Was hat die Psychiatrie mit der „Kritik der reinen Vernunft“ von Immanuel Kant zu tun?

Die Psychiatrie hat mit der „Kritik der reinen Vernunft“ von Immanuel Kant zu tun, weil Ärzte, die sich mit krankheitswertigen psychischen Auffälligkeiten befassen die psychischen Krankheiten bzw. die krankheitswertigen psychischen Störungen auf der Grundlage von Ideen erkennen.

Dabei handelt es sich bei einer psychiatrischen Idee – so wie bei einer psychologischen Idee – um eine bloße Idee im Sinne von Immanuel Kant.

Diese Ideen und damit auch die Begriffe dieser Ideen, die regulative Begriffe sind, haben Ärzte auf Grundlage ihrer klinischen Erfahrung und vernünftigen Überlegung, somit auf Basis ihres Verstandes und ihrer  (reinenVernunft (vgl. mit Kant Zitat 10) erkannt, und im Rahmen ihrer klinischen Erfahrung in der Psychiatrie weiter entwickelt.

Es haben auf dieser Grundlage also, die in der Psychiatrie tätigen Ärzte durch die unterschiedlichen diagnostischen Ideen die einzelnen psychopathologischen Phänomene und infolge auch die ganzen psychischen Symptomenkomplexe der unterschiedlichen psychischen Störungen erkannt.

Auf diesem Weg entstanden die psychiatrischen Kategorien einer psychiatrischen Klassifikation durch die ein Psychiater/eine Psychiaterin im konkreten Fall aufgrund der klinischen Erscheinung der psychischen Störung die psychiatrische Diagnose bestimmen kann.

Somit sind die unterschiedlichen psychiatrischen Diagnosen einer definierten psychiatrischen Klassifikation auf Basis dieser (diagnostischen) Ideen in der Psychiatrie entstanden und durch die Schemata der Ideen (vgl. mit Kant Zitat 7 und Jaspers Zitat) definiert und im Laufe der Zeit weiter entwickelt worden.

Auf dieser Basis ist also die psychiatrische Diagnostik, die psychiatrische Klassifikation und damit auch die psychiatrische Systematik entstanden, mit deren Hilfe man die unterschiedlichen psychischen Störungen in der psychiatrischen Praxis diagnostizieren und in der psychiatrischen Wissenschaft systematisch studieren kann.

Auf diesem Weg hat sich die Psychiatrie als empirische Wissenschaft auf der Grundlage der definierten psychiatrischen Ideen entwickelt.

Man kann auch sagen, dass die Psychiatrie, als auf Ideen gegründete Wissenschaft durch die (diagnostischen) Schemata der (diagnostischen) Ideen die psychiatrischen Kategorien der psychiatrischen Klassifikation definiert und entwickelt hat.

Infolge ihrer wachsenden klinischen Erfahrung haben die in der Klinik und Wissenschaft tätigen Fachärzte also diese Typen (vgl. mit Jaspers Zitat) entwickelt und im Rahmen der Revisionen weiter entwickelt. Damit haben diese Fachärzte also, das ganze auf die Ratio,  die Erfahrung und die vernünftige Überlegung gründete System der Psychiatrie entwickelt und im Laufe der Zeit weiter fortentwickelt.

Mit anderen Worten: es ist damit also ab der Zeit der Aufklärung das ganze auf die klinische Erfahrung und die vernünftige Überlegung begründete System der Psychiatrie entstanden und infolge weiter entwickelt worden.

Man kann auch sagen: die psychiatrische Wissenschaft entstand als empirische Wissenschaft auf der Grundlage von psychiatrischen Ideen, die aus der klinischen Erfahrung abgeleitete Ideen sind.

Ebenso kann man sagen, dass die diagnostischen Einheiten in der Psychiatrie diagnostische psychiatrische Konzepte sind, durch die die unterschiedlichen psychischen Störungen, derzeit zum Beispiel durch die psychiatrische ICD-10 Klassifikation oder durch die DSM-V Klassifikation in der Diagnostik erfasst und in der Wissenschaft systematisch studiert werden.

Weil diese diagnostischen Ideen bloße Ideen im Sinne von Immanuel Kant sind, kann man sie nicht physisch diagnostisch bestimmen und überprüfen. Das heißt man kann diese Diagnosen nicht am Probierstein der Erfahrung überprüfen (vgl. mit Kant Zitat 10). Mit nochmals anderen Worten: es können diese Ideen nicht auf ein Objekt zurückgeführt und auf dieser Grundlage durch Fakten begründet allgemein gültig bestimmt werden, eben, weil es sich bei einer psychiatrischen Idee  – so wie bei einer psychologischen Idee um eine bloße Idee handelt (vgl. mit Kant Zitat 4).

Das bedeutet: man kann eine solche (diagnostische) Einheitweil dies die systematische Einheit der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) ist nicht objektivieren.

Damit wird verständlich warum es der Biologischen Psychiatrie bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist ein einzelnes psychisches Phänomen und damit auch den psychischen Symptomenkomplex einer psychischen Störung und infolge die zugehörige psychiatrische Diagnose physisch begründet zu bestimmen bzw. zu objektivieren.

Während man in der Medizin viele diagnostische Einheiten (Entitäten) und damit viele medizinische Diagnosen physisch objektiv und damit allgemein gültig bestimmen kann – ist dies in der Psychiatrie grundsätzlich nicht möglich.

Man kann also in der Medizin viele Parameter/Befunde und Diagnosen augenscheinlich evident bzw. auf der Grundlage von objektiver Evidenz bestimmen und damit die gestellte medizinische Diagnose allgemein gültig bestimmen bzw. im gegebenen Fall verifizieren oder falsifizieren.

In der Psychiatrie ist dies grundsätzlich nicht möglich und es können hier die diagnostischen Einheiten nur subjektiv evident bzw. nur scheinbar evident respektive nur einleuchtend evident – oder man kann auch sagen – nur auf der Grundlage von subjektiver Evidenz erkannt und bestimmt werden.

In der Psychiatrie kann man die diagnostischen Einheiten, die sämtliche systematische Einheiten sind, nur auf der Grundlage von bloßen Ideen erkennen und diagnostisch bestimmen.

Man erkennt damit, dass die Psychiatrie insgesamt auf der Grundlage von psychiatrischen Konzepten aufgebaut ist, auf deren Grundlage man die unterschiedlichen krankheitswertigen psychischen Erscheinungen in der psychiatrischen Praxis nach einem definierten System geordnet in der Psychiatrischen Diagnostik und in der psychiatrischen Wissenschaft systematisch studieren kann.

Damit wird deutlich, dass die Schrift: „Kritik der reinen Vernunft“ (vgl. mit Kant Zitat 10) von Immanuel Kant für die Psychiatrie von großer Bedeutung ist, und sie gleichsam die Grundlage der Psychiatrie und des psychiatrischen Wissens aufzeigt, auf deren Basis die psychischen Störungen in der Praxis diagnostiziert und in der psychiatrischen Wissenschaft systematisch studiert werden.

Diesen Sachverhalt hat der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers auf Basis der Philosophie von Immanuel Kant realisiert und in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ ab der 4. Auflage aufgezeigt (vgl. mit Jaspers Zitat, Jaspers Zitat 6, Jasper Zitat 11 und Jaspers Zitat 14)

Und es zeigt sich damit, dass die Struktur der Psychiatrie als empirische Wissenschaft auf Ideen aufgebaut ist, wie diese auf der Grundlage der klinischen Erfahrung und der vernünftigen Überlegung, von in der Psychiatrie praktisch tätigen Ärzten erkannt worden sind.

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Weiteres zur Bedeutung der Schrift Kritik der reinen Vernunft von Immanuel Kant für die Psychiatrie in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letztes Änderung 16.08.2019, abgelegt unter: Psychiatrie, Philosophie, Diagnostik, psychiatrische Wissenschaft, Wissenschaft)

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