Psychose

Eine Psychose ist eine dem Grad nach schwere psychische Störung.

Dabei macht der psychiatrische Begriff  Psychose keine Aussage über die Ätiologie der psychischen Störung.

Es ist der Begriff Psychose einerseits also der Oberbegriff für alle schweren psychischen Störungen, oder es ist dies der Begriff für eine einzelne psychische Störung, die den Schweregrad einer Psychose erlangt hat.

Daher kann man auch sagen: der Begriff Psychose macht keine Aussage über die Ursache der Störung der Psyche, sondern lediglich über den Grad der Schwere und er wird verwendet für alle psychischen Störungen die diesen Schweregrad erlangt haben verwendet.

Und andererseits wird der Begriff Psychose auch für einzelne Formen von psychischen Störungen verwendet, die sich im konkreten Fall zu einer derart schweren Störung der Psyche entwickelt haben (Beispiel: alle Formen von Demenz, alle Formen von paranoider Schizophrenie usf.

Demgemäß wird in der psychiatrischen Diagnostik eine Psychose aufgrund der Ausprägung des klinischen Erscheinungsbildes bzw. aufgrund der psychopathologischen Phänomene erkannt und bestimmt, die hier einen gewissen psychischen Symptomenkomplex bilden.

Man kann auch sagen, dass hier die einzelne Psychose psychopathologisch begründet diagnostiziert wird. Dies gilt im Übrigen auch für eine neurologische Störung, die den Schweregrad einer Demenz erlangt hat – und die in der Neurologie diagnostiziert wird.

Man kann daher auch sagen, dass die Psychose auf Grundlage der klinischen Erscheinung und der Ausprägung der Auffälligkeiten der Störung der Psyche als solche bezeichnet und in der psychiatrischen Diagnostik bestimmt wird.

Dabei kann man die diagnostische Einheit Psychose allerdings nicht durch das Gewichten und Vergleichen mit anderen psychischen Störungen innerhalb einer psychiatrischen Klassifikation bestimmen, sondern es wird durch das Vergleichen und Gewichten der Ideen – also durch das Ponderieren der Ideen (im Sinne von Immanuel Kant) gegenüber den nicht-psychosewertigen psychischen Störungen  der Psyche entschieden, ob die vorliegende psychische Störung diesen Schweregrad erlangt hat.

Man kann daher auch sagen, dass die psychiatrische Diagnose Psychose zwar eine (systematische) Einheit ist, die durch die philosophische Methode der Dialektik erkannt und bestimmt wird. Aber es wird hier die diagnostische Einheit nicht mit anderen diagnostischen Einheiten – etwa solchen der psychiatrischen ICD-10 Klassifikation oder denen der DSM-V Klassifikation verglichen, sondern nur erwogen ob bei der vorliegenden psychischen Störung der Schweregrad vorhanden ist bzw. ob die Kriterien dieser (systematischen) Einheit vorliegend sind, falls ich als Fachperson den psychischen Sachverhalt durch das Schema der Idee geistig auffasse (vgl. mit Kant Zitat 7 und Jaspers Zitat). Daher kann man auch sagen, dass das Zutreffen des Begriffs Psychose durch das Vergleichen und Gewichten der Ideen bzw. der Vorstellungen und daher dialektisch erkannt wird.

Mit Worten von Karl Jaspers kann man sagen, dass die Fachperson (Psychiater/Psychiaterin) durch die denkende Anschauung unter Führung von Ideen durch das Vergleichen und Gewichten der Ideen erkennt bzw. abschätzt, ob der vorliegende Sachverhalt dem Typus Psychose genügt bzw. dieser durch das Schema der Idee unter diesem Typ erfasst werden kann (vgl. mit Jaspers Zitat).

Weil der Begriff Psychose auf alle psychiatrischen Klassifikationen anwendbar ist – kann ich sagen, dass der Begriff Psychose eine systematische Einheit – im Sinne von Immanuel Kant ist. So kann man etwa den Begriff Psychose auf die diagnostischen Einheiten anwenden mit denen Wilhelm Griesinger in seiner Zeit befasst war, oder auf diejenigen mit denen Emil Kraepelin oder Karl Ludwig Kahlbaum befasst waren – (auch wenn es in der Psychiatrie diesen Begriff damals noch gar nicht gegeben hat) –  weil es sich hier um (diagnostisches) System handelt, dass alle (diese) diagnostischen Systeme umfasst. Bzw. es hier nur um die Frage geht: hat die in Betracht stehende psychische Störung/psychische Krankheit das Ausmaß einer Psychose oder nicht.

Demgemäß ist der Begriff Psychose ein sehr abstrakter Begriff.

Zur Ätiologie und Erklärung der Ursache der Psychose:

Man kann in vielen Fällen den Ausprägungsgrad psychischen Symptome und auch den der krankheitswertigen psychischen Phänomene erst im Zusammenhang von Zusatzbefunden richtig einordnen, verstehen und erklären (Ein Beispiel: erst nach Vorliegen der Außenanamnese kann ein Psychiater das aufgetretene Delir durch den chronischen Alkoholismus und die dadurch beeinträchtigte neuronale Funktion verstehen und erklären. Oder in einem anderen Fall kann die psychische Störung vom Schweregrad der Psychose durch den hirnorganischen Abbauprozess, etwa im Rahmen einer Alzheimerkrankheit oder im Rahmen einer vaskulären Demenz im Zusammenhang mit den  bildgebenden Befunden und/oder den Angaben der Angehörigen über die zeitliche Entwicklung als Fachperson angemessen verstehen und erklären).

Es sind in der Regel hier neben der momentanen klinischen Erscheinung bzw. neben dem psychischen Symptomenkomplex also Zusatzinformationen erforderlich (etwa die Fremdanamnese, Laborbefunde, sonstige Befunde) durch die die psychiatrische Diagnose Psychose im Hinblick auf die Ätiologie rational begründet verstanden und erklärt werden kann.

Daher ist die psychiatrische Einheit Psychose primär eine phänomenologische Einheit bzw. ist dies primär eine phänomenologische Diagnose die sekundär allerdings in vielen Fällen biologisch/physisch/biochemisch begründet verstanden und erklärt werden kann.

Aus der Sicht der Psychopathologie wird der psychiatrische Begriff Psychose primär also psychopathologisch begründet erkannt und subjektiv gültig bestimmt bzw. ist dies ein Begriff der Phänomenologie der die grob auffällige psychische Erscheinung erfasst und sekundär kann in der Regel die Ursache der psychischen Störung näher bestimmt/erklärt/verstanden werden.

In der Psychiatrie bestimmt also die Ausprägung der psychopathologischen Phänomene den Schweregrad der psychischen Störung und damit das Zutreffen des Begriffs Psychose.

Dieser Sachverhalt ist insbesondere für die Forensische Psychiatrie von Bedeutung, weil hier die Entscheidung Psychose, die der Sachverständige in seinem psychiatrischen Gutachten getroffen hat mit weitreichenden rechtlichen Konsequenzen verbunden ist. Es macht hier also einen großen Unterschied ob der Sachverständige zur Feststellung einer Psychose gelangt respektive er feststellt, dass eine psychose-wertige Störung der Psyche zur fraglichen Zeit vorliegend war, oder ob zu dieser Zeit keine derart gravierende psychische Störung vorlag.

Bei einer Psychose ist in der Regel die Kognition und/oder die Emotion und in diesem Fall auch der Affekt massiv gestört.

Daher treten bei einer Psychose in der Regel ausgeprägte Störungen im Denken, oftmals auch im Fühlen – also überhaupt im Erleben und infolge auch im Reagieren und Handeln auf.

Als Folge dieser Störung der Psyche kommt es zur Störung in der Wahrnehmung der Realität.

Es führt daher die Psychose zu ausgeprägten Störungen im Verhalten und Reagieren.

Man kann auch sagen, dass bei einer Psychose ausgeprägte Kritikstörungen und damit ausgeprägte Denkstörungen und infolge der Gemütsstörung, so eine solche vorhanden ist, auch ausgeprägte Störungen im Gemüt und in der Emotionalität auftreten.

Unter Umständen spricht man hier von einer Dekompensation der Psyche.

Man meint in der Psychiatrie damit die ausgeprägte Störung der psychischen Funktion, wie sie im Rahmen der massiven psychischen Störung vom Schweregrad der Psychose auftritt.

Daher kommt es bei einer Psyche zur ausgeprägten Störung in der Realitätswahrnehmung.

Bei einer psychischen Störung vom Schweregrad einer Psychose ist das Denken und damit das Erkennen der Realität und häufig auch das Gemüt, also der affektive Anteil der Psyche stark beeinträchtigt bzw. gestört. Es handelt sich bei einer Psychose also um eine psychische  Störung bei der in der Regel eine schwere kognitive Störung und häufig auch eine mehr oder weniger stark ausgeprägte affektive Störung vorhanden ist, die in Summe zu einer schweren Störung im Realitätsbezug geführt haben.

Je nach der Art und Weise der psychischen Störung spricht man von unterschiedlichen Formen einer Psychose. Es kann mehr die kognitive Störung im Vordergrund stehen, oder es kann mehr die affektive Störung im Vordergrund stehen. Oder es können beide Anteile gleich schwerwiegend gestört sein. Unabhängig von der Ursache der psychischen Störung kommt es bei einer psychischen Störung vom Schweregrad einer Psychose zu massiven Störungen im Realitätsbezug. Die Realitätswahrnehmung ist massiv beeinträchtigt und kommt es auf dieser Grundlage etwa zu Verkennungen/zu Orientierungsstörungen/zu massiven Gedächtnisstörungen oftmals treten Halluzinationen auf. Auf dieser Grundlage kann ein Wahn bzw. eine Paranoia entstehen.

Da eine Psychose nicht auf Grundlage des normalen Erlebens verstehbar ist beziehungsweise eine Psychose nicht auf der Grundlage der normalen Psychologie verstanden werden kann, muss eine Psychose durch eine nicht-psychologische Ursache erklärt werden.

Man kann also eine Psychose in der Regel nicht psychologisch verstehen, sondern man kann sie nur durch eine andere Ursache bzw. nur durch eine andere Theorie erklären (Ein Beispiel: so erklärt man etwa das Auftreten einer Schizophrenie durch eine biologische Theorie).

Im Gegensatz zu einer Psychose kann man eine Neurose psychologisch verstehen und es erreicht eine Neurose nur im Grenzfall den Schweregrad einer psychischen Störung vom Grad einer Psychose.

Der Krankheitsbegriff Psychose“ kann für eine einzelne psychische Störung stehen; oder es kann der Krankheitsbegriff „Psychose“ als Oberbegriff für verschiedene Formen von schweren psychischen Störungen stehen. Demgemäß kennt man die verschiedenen Formen einer Psychose. Man kennt die Form einer Psychose, wie sie bei einer Schizophrenie klinisch in Erscheinung tritt, oder wie sie bei einer schweren Depression, etwa in der Form eines Verarmungswahns auftritt. Oder es kann eine organisch bedingte psychische Störung im Sinn eines Organischen Psychosyndroms (OPS) den Schweregrad einer Psychose erlangen und man spricht dann von einer organisch bedingten Demenz falls das Denken und damit der Geist der Person massiv gestört ist.

So tritt etwa bei einer Alzheimer Demenz (Alzheimer Krankheit) eine psychische Störung vom Schweregrad einer Psychose auf.

Eine psychische Störung vom Schweregrad einer Psychose kann auch bei einer Manie und auch im im Rahmen von anderen psychischen Störungen auftreten.

Psychische Störungen vom Schweregrad einer Psychose können also die Folge von verschiedenen Ursache sein.

Bei einer Psychose kommt es nur darauf an, ob im konkreten Fall die vorliegende psychische Störung den Schweregrad und damit die Kriterien einer Psychose erfüllt.

Es können also psychische Störungen von unterschiedlicher Ätiologie den Schweregrad einer  Psychose erlangen.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet handelt es sich beim Begriff „Psychose“ um den Begriff der Idee der als systematische Einheit im Bewusstsein der erkennenden Fachperson entsteht, wenn diese die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) geistig auffasst.

Man kann auch sagen: wenn das diagnostische Schema (der diagnostischen Idee) dem Sachverhalt hinreichend genügt – dann besteht eine Psychose weil die Fachperson dann den Sachverhalt durch diese Schema geistig auffassen kann.

Allerdings sollte man beachten dass es sich hierbei um subjektives Wissen bzw. auch um beschränktes Wissen handelt.*

Man erkennt dabei, dass es sich dabei um den Begriff einer bloße Idee handelt, weil man sich vorstellt, dass es eine zu Grunde liegende Krankheitseinheit gibt, die diesen psychischen Symptomenkomplex hervorruft.

Man stellt sich als Arzt bzw. als Psychiater also vor, dass es eine problematisch zum Grund gelegte Einheit gibt (vgl. mit Kant Zitat 8), die diesen psychischen Symptomenkomplex und damit diese Form der psychischen Störung tatsächlich hervorruft.

Weil es sich beim Begriff Psychose um den Begriff einer bloßen Idee (vgl. mit Kant Zitat 8) handelt, ist dieser Begriff ein regulativer Begriff (vgl. mit Kant Zitat 4) im Sinne von Immanuel Kant.

In der Psychiatrie oder man kann auch sagen in der Psychopathologie ist der Begriff der Einheitspsychose untersucht und diskutiert worden (vgl. mit Jaspers Zitat 6a).

Im Hinblick auf den Begriff „Psychose“ als Oberbegriff für alle psychischen Störungen dieser Art wird durch den regulativen Begriff „Psychose“ die Relation der psychischen Störungen, die die Kriterien einer Psychose erfüllen, gegenüber den psychischen Störungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, festgelegt bzw. damit „geregelt“.

Weil das Vorhandensein einer Psychose nur auf der Grundlage einer bloßen Idee erkannt werden kann, ist diese Erkenntnis nur subjektiv gültig und auch nur subjektiv evident und sollte man daher das psychiatrische Konzept „Psychose“ nur relativistisch verwenden. (vgl. mit Kant Zitat 4)

Man kann auch sagen, dass die Einheit Psychose eine zweckmäßige Einheit ist, weil deren Verwendung in der psychiatrischen Praxis und auch in der psychiatrischen Wissenschaft in vielerlei Hinsicht von Nutzen ist und damit einen praktischen Zweck erfüllt (vgl. mit Kant Zitat 2).

Schließlich kann man vom Begriff Psychose auch sagen, dass dieser eine transzendentale Einheit ist. Beziehungsweise ist der Begriff Psychose die systematische Einheit einer transzendentalen Idee.

Der Begriff Psychose ist aus dem Griechischen abgeleitet worden: ψύχωσις, psýchōsis, ursprünglich „Beseeltheit“, von ψυχή, psyché, „Seele“, „Geist“ in Verbindung mit der Endung -οσις, -osis, „[krankhafter] Zustand“.

Mit dem Oberbegriff Psychose werden in der Regel die schweren psychischen Störungen der 1. und 2. Schicht gemäß der Schichtenlehre nach Karl Jaspers erfasst.

Bei den psychiatrischen Diagnosen der 1. Schicht handelt es sich um die sogenannten exogenen Psychosen. Es sind dies die organisch begründeten schweren psychischen Störungen, wie sie nach Hirnverletzungen, Hirnentzündung (Enzephalitis), bei degenerativen Prozessen (Demenz der verschiedenen Typen und Ursachen), bei toxisch verursachten psychischen Störungen (Vergiftungen, Drogenpsychosen, Delir etwa Alkoholdelir usf.) und in Folge von anderen exogenen Ursachen auftreten.

Mit dem Begriff endogene Psychosen sind die schweren psychischen Störungen der 2. Schicht gemäß der Schichtenlehre nach Karl Jaspers gemeint. Dazu zählen die diagnostische Einheit Schizophrenie mit ihren verschiedenen Typen, die affektiven Psychosen, die schweren depressiven Störungen, die zum Teil mit psychotischen Symptomen einhergehen, die Manie, die schizo-affektiven Störungen, die den Schweregrad einer Psychose erlangt haben.

Durch den regulativen Begriff „Psychose“ kann man eine einzelne psychische Störung,  die die Kriterien einer Psychose erfüllt charakterisieren. Man kann damit die psychische Störung gegenüber den anderen psychischen Störungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, abgrenzen. Es wird damit also auf der „Ebene der Vorstellungen“ bzw. auf der „Ebene der Ideen“ durch den diagnostizierenden Psychiater entschieden, ob die in Betracht stehende psychische Störung den Schweregrad einer Psychose erlangt hat, oder ob es sich um eine psychische Störung handelt, die diesen Schweregrad nicht, oder noch nicht erlangt hat (vgl. mit dem Bleuler Zitat).

In diesem Sinne „regelt“ der Begriff Psychose die Gesamtheit der psychischen Störungen, indem er die Gesamtheit der psychischen Störungen in zwei Gruppen gliedert, nämlich in die psychotischen Störungen bzw. die psychose-wertigen psychischen Störungen und solche, die diesen Schweregrad nicht erreichen.

Dies ist in der Forensik und damit bei der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens durch den befassten psychiatrischen Sachverständigen von besonderer Relevanz. In diesem Sinne bewirkt dieser regulative Begriff eine grundlegende Zweiteilung der krankheitswertigen psychischen Störungen.

Mit dem Begriff Psychose als Oberbegriff kann man also die Gesamtheit der psychischen Störungen in die Psychosen und in die nicht-psychosewertigen psychischen Störungen aufteilen (vgl. mit dem Bleuler Zitat).

Man erkennt damit die große Bedeutung des (regulativen) Begriffs „Psychose“ für die Psychiatrie.

Der Begriff nicht-psychotische Störung ist somit ebenfalls ein regulativer Begriff im Sinne von Immanuel Kant durch den die andere Gruppe der psychischen Störungen bezeichnet wird. Unter diesem Begriff bzw. unter diesem Oberbegriff werden alle psychischen Störungen erfasst, die aus der Psychodynamik, aus dem normalen Seelenleben heraus hinreichend verstehbar sind. Es handelt sich dabei also um psychische Störungen, bei denen keine ausgeprägten Störungen im Realitätsbezug vorkommen und für deren Auftreten nicht zusätzliche Ursachen als Erklärung herangezogen werden müssen. Diese psychischen Störungen können durch die normal-psychologischen Zusammenhänge ausreichend verstanden und erklärt werden. Solche psychische Störungen werden nur in Grenzfällen im Rahmen der forensischen Psychiatrie als psychosewertige psychische Störungen diagnostiziert, wenn das klinische Erscheinungbild und die damit einhergehenden Realitätsverkennungen den Schweregrad einer Psychose erreichen.

Man erkennt damit, dass in der Psychiatrie durch regulative Begriffe die Vielfalt der psychischen Störungen nach verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet, gliedert und in weiterer Folge auf Grundlage dieser Unterscheidungen systematisch studiert werden können. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Karl Jaspers  in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ darauf hingewiesen hat, dass man psychische Phänomene unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten (vgl. mit Jaspers Zitat 11) und sie daher systematisch studieren kann, weil hier alles gemäß einer gegliederten Ordnung zusammenhängt. Man kann daher berechtigt sagen, dass die psychiatrischen Einheiten (systematische) Einheiten sind die auf einem begrifflichen System beruhen – wie es durch die psychiatrische Systematik vorgegeben wird.*

Diese Unterscheidungen sind für die psychiatrische Praxis, für die psychiatrische Wissenschaft und insbesondere auch für die Forensische Psychiatrie von fundamentaler Bedeutung.

In therapeutischer Hinsicht sind diese Unterscheidungen ebenfalls von großer Bedeutung, insofern sich aus der Unterscheidung unterschiedliche therapeutische Empfehlungen/Vorgehensweisen ergeben und daher unterschiedliche therapeutische psychiatrische Leitlinien entwickelt worden sind.

Wie Karl Jaspers treffend schreibt, erkennen und erforschen wir in der Psychiatrie die psychischen Störungen unter Führung von Ideen durch die Schemata (der Ideen) in Bezug auf (definierte) Typen – dabei kann ich das Ganze als Idee allerdings nicht geradezu erkennen (vgl. mit Jaspers Zitat).

In diesem Sinne sind die Begriffe: Psychose, psychosewertige Störung – sowie auch die Begriffe, die für die einzelnen psychiatrischen Diagnosen stehen – elementare (regulative) Begriffe, durch die die Vielfalt der krankheitswertigen psychischen Erscheinungen nach verschiedenen Gesichtspunkten gegliedert, systematisch aufgefasst und in weiterer Folge systematisch studiert werden können (vgl. mit Jaspers Zitat 11).

Auf der Grundlage dieser (regulativen) Begriffe können in der psychiatrischen Praxis und in der psychiatrischen Wissenschaft weitere Erkenntnisse erlangt werden.

Man erkennt damit den großen praktischen Nutzen dieser regulativen Begriffe (vgl. mit  Kant Zitat 4), – insbesondere den Nutzen des regulativen Begriffs Psychose.

Es ist verständlich, dass man bei gewissen psychischen Störungen, insbesondere bei den psychotischen Störungen vom Typ der „Schizophrenie“ schon seit langem nach einer körperlichen Ursache und damit nach einer natürlichen Krankheitseinheit gesucht hat, weil man das Auftreten dieser psychischen Phänomene allein auf Grundlage des normalen Seelenlebens nicht verstehen konnte – und weiterhin nicht verstehen kann.

In der psychiatrischen Praxis hat man allerdings bemerkt, dass verschiedene Ursachen zu einer gleichartigen Störung dieses Typs einer psychischen Störung führen können. Mit anderen Worten man hat bemerkt, dass verschiedene Ursachen zu einer gleichartigen psychotischen Störung führen können. Aus dieser Erfahrung ergibt sich die Vermutung, dass es wahrscheinlich nicht gelingen wird die „Ursache schlechthin“ zu bestimmen, die zu einer psychotischen Störung einer (bestimmten) Form führt (vgl. mit Kahlbaum Zitat 2). Insbesondere ergibt sich daraus die Vermutung, dass man nicht eine einzige Ursache für eine bestimmte Form einer psychischen Störungen wird finden können.

Mit anderen Worten: allein auf Grund dieser Beobachtungen und Überlegungen ergibt sich die Vermutung, dass man keine „physischen“ Parameter bzw. keine biologischen „Marker“ wird finden können, durch die man diese psychischen Störungen wird objektiv gültig oder valide und reliabel wird bestimmen können.*

Vielmehr handelt es sich bei der (diagnostischen) Einheit Schizophrenie und auch bei einer Psychose um eine systematische Einheit, die lediglich auf der Ebene der Vorstellungen als abgegrenzte Einheit erscheint und hier als der Begriff der Idee als Einheit – man kann auch sagen- als Krankheitseinheit – respektive als natürliche Krankheitseinheit imponiert. (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)

Es wird damit deutlich, dass es sich bei der diagnostischen Einheit Psychose um eine phänomenologische Einheit und nicht um eine faktische Einheit handelt. Oder man kann auch sagen: die psychiatrische Diagnose Psychose ist eine phänomenologische Diagnose und keine ätiologische Diagnose.

Neurobiologisch betrachtet kann man das Auftreten von vielen Psychosen biologisch begründet erklären. Man kann nämlich in gewissen Fällen das Auftreten der Psychose in gewissen Fällen als Funktionsstörung im Bereich der Nervenzellen und/oder als Störung in neuronalen Netzwerken des Gehirns erklären. So kann man z. B. bei schwerer psychischer Störung vom Typ der Depression das Auftreten der Psychose durch den Mangel an Botenstoffen (Transmitter) und durch sonstige Faktoren im Sinn einer komplexen Ursache verstehen und erklären.

Man kann in vielen Fällen also auch sagen, dass die Psychose als Folge einer ausgeprägten neuronalen Funktionsstörung klinisch in Erscheinung tritt.

Oder man kann in gewissen Fällen auch sagen, dass die Psychose als Folge einer massiven Stoffwechselstörung oder infolge einer massiven Überforderung des Nervensystems respektive der neuronalen Funktion entstanden ist bzw. als Folge einer komplexen Ursache entsteht.

Weiteres* zum Begriff Psychose aus erkenntnistheoretischer Sicht in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 13.04.2023, abgelegt unter: Definition, Diagnostik, Forensik, Forensische Psychiatrie, Krankheit / gesundheitliche Störung, Psyche, Psychiatrie, Psychologie, psychische Störung, Psychose, psychiatrische Diagnose, psychiatrischer Begriff)

1 pos – letzte Version vor 13.04.2o23

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