hypothetische Einheit

Eine hypothetische Einheit ist eine Einheit von der man denkt, dass es sie gibt.

Dabei handelt es sich in der Regel um eine nur eine problematisch zum Grund gelegte Einheit (vgl. mit Kant Zitat 8).

Daher kann man eine solche Einheit nicht auf der „Ebene der Objekte“ als physisch abgegrenzte Einheit finden und bestimmen.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet erkennt man, dass es sich bei einer hypothetischen Einheit um eine projektierte Einheit handelt. Es ist dies also die Einheit einer Idee, die als der Begriff der Idee – somit als die systematische Einheit der Idee – auf der „Ebene der Ideen“ erkannt wird bzw. die als der Begriff der Idee im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint, wenn diese die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasst (vgl. mit Kant Zitat 7).

Demgemäß wird die hypothetische Einheit durch den hypothetischen Vernunftgebrauch – im Sinne von Immanuel Kant – erkannt (vgl. mit Kant Zitat 5).

Man kann auch sagen, dass es sich beim Begriff dieser Idee um ein transzendentes Erkenntnisobjekt handelt.

Und man erkennt damit, dass eine solche hypothetische Einheit infolge der vernünftigen Überlegung auf Grundlage der Erfahrung von Menschen erkannt worden ist (vgl. mit Kant Zitat 10).

Beziehungsweise dass sie auf dieser Grundlage ihrer vernünftigen Überlegung zur Annahme gelangten, dass es eine solche Einheit geben muss.

Demgemäß ist die hypothetische Einheit also Basis des Verstandes und der (reinen) Vernunft – auf der „Ebene der Ideen“ – als abgegrenzte Einheit bzw. als geistige Einheit erkannt bzw. postuliert worden.

Man kann deswegen auch sagen, dass der Begriff dieser hypothetischen Einheit ist der Begriff einer aus der Erfahrung abgeleiteten Idee ist.

In gleicher Weise kann man auch sagen, dass dies der Begriff einer bloßen Idee ist.

Und wie man sich überzeugt handelt es sich dabei um eine zweckmäßige Einheit im Sinne von Immanuel Kant.

Schließlich kann man auch sagen, dass der Begriff der hypothetischen Einheit ein regulativer Begriff ist – weil er sich als zweckmäßig bzw. als nützlich erweist, was man durch ihn verschiedene Zusammenhänge dem Sinn nach verstehen und unter Umständen auch sinnvoll erklären kann.

Deswegen haben diverse hypothetische Einheiten sich in der Praxis bewährt, wenn gleich man beachten sollte dass es sich dabei um Konzepte handelt, die nicht physisch überprüfbar sind – eben weil sie sich auf bloße Ideen gründen.

In der Neuro-Wissenschaften sind hypothetischen Einheiten zweckmäßige Einheiten:

In der Neuro-Biologie, Neurologie, Psychiatrie und ebenso in der Psychologie ist zum Beispiel die Vorstellung dass es ein Gedächtnis gibt eine hypothetische Einheit.

Durch diese zugrunde liegend gedachte Einheit kann man nämlich diverse Zusammenhänge sinnvoll erklären und neuro-biologisch begründet erklären – dabei konnte jedoch in der Wissenschaft kein Bereich des Gehirns oder des zentralen Nervensystems aufgezeigt werden, dass dies der scharf abgegrenzte Bereich ist der die Gedächtnisfunktion leistet.

Analoges kann man über das Bewusstsein sagen oder über den Antrieb, die Sexualität und sonstige Begriffe aus diesen Wissenschaften.

Die Psychiatrie als empirische Wissenschaft ist auf hypothetischen Einheiten aufgebaut:

Wie man sich vergewissert ist die Psychiatrie als Wissenschaft die mit den psychopathologischen Phänomenen und den psychischen Störungen befasst ist auf hypothetischen Einheiten aufgebaut.

So denken etwa in der Psychiatrie ein Teil der Ärzte und Ärztinnen dass es bei gewissen psychischen Störungen eine abgegrenzte biologische Einheit im Sinn einer tatsächlich existenten Einheit gibt.

Gleiches gilt für die psychiatrischen Wissenschaft – hier insbesondere für die Biologische Psychiatrie, dass es z. B. bei der psychischen Störung, die man als Schizophrenie bezeichnet eine solche zu Grunde liegende natürliche Krankheitseinheit gibt.

Die man früher oder später neuro-biologisch begründet empirisch auf Fakten basiert nachweisen kann,

Man denkt sich ein Teil der Forscher, dass es auf der Ebene des Nervensystems eine solche faktische Einheit im Sinn einer scharf abgegrenzten Natureinheit gibt, die man diagnostisch als natürliche Krankheitseinheit auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der neuronalen Funktion physisch, etwa mit der Methode der Funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) objektiv gültig und damit allgemein gültig bestimmen kann.

So hat schon der Psychiater Emil Kraepelin geglaubt, dass man die diagnostische Einheit Dementia praecox physisch in Zukunft allgemein gültig bestimmen kann (vgl. mit Kraepelin Zitat 1).

Bekanntlich hat auch der Psychiater Eugen Bleuler – der den Begriff Schizophrenie aus der diagnostischen Einheit Dementia praecox abgeleitet und geprägt hat – und nach ihm auch viele andere Ärzte in der Psychiatrie – so gedacht. Und es denken auch heute noch viele Psychiater in der Praxis und in der Wissenschaft, insbesondere in der Biologischen Psychiatrie, dass man diese diagnostische Einheit etwa durch die Methode der Funktionellen Magnetresonanztomographie als physisch abgegrenzte Einheit bestimmen kann.

Kritisch betrachtet erkennt man jedoch, dass es sich bei einer solchen hypothetischen Einheit um die systematische Einheit einer Idee handelt, die in der Form des Begriffs der Idee im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint (vgl. mit Kant Zitat 7). Es ist dies also ein Ganzes das ich nicht geradezu erkennen kann, wie dies der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ unter Bezugnahme auf die Philosophie von Immanuel Kant erkannt und geschrieben hat, sondern ich kann mich diesem Ganzen als Idee durch das Schema der Idee nur nähern (vgl. mit Jaspers Zitat).

In diesem Sinn kann ein Arzt in der Psychiatrie ein psychisches Phänomen und auch ein Arzt in der Medizin ein nicht-objektivierbares körperliches Phänomen, etwa einen Schmerz, nicht als „Ganzes“ im Sinn einer faktischen Einheit auf der Ebene des Körpers erkennen und diagnostisch bestimmen.

Dies hat zur Folge, dass zum Beispiel der Symptomenkomplex, wie er bei einer Migräne vorgefunden wird, nicht als physisch abgegrenzte Einheit erkannt und diagnostisch bestimmt werden kann, sondern es kann der Arzt sich dieser diagnostischen Einheit und damit dieser medizinischen Diagnose durch den Symptomenkomplex nur nähern, indem er die Merkmale dieser diagnostischen Einheit durch das Schema der Idee geistig auffasst (vgl. mit Kant Zitat 7).

Man erkannt damit, dass man in einem Teilbereich der Heilkunde die diagnostischen Einheiten nur subjektiv gültig erkennen und in der Diagnostik nur subjektiv gültig bestimmen kann.

In gleicher Weise kann man in der Psychologie sämtliche einzelnen psychischen Phänomene so wie in der Psychiatrie die einzelnen psychopathologischen Phänomene und somit auch die ganzen psychischen Symptomenkomplexe und damit die psychiatrischen Diagnosen nur auf der Grundlage von hypothetischen Einheiten und damit nur subjektiv gültig erkennen und diagnostisch bestimmen.

Es können daher in der Medizin die phänomenologischen Diagnosen und damit die syndromalen Diagnosen bzw. die Diagnosen von funktionellen Störungen ebenfalls nur durch derartige hypothetische Einheiten auf der Grundlage von definierten Konzepten subjektiv gültig erkannt und subjektiv gültig diagnostisch bestimmt werden.

In diesem Sinn kann man auch in der Psychotherapie viele Einheiten nicht als wirkliche Einheiten erkennen und bestimmen, sondern handelt es sich auch hierbei um hypothetische Einheiten, die als systematische Einheiten im Bewusstsein der erkennenden Person in der Form der Begriffe der Ideen erscheinen, wenn die erkennende Person einen gewissen Sachverhalt durch das Schema der Idee geistig auffasst (vgl. mit Kant Zitat 7).

Dies ist zum Beispiel der Fall wenn man vom Bewusstseins spricht oder vom Unbewussten oder von einem psychischen Komplex oder von sonst einem Begriff der Psyche.

Es wird damit deutlich, dass es sich bei diesen hypothetischen Einheiten, die sämtliche projektierte Einheiten sind auch um zweckmäßige Einheiten im Sinn von Immanuel Kant handelt, eben, weil sie nützlich sind und einen praktischen Zweck erfüllen. (vgl. mit Kant Zitat 2a)

So sind etwa in der Psychiatrie die Begriffe der Einheiten: Depression, ADHS, Organisches Psychosyndrom (OPS), Schizophrenie usf. und auch die diagnostischen Einheiten Autismus, Demenz, Psychose, Neurose solche zweckmäßige Einheiten, die durch die zu Grunde gelegten hypothetischen Einheiten erkannt werden.

Und es sind in der Psychologie z.B. die Einheiten Intelligenz, Verlässlichkeit, oder die Einheiten: Angst, Trauer, Freude usf. derartige hypothetische Einheiten die gleichzeitig auch zweckmäßige Einheiten sind.

Hypothetische Einheiten in anderen Bereichen:

In der Rechtssprechung und daher auch im Gutachterwesen kennt man etwa im Strafrecht und somit in der psychiatrischen Forensik die hypothetischen Einheiten: Diskretionsfähigkeit, Dispositionsfähigkeit auf deren Grundlage der Begriff Schuldfähigkeit definiert ist.

Im Privatrecht kennt man den Begriff der Testierfähigkeit, der Geschäftsfähigkeit, weiters den Begriff der verminderten Erwerbsfähigkeit, der Arbeitsfähigkeit, der Berufsfähigkeit und in gleicher Weise auch die Begriffe der Arbeitsunfähigkeit, der Berufsunfähigkeit usf., die jeweils bei der Erstattung von gewissen psychiatrischen Gutachten von Bedeutung sind.

Bei all diesen Einheiten handelt es sich um hypothetische Einheiten, die als nur problematisch zum Grund gelegte Einheiten (vgl. mit Kant Zitat 8) gedacht und von der Person unter dem Begriff einer Idee sich vorgestellt werden.

Auch in der theoretischen Physik kennt man hypothetische Einheiten, die unter Umständen später durch Experimente auf wirkliche Einheiten zurückgeführt werden können, wohingegen andere hypothetische Einheiten weiterhin nur Konzepte bzw. weiterhin nur geistige Konstrukte sind.

In der Astronomie kennt man z.B. den Begriff des Urknalls der eine hypothetische Einheit ist, wenn gleich vieles dafür spricht, dass es so etwas wie einen Urknall wirklich geben hat.

Schließlich kennt man auch in der Theologie bzw. in den Religionswissenschaften hypothetische Einheiten und hat daher Immanuel Kant aufgezeigt, dass die theologischen Ideen transzendentale Ideen bzw. bloße Ideen sind (vgl. mit Kant Zitat 8a)

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(letzte Änderung 27.05.2020, abgelegt unter Einheit, philosophische Begriffe, Philosophie, Definition, Medizin, Psychiatrie, Diagnostik)

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