Ursache – vermeintliche Ursache

In der Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie stellt sich häufig die Frage nach der Ursache, nach dem Grund für eine Beschwerde, bzw. für eine gesundheitliche Störung.

Ursache heißt dem ursprünglichen Sinn nach die Erste-Sache auf die eine weitere, eine zweite Sache folgt.

Es ist also die erste Sache auf die eine zweite Sache folgt die Ur-Sache. Nun ist es aber so, dass die erste Sache, die man bemerkt nicht unbedingt der tatsächliche Ursache der Beschwerden ist. Vielmehr ist es so, dass oftmals die erkannte vermeintliche Ursache eine mögliche Ursache ist und nicht der zwingende Grund für das in Erscheinung treten der Letzteren. (vergl. mit Kant Zitat 3a)

Es ist also so dass die vermeintliche Ursache nicht unbedingt die tatsächliche Ursache ist. Überhaupt kann man oftmals nicht allgemein gültig entscheiden was die tatsächlich Ursache ist weil eine komplexer Sachverhalt vorliegt und nicht auf der Ebene der Objekte allgemein gültig entschieden werden kann was die Ursache schlechthin ist.

Bei synthetischen Urteilen ist es nämlich so, dass wir nicht sicher sein können, dass die (vermeintliche bzw. mögliche) Ursache die tatsächliche Ursache ist.

Dies ist in der Medizin von großer praktischer Bedeutung und resultieren aus der richtigen oder falschen Interpretation von Erkenntnissen bezüglich der vermeintlichen Ursachen weitreichende Folgen (vergl. mit: Fallbeispeil A, Fallbeispiel B).

Dessen sollte man sich bewusst sein!

In der medizinischen Praxis macht man nicht selten die Erfahrung, dass Ärzte, sich der Relativität ihrer Erkenntnisse bezüglich des Grades ihres Wissens nicht bewusst sind, und es wird sogleich, wenn eine vermeintliche Ursache von der man annimmt dass es der Grund der Beschwerden ist zur Handlung geschritten, und z.B. dem Patienten dringend z.B. zur Operation geraten, oder sonst einer Behandlungsmaßnahme geraten, mit der Begründung weil dieses oder jenes sonst passieren wird – ohne tatsächlich die Indikation reiflich zu überlegen.

In nicht wenigen Fällen dieser Art scheint es so zu sein, dass den Ärzten oftmals gar nicht bewusst ist, dass es sich bei der von ihnen in Betracht gezogenen Ursache nur um eine mögliche Ursache neben anderen möglichen Ursachen handelt.

Was die eigentliche Ursache, also die Ursache schlechthin im konkreten Fall ist, kann oftmals aus den vorerst vorliegenden Informationen nicht erkannt werden, sondern benötigt man dazu noch weitere Informationen, wie sie sich in der Regel erst aus dem weiteren gesundheitlichen Verlauf ergeben – dessen sollte man sich bewusst sein bevor man eine Entscheidung fällt, die mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist! Manchmal liegt ein Sachverhalt vor dass man auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht verlässlich angeben kann was die Ursache der Beschwerden ist. Aber wenn sich die Frage zu einer dringenden Indikation oder vitalen Indikation stellt wird meistens klar was die Ursache der Beschwerden ist.

Wie gesagt gibt es aber auch die Fälle bei denen die eigentliche „Ursache“ für eine Beschwerden unklar und unbestimmbar bleibt weil es sich um einen Sachverhalt mit einer komplexen Ursache handelt.

Immanuel Kant spricht vom subjektiven Fürwahrhalten wenn man die anstehende Frage nicht objektiv gültig klären kann.

Die Natur zeigt uns lediglich die Sachen als solche, in welchem ursächlichen Zusammenhang die Dinge zueinander stehen sagt, bzw. zeigt uns die Natur nicht, sondern steckt hinter einer solchen Erkenntnis ein persönliches Urteil. Daher sollte man sich dessen bewusst sein, dass je nach Sachverhalt die „richtige“ Erklärung „so“ oder auch „anders“ lauten kann (vergl. mit Kant Zitat 2). Mit anderen Worten es handelt sich bei derart spekulativen Erkenntnissen in der Medizin – auch wenn sie ihren Ausgang von objektiven Befunden nehmen um „Wahrnehmungsurteile“ und nicht um „Erfahrungsurteile“. Der Vollständigkeithalber sei auch noch darauf hingewiesen, dass selbstredend die „spekulativen Vernunfterkenntnisse“ in prognostischer Hinsicht in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) ebenfalls sämtliche auf der Grundlage von Wahrnehmungsurteilen im Sinn von Immanuel Kant zustande kommen und es sich dabei nicht um allgemein gültige Erkenntnisse handelt.

Die Erklärung ist also die Folge der geistigen Synthese und der Schlussfolgerung der jeweils erkennenden Person. 

Nur weil eine Aussage bzw. ein Urteil „logisch“ subjektiv „richtig“ ist (weil die Schlußfolgerung Sinn macht), muß es noch nicht „richtig“ sein, bzw. die am besten zutreffende Schlussfolgerung sein. (vgl. mit Kant Zitat 2)

(Anmerkung: Das macht den großen Unterschied aus zwischen den Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften einerseits, und der Mathematik und Geometrie andererseits aus. In den erstgenannten Wissenschaften sind wir in der Regel mit  synthetischen Urteilen befasst; in der Mathematik und Geometrie mit  analytischen Urteilen.)

Wenn man zum Beispiel bei einem Dreieck zwei Winkel kennt, so weiß man gewiß wie groß der dritte Winkel ist. Wenn man z.B. bei jemandem ein Meningeom in der Computertomographie findet, dann kann man noch nicht sicher sein, dass dieses Meningeom die Ursache für die Kopfschmerzen ist, und würde allenfalls die weitere Verlaufsentwicklung weitere Hinweise dafür ergeben ob diese vermutete Ursache die „richtige“ Ursache ist (vergleiche Fallbeispiel A)). Das heißt man sollte in der Medizin nicht vorschnell handeln wenn noch genügend Zeit für die weitere Verlaufsbeobachtung gegeben ist. Aus dem weiteren Verlauf kann man oftmals wesentliche Informationen gewinnnen die hilfreich sein eine Entscheidung in diese oder in jene Richtung zu treffen und kann man damit Risiken vermeiden die unweigerlich auftreten wenn man sogleich zur Handlung schreitet.

 

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