residualzustand ist ein veränderter Zustand der nach einem Ereignis zurückbleibt.

Dabei stammt das Wort Residualzustand vom lateinischen Wort residuum (Plural Residuen) „das Zurückgebliebene, der Rest“.

Dementsprechend ist in der Heilkunde ein Residualzustand ein veränderter Zustand, wie dieser nach einer meist schweren gesundheitlichen Störung oder nach einer Verletzung zurückbleibt.

In der Medizin ist ein Residualzustand ein veränderter Zustand, wie er etwa  nach einer Verletzung mit nachfolgender narbiger Abheilung oder nach schwerer körperlicher Krankheit (Beispiel: Zustand nach Herzinfarkt, Zustand nach Meningoenzephalitis etc.) zurückbleibt und deswegen sich im klinischen Erscheinungsbild nachhaltig manifestiert.

In der Psychiatrie ist ein Residualzustand ein veränderter Zustand der Psyche, wie dieser psychologisch bzw. psychopathologisch begründet in der Diagnostik erfasst wird. Das heißt nach dem Auftreten und teilweisen Abklingen der akuten psychischen Störung ist eine psychische Auffälligkeit zurückgeblieben, die durch den Begriff Residualzustand beschrieben und in der psychiatrischen Diagnostik phänomenologisch begründet erfasst wird.

Insbesondere nachfolgend an eine psychische Störung vom Schweregrad einer Psychose wird der Begriff Residualzustand verwendet. Relativ häufig findet man hier insbesondere nach abgelaufener psychischer Störung vom Typ der Schizophrenie psychische Auffälligkeiten die die Verwendung des Begriffs Residuum bzw. Residualzustand rechtfertigen, weil hier durch die psychische Störung eine bleibende Veränderung in der Persönlichkeit eingetreten ist (Beispiel: die Person ist psychisch nicht mehr so belastbar, sie kann sich nicht mehr so gut konzentrieren, unter Belastung treten psychische Symptome und psychopathologische Phänomene auf usf.). Man geht hier also davon aus, dass eine Veränderung in der Psyche bzw. in körperlicher Hinsicht im Nervensystem infolge des abgelaufenen Prozesses infolge der Neuroplastizität eingetreten ist, und diese sich in der Form des anhaltenden psychischen Symptomenkomplexes – eben als Residuum manifestiert.

Genau genommen kennt man in der Psychiatrie infolge der klinischen Erfahrung nicht nur nach diagnostizierten Psychosen veränderte psychische Zustände, die schweren Störungen der Psyche so etwa nach schweren psychischen Traumata – aufgetreten. Man hat hier Anlass davon auszugehen, dass infolge der Neuroplastizität wegen der gravierenden gesundheitlichen Störung nachhaltige Änderungen im zentralen Nervensystem eingetreten sind, die sich in der klinischen Erscheinung des Residualzustandes manifestieren.

Auch in der Neurologie kennt man Symptomenkomplexe die nachfolgend an schwere neurologische Störungen etwa nachfolgend an Verletzungen bzw. Schädigungen der Hirnsubstanz oder überhaupt nach Schädigung des Nervensystems (nach lokaler oder disseminierter Schädigung) persistieren. Genannt sei etwa ein Zustand nach Schlaganfall in der Form eines OPS, wobei man in der Nervenheilkunde generell nach derart gravierenden Ereignissen teils von einer Änderung im Wesen, also von einer Wesensänderung spricht, wenn eine gravierende Änderung in Bezug auf die Persönlichkeit in Erscheinung getreten ist.

In der Psychiatrie verwendet man den Begriff Residualzustandes wie gesagt vorwiegend nach dem Auftreten einer psychischen Störung vom Typ einer Schizophrenie, weil hier nicht selten eine mehr oder weniger stark zurückbleibende psychische Änderung im Sinne einer Persönlichkeitsänderung nach dem Abklingen der mehr oder weniger ausgeprägten Störung zurückbleibt. Es bleibt also hier in nicht wenigen Fällen nach dem Auftreten einer Psychose, die sich entweder akut oder schleichend (also nach blander Psychose) entwickelt hat, eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Symptomatik zurück, die als Residualzustand bezeichnet wird.

Es ist dies im konkreten Fall also ein gewisser psychischer Symptomenkomplex der weiterhin fortbesteht, obwohl die mehr oder weniger akute Störung der Psyche abgeklungen ist. In gewissen Fällen beobachtet man auch sonstige Veränderungen nachfolgend an massive Störungen des Nervensystems (Beispiel: etwa Veränderungen in der Motorik (meist Vergröberungen mit bizarren Haltungen- was früher in ausgeprägter Form als Katatonie / katatone Schizophrenie beschrieben worden ist.)

Der Residualzustand zeichnet sich in psychischer Hinsicht in vielen Fällen dadurch aus, dass das Denken sowohl in formaler Hinsicht wie auch dem Inhalt nach beeinträchtigt ist. Es zeigen sich im Residualzustand nach einer Psychose also in vielen Fällen mehr oder weniger stark ausgeprägte formale Denkstörungen und in gewissen Fällen auch inhaltliche Denkstörungen und es kommt oftmals auch zu einer affektiven Verarmung und man spricht dann auch von einer krankheitswertigen Störung im Affekt, also von einer affektiven Störung etwa im Sinn eines „Versandens“ der Gemütsfunktion.

Während in der Medizin zum Beispiel in der Neurologie ein Residualzustand etwa nach einem Hirnabszess in vielen Fällen als ein wirklich nachweisbarer anatomischer Defekt in der Bildgebung durch den bildgebenden Befund auffindbar ist, handelt es sich in der Psychiatrie bei der diagnostischen Einheit eines Residualzustandes um eine Einheit, die nicht physisch anatomisch diagnostizierbar ist, sondern die nur jenseits der physis somit nur meta-physisch auf der Grundlage der psychischen Erscheinungen und damit auf der Grundlage der Phänomenologie bzw. auf der Grundlage der Psychopathologie diagnostisch erfassbar ist.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet erkennt man damit, dass ein psychischer Symptomenkomplex den man als Residualzustand bezeichnet jenseits der physis somit meta-physisch auf der Grundlage einer Idee  durch den Begriff der Idee erkannt wird, der als systematische Einheit im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint, wenn diese Person die charakteristischen Merkmale des Residualzustands vermittelt durch das Schema der Idee geistig auffasst (vgl. mit Kant Zitat 7 und mit Jaspers Zitat). Es kann also die Fachperson durch die einzelnen charakteristischen psychischen Merkmale, somit durch die einzelnen charakteristischen psychopathologischen Phänomene vermittelt durch das (diagnostische) Schema der Idee den „Residualzustand“ angenähert erkennen (vgl. mit Jaspers Zitat). Hingegen kann ich das Ganze als Idee – wie dies Karl Jaspers formuliert hat – nicht geradezu erkennen (vgl. mit Jaspers Zitat).

Wie man sich überzeugt ist diese systematische Einheit eine nur problematisch zum Grund gelegte Einheit (vgl. mit Kant Zitat 8). Man kann daher auch sagen, dass der Begriff Residualzustand ein psychiatrisches Konzept ist durch das dieses charakteristische klinische Erscheinungsbild aufgefasst wird. Somit erkennt man, dass die psychiatrische IdeeResidualzustand“ eine bloße Idee im Sinn von Immanuel Kant ist, die die Ärzte in der Psychiatrie auf der Grundlage ihrer klinischen Erfahrung als Einheit (und damit als Begriff) erkannt und beschrieben haben. Man kann sagen, dass dieser Begriff und damit diese Einheit sich zwischenzeitlich hinreichend bewährt hat (vgl. mit Kant Zitat 10), wenngleich die Einheit als solche nicht auf der Ebene der Objekte und damit nicht auf der Ebene der Fakten am Probierstein der Erfahrung (vgl. mit Kant Zitat 10) überprüft und auf dieser Ebene allgemein gültig bestimmt und damit allgemein gültig nachgewiesen werden kann. Damit wird deutlich, dass es sich beim Begriff Residualzustand um eine projektierte Einheit handelt bzw. dass es sich dabei um eine transzendentale Einheit handelt, die eine zweckmäßige Einheit ist und die, von in der Psychiatrie tätigen Ärzten, auf der Grundlage ihrer klinischen Erfahrung und ihrer vernünftigen Überlegung erkannt  worden ist.

Biologisch bzw. neurophysiologisch betrachtet hat man Anlass davon auszugehen, dass im Fall eines psychischen Residualzustandes nach einer psychischen Störung vom der Art einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis eine mehr oder weniger bleibende neuronale Veränderungen auf der Ebene der neuronalen Verknüpfungen und damit auf der Ebene der neuronalen Funktion eingetreten ist, die sich in der Form der Veränderung der Psyche bzw. in der veränderten psychischen Erscheinung bei der betroffenen Person in der Wesensänderung manifestiert und überhaupt in der veränderten Funktion des Nervensystems manifestiert, insofern hier auch mehr oder weniger ausgeprägt körperliche Veränderungen zu beobachten sind.

Dabei kann man diese biologische Veränderung jedoch nicht physisch messen und so den Residualzustand physisch durch biologische Befunde erkennen und bestimmen, sondern kann man höchstens, wenn man etwa in einem bildgebenden Befund (z.B. in der Magnetresonanztomographie (fMRT)) gewisse Auffälligkeiten findet, diese durch diesen biologischen Befund im Sinn eines physischen Zusatzbefundes erklärenwenn man zuvor den Residualzustand als Fachperson, also als Psychiater / Psychiaterin phänomenologisch und damit auf der Grundlage Psychopathologie subjektiv gültig auf der Grundlage der psychischen Anomalie (vgl. mit Griesinger Zitat) als der Abnormität der Psyche erkannt und subjektiv gültig diagnostisch bestimmt hat.

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Weiteres zu dieser Thematik in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 06.03.2020, abgelegt unter: Definition, Diagnostik, Medizin, Psychiatrie, Psychopathologie)

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