Einheitspsychose

Die Einheitspsychose ist die Psychose von der man denkt, dass sie die Grundform aller Psychosen ist.

Der Begriff der Einheitspsychose entstand in der Psychiatrie, weil ein Teil der Psychiater davon ausgegangen ist, dass es eine psychische Krankheitseinheit im Sinne einer natürlichen Krankheitseinheit gibt, aus der heraus sich die verschiedenen Formen von Psychosen entwickeln. Es handelt sich dabei um ein psychiatrisches Konzept das die Entstehung sämtlicher schweren psychischen Störungen aus einer Grundform erklärt.

Tatsächlich macht es in der Psychiatrie wenig Sinn sich den Kopf zu zerbrechen, ob es tatsächlich eine Einheitspsychose gibt, wenn man sich dessen bewusst ist, dass die unterschiedlichen psychischen Störungen nur auf der „Ebene der Ideen“ durch den jeweiligen Begriff der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) erkannt werden können.

Man kann in der Psychiatrie die jeweilige diagnostische Einheit im konkreten Fall nämlich nur auf der „Ebene der Ideen“ – somit nur auf der Ebene der Vorstellungen – als Gegenstand in der Idee – oder nur als die systematische Einheit der Idee erkennen (vgl. mit Kant Zitat 7), weil auf dieser Ebene der psychische Symptomenkomplex als der Begriff der Idee als abgegrenzte Einheit im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint (griechisch: phenomenon – das was erscheint, das Erscheinende) (vgl. mit Kant Zitat 7).

Tatsächlich handelt es sich in der Psychiatrie um charakteristische psychische Symptomenkomplexe, die auf der Ebene der Vorstellungen bzw. auf der Ebene der Ideen als systematische Einheiten im Bewusstsein der erkennenden Person erscheinen. Eine solche systematische Einheit erscheint im Bewusstsein der erkennenden Person in der Form des Begriffs der Idee, wenn diese Person die charakteristischen Merkmale der Idee bzw. die der systematischen Einheit durch das Schema der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) geistig auffasst.

Damit erkennt man, dass es sich in der Psychiatrie und somit in der Psychiatrischen Diagnostik und damit auch in einer psychiatrischen Klassifikation und daher auch in der psychiatrischen Systematik um systematische Einheiten im Sinne von Immanuel Kant handelt, die jeweils im Bewusstsein der erkennenden Fachperson als die Begriffe der Ideen als abgegrenzte Einheiten erscheinen (vgl. mit Kant Zitat 7).

Man denkt sich also als Psychiater / Psychiaterin unter Umständen, dass es eine solche „abgegrenzte Einheit“ tatsächlich gibt, die die Ursache aller psychischen Störungen vom Schweregrad einer Psychose ist.

Ebenso kann man sagen: es gibt eine Einheitspsychose, oder man kann mit derselben Berechtigung auch sagen: es gibt keine Einheitspsychose – in der Realität der „physischen“ Objekte bzw. in der Realität der „physischen“ Realität der biologischen Prozesse etwa in Form der neuronalen Funktion oder auf der Ebene der Biochemie bzw. auf der Ebene der biochemischen Prozesse des Nervensystems gibt es keine natürliche Krankheitseinheit im Sinne einer „physisch“ scharf abgegrenzten und daher physisch nachweisbaren Natureinheit, die man als faktische Einheit nachweisen kann (etwa mit der Methode der Funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) oder mit sonst einer physischen Methode der Funktionellen Bildgebung oder mit einer biochemischen Methode), weil man diese Einheit als diagnostische Einheit in der Klinik und damit in der psychiatrischen Praxis, in der psychiatrischen Forschung und auch in der psychiatrischen Wissenschaft in der Diagnostik immer nur auf der „Ebene der Ideen“ in der Form des Begriffs der Idee erkennen kann.

Wie man sich überzeugt gibt es also diese „abgegrenzte Einheit“ im Sinne einer Natureinheit nur auf der Ebene der Vorstellungen bzw. nur auf der Ebene der Ideen als den per Definition begrenzten Begriff der Idee der als systematische Einheit (der Idee) im Bewusstsein der erkennenden Person als Gegenstand in der Idee erscheint (vgl. mit Kant Zitat 7).

Daher kann man in der Physiologie und somit in der Biologie und damit auch in der Naturwissenschaft mit biologischen Methoden bzw. auf der Ebene der physis (= Natur) somit auf der Ebene der natürlichen Prozesse in der Forschung niemals „abgegrenzte Einheiten“ finden und deren Existenz in der Psychiatrie in der psychiatrischen Wissenschaft physisch (biologisch, physiologisch, pathophysiologisch, bildgebend usf.) beim Auftreten einer Psychose – oder auch sonst – beweisen. Mit anderen Worten: ein physischer Beweis für die Existenz einer solchen physischen Einheit wird in der Psychiatrie niemals gelingen, eben, weil es keine solche faktische Einheit gibt und eine psychiatrische Einheit immer eine systematische Einheit ist.

Tatsächlich handelt es sich bei einer solchen Einheit um ein Konzept, das auf der Ebene der Vorstellungen im Bewusstsein einer Person als systematische Einheit erscheint (griechisch: phenomenon – das was erscheint, das Erscheinende). Die Einheit als solche erscheint also in Folge des menschlichen Denkens als das Ergebnis des mentalen Prozesses im Bewusstsein der erkennenden Person.

Auf der Ebene der „physischen“ Objekte bzw. auf der Ebene der „physischen“ Prozesse, also auf der Ebene der neuronalen Prozesse, wie man sie durch die funktionelle Bildgebung abbilden kann, gibt es keine abgegrenzten Einheiten, die man „physisch“ als abgegrenzte Einheiten finden und bestimmen kann. Auf dieser Ebene gehen die neuronalen Prozesse bzw. die neuronalen Funktionszustände im Grenzbereich zwischen der Normalität und der pathologischen Funktion und zwischen den einzelnen Formen der psychischen Störungen, die zueinander in der Diagnostik benachbart sind tatsächlich ineinander über – wie dies im Prinzip schon Wilhelm Griesinger richtig bezüglich der psychischen Anomalie erkannt hat (vgl. mit Griesinger Zitat).

Man täuscht sich also wenn man glaubt, dass es in der Psychiatrie auf der Ebene der „physischen“ Objekte abgegrenzte Einheiten gibt, die man auf dieser Ebene „physisch“ – etwa durch die Methode der funktionellen Bildgebung allgemein gültig bestimmen kann.

Abgegrenzte Einheiten gibt es nur auf der „Ebene der Ideen“ infolge der menschlichen Kommunikation durch Begriffe bzw. durch Worte und daher diese Einheiten für unsals abgegrenzte Einheiten erscheinen.

Die Einheitspsychose „existiert“ also nur im Bewusstsein derjenigen Psychiater die sich diesen Begriff gemacht bzw. diese Idee sich vorgestellt und damit definiert haben.

Es handelt sich hierbei also um eine nur problematisch zum Grund gelegte Einheit (vgl. mit Kant Zitat 8).

Man kann auch sagen: es handelt sich hierbei um eine virtuelle Einheit bzw. um eine hypothetische Einheit. Oder man kann auch sagen: es handelt sich bei der Einheitspsychose um eine projektierte Einheit.

Schließlich kann man auch sagen, dass der Begriff der Einheitspsychose eine zweckmäßige Einheit im Sinne von Immanuel Kant ist, eben, weil man sich unter diesem Begriff die Ursache der verschiedenen Formen einer Psychose vorstellen und damit denken kann.

In diesem Sinn sind auch sämtliche anderen psychiatrischen Diagnosen und so auch die psychiatrischen Diagnosen und damit die psychiatrischen Kategorien der Psychiatrischen ICD-10 Klassifikation oder der DSM-V Klassifikation die Kategorien von zweckmäßige Einheiten unter denen man sich gewisse Symptomenkomplexe vorstellen und als abgegrenzte Einheiten denken kann.

Solche Einheiten entstehen also durch das menschliche Denken. Auf diese Art und Weise hat z.B. Eugen Bleuler die Einheit Schizophrenie auf der Grundlage der zuvor in Verwendung befindlichen Einheit Dementia praecox geistig erkannt bzw. geistig entwickelt (vgl . mit Bleuler Zitat). Oder man kann in Anwendung der Sichtweise von Karl Jaspers sagen, dass Eugen Bleuler die Einheit Schizophrenie auf der Grundlage seiner klinischen Erfahrung und denkenden Anschauung erkannt hat (vgl. mit Jaspers Zitat).

Es hat sich also Emil Kraepelin getäuscht – wenn er geglaubt hat, dass man gewisse psychische Krankheiten, etwa die Einheit Dementia praecox alsbald „physisch“ wird allgemein gültig bestimmen können (vgl. mit Kraepelin Zitat 1).

Und es haben sich in dieser Hinsicht auch alle andere Psychiater getäuscht, also sie in der psychiatrischen Forschung und Wissenschaft mit naturwissenschaftlichen Methoden infolge des naturwissenschaftlichen Verständnisses (vgl. mit Kraepelin Zitat 2) solche scharf „abgegrenzte Einheiten“ auf der Ebene der „physischen“ Objekte bzw. auf der Ebene der „physischen“ Prozesse in der biologischen Psychiatrie gesucht haben – und zum Teil weiterhin in der Biologischen Psychiatrie und in der Neurowissenschaften noch suchen.

Vorhersehbar wird diese Suche auf der Grundlage des naturwissenschaftlichen Verständnisses mit naturwissenschaftlichen Methoden in der Psychiatrie (und auch in der Psychologie und Psychotherapie) vergeblich sein. (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)

Vorhersehbar wird auch in ferner Zukunft gelten, was Karl Jaspers erkannt hat (vgl. mit Jaspers Zitat), dass man psychische Störungen und damit psychiatrische Diagnosen nur auf der Grundlage von Ideen durch das Schema der Idee angenähert erkennen kann (vgl. mit Jaspers Zitat). Wohingegen ich das Ganze als Idee nicht geradezu erkennnen kann (vgl. mit Jaspers Zitat).

Es macht keinen Sinn eine Einheitspsychose zu definieren, auch deswegen nicht, weil man mit einer Einheitspsychose keine systematischen Untersuchungen anstellen kann.

Man kann nämlich nur – wenn man die Einheiten gemäß den unterschiedlichen Symptomenkomplexen unterscheidet systematische Untersuchungen vornehmen.

Nur wenn man gemäß dem differenten klinischen Erscheinungsbild die verschiedenen Einheiten unterscheidet – nur wenn man die Einheiten durch die Dialektik auf der Ebene der Vorstellungen bzw. auf der Ebene der Ideen unterscheidet – nur dann kann man diese systematisch studieren und in der psychiatrischen Wissenschaft systematisch untersuchen.

Damit kann man z.B. systematisch untersuchen welche Medikamente sich bei der diagnostischen Einheit vom Typ der Schizophrenie bewähren. Und konnte man auf der Grundlage dieser dialektischen Unterscheidung untersuchen und entdecken welche Medikamente bei einer psychischen Störung vom Typ der Schizophrenie oder vom Typ einer Depression wirksam sind.

Auf der Grundlage dieser Unterschiede der psychiatrischen Ideen infolge der unterschiedlichen psychischen Symptomenkomplexe hat man also in der Psychiatrie mit der Methode der Dialektik die unterschiedlichen diagnostischen Einheiten erkannt. Und es hat sich auf der Grundlage dieser bloßen Ideen die psychiatrische Wissenschaft und die psychiatrische Praxis entwickelt!

Man erkennt damit wie wichtig in der Psychiatrie generell und in der psychiatrischen Systematik insbesondere die Methodenbewusstheit ist, damit man nicht vergeblich nach Erkenntnissen sucht, die man niemals wegen des großen Unterschieds zwischen den Erkenntnisobjekten finden kann. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Würde man also auf diese dialetkische Unterscheidung bei den verschiedenen Psychosen durch die Einführung der Einheitspsychose verzichten, so gewinnt man dabei nichts, sondern man verliert damit nur die Möglichkeit zur symptomatologischen Differenzierung und damit verliert man die Möglichkeit zum systematischen Studium auf der Grundlage der unterschiedlichen Symptomenkomplexe.

Da die psychiatrische Systematik sich auf psychiatrische Ideen gründet, macht es also keinen Sinn eine diagnostische Einheit im Sinn einer „Einheitspsychose“ zu bilden, genauso wenig, wie es in der Psychiatrie Sinn macht von einer Differenzialdiagnose zu sprechen, wo doch eine psychiatrische Diagnose in keinem einzigen Fall auf der Grundlage von körperlichen Fakten verifiziert (oder falsifiziert) bzw. nicht objektiv gültig überprüft werden kann.

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(letzte Änderung 26.06.2021, abgelegt unter: Definition, Diagnostik, Klassifikation, Psychiatrie, Psychose, Systematik, Wissenschaft, psychiatrische Wissenschaft)

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