Die psychiatrische Systematik von Karl Jaspers

Die psychiatrische Systematik von Karl Jaspers gründet sich auf Ideen durch die die typischen psychopathologischen Phänomene der psychischen Störungen gemäß den (definierten) Schemata der Ideen in Bezug auf (definierte) Typen erfasst werden (vgl. mit Jaspers Zitat).

Man kann in der Psychiatrie nämlich die unterschiedlichen psychischen Störungen gemäß diesen (definierten) Typen in der psychiatrischen Diagnostik systematisch erfassen bzw. in der psychiatrischen Klassifikation systematisch klassifizieren, und sodann in der psychiatrischen Wissenschaft systematisch – also auf Basis dieses Systems bestehend aus systematischen Einheiten – gemäß dieser gegliederten Ordnung systematisch studieren.

Man kann daher auch sagen: dass die Diagnostik, die Klassifikation und die Systematik der Psychiatrie auf psychiatrischen Ideen beruht, durch die die unterschiedlichen Typen mithilfe der Schemata der Ideen bestimmt werden (vgl. mit Jaspers Zitat).

Demgemäß gründet sich die psychiatrische Systematik von Jaspers auf die Phänomenologie bzw. auf die Psychopathologie der psychischen Störungen, die auf Ideen im Kantischen Sinne (vgl. mit Jaspers Zitat 6) beruht.

Dabei hat Jaspers diesen Sachverhalt auf Basis der Philosophie von Immanuel Kant realisiert, und er hat in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ (ab der 4. Auflage) das Studium der Ideenlehre von Kant in der Kritik der reinen Vernunft und in der Kritik der Urteilskraft im Orginal empfohlen (vgl. mit Jaspers Zitat 14).

Im Gegensatz zu Jaspers, hat Emil Kraepelin geglaubt, dass gewisse psychische Krankheiten, etwa die Einheit Dementia praecox alsbald auf Grundlage von körperlichen Befunde im Sinn von objektiven Befunden wird allgemein gültig bestimmt werden können, so wie dies in der Medizin bei vielen körperlichen Krankheiten bereits zu seiner Zeit möglich war. (vgl. mit Kraepelin Zitat 1 und Kraepelin Zitat 2)

Karl Jaspers hat unter Verweis auf die Philosophie von Immanuel Kant (vgl. mit Jaspers Zitat 14) also aufgezeigt, dass psychische Phänomene unter Führung von Ideen nur auf Basis von Ideen, vermittelt durch die Schemata der Ideen in Bezug auf (definierte) Typen erkannt werden können (vgl. mit Jaspers Zitat) – und, dass daher eine Krankheitseinheit in der Psychiatrie niemals verwirklicht werden kann; womit er gemeint hat, dass man die psychische Störung bzw. die zugehörige psychiatrische Diagnose niemals objektivieren kann. (vgl. mit Jaspers Zitat 6)

Tatsächlich kann man den psychischen Symptomenkomplex und damit die zugehörige psychiatrische Diagnose und auch ein einzelnes psychisches Phänomen nicht auf ein Objekt/Faktum zurückführen und daher die Krankheitseinheit in der Psychiatrie nicht der „Ebene der Objekte“ respektive nicht aufgrund der Körperlichkeit bestimmen.

Dies hat zur Folge: man kann ein psychisches Phänomen nicht objektivieren. Oder mit nochmals anderen Worten: man kann ein psychisches Phänomen nicht auf ein körperliches Objekt zurückführen, und auf dieser Grundlage allgemein gültig bestimmen. (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)*

In dieser Hinsicht hat sich Emil Kraepelin also getäuscht, als er geglaubt hat, dass man in der Psychiatrie alsbald gewisse diagnostische Einheiten mit physischen Methoden wird allgemein gültig bestimmen können, und dass sich die Psychiatrie daher zu „einem kräftigen Zweig der medicinischen Wissenschaft fortentwickelt“. (vgl. mit  Kraepelin Zitat 2)

Tatsächlich ist es bis zum heutigen Tag in Forschung und Wissenschaft nicht gelungen ein psychisches Phänomen und auch nicht eine psychische Störung bzw. nicht die zugehörige psychiatrische Diagnose in der psychiatrischen Praxis oder in der psychiatrischen Wissenschaft physisch begründet zu bestimmen. Man konnte also in der Psychiatrie bis heute keine einzige psychische Störung objektivieren. Man kann in der Psychiatrie eine diagnostische Idee – die hier eine bloße Idee ist – nicht allgemein gültig bestimmen.  Es ist nämlich eine psychiatrische Idee – so wie eine psychologische Idee eine bloße Idee im Sinne von Immanuel Kant (vgl. mit Kant Zitat 4).

Vielmehr gründet sich in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) eine diagnostische Einheit auf ein physisch nicht überprüfbares Konzept das psychopathologisch begründet in der psychiatrischen Diagnostik bestimmt wird.

Daher kann ein psychiatrisches Konzept – nicht durch „physische“ Befunde bestimmt oder biologisch begründet validiert werden. Man kann in der Psychiatrie also nicht auf physischer Grundlage überprüfen, ob die in Erwägung gezogene psychiatrische Diagnose zutreffend ist, was hingegen in der Medizin bei vielen medizinischen Diagnosen möglich ist.

In der Medizin können in vielen Fällen die Verdachtsdiagnosen auf der „Ebene der Objekte“ bzw. auf der Ebene der körperlichen Befunde durch biologische Befunde oder durch sonstige faktische Befunde allgemein gültig bestimmt und dadurch allgemein gültig überprüft werden.

Dies ist in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) grundsätzlich nicht möglich – weil psychische Phänomene nur auf der „Ebene der Ideen“ durch bloße Ideen im Sinne von Immanuel Kant erkannt werden können. Man kann in der Psychiatrie, nach wie vor, eine psychische Störung nur mit der Hilfe eines psychiatrischen Konzepts erkennen, das auf den psychischen Sachverhalt angewandt bzw. projiziert wird.

Man kann in der Psychiatrie sich dem Ganzen als Idee durch das Schema der Idee nur nähern. Das Ganze als Idee kann ich nicht geradezu erkennen – wie Karl Jaspers treffend in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ schreibt. (vgl. mit Jaspers Zitat)

Tatsächlich werden in der Psychiatrie die psychiatrischen Diagnosen auf Grundlage der psychiatrischen Kategorien der psychiatrischen Klassifikation gestellt, wobei die (diagnostischen) Schemata der (diagnostischen) Ideen die Merkmale dieser Kategorien aufzeigen.

Man kann also in der Psychiatrie nicht –  so wie dies in der Medizin vielfach möglich ist – eine diagnostische Einheit auf Grundlage der Zugehörigkeit zu einer Gattung – auf der „Ebene der Objekte“ – objektiv und damit allgemein gültig bestimmen, sondern man kann in der Psychiatrie eine diagnostische Einheit nur in Bezug auf den (definierten) Typus – und daher nur auf der „Ebene der Ideen“ – subjektiv gültig erkennen und bestimmen – wie dies Jaspers realisiert hat. (vgl. mit Jaspers Zitat)

Wie man sich überzeugt hat Jaspers damit den Sachverhalt richtig erkannt, weil sowohl ein einzelnes psychisches Phänomen, wie auch der ganze psychische Symptomenkomplex der psychischen Störung und damit die psychiatrische Diagnose durch das Schema der Idee (vgl. mit Kant Zitat 7) nur in Bezug auf den (definierten) Typus (vgl. mit Jaspers Zitat) erkannt wird.

Es hat also Jaspers die Grundlage der psychiatrischen Diagnostik erkannt, und damit auch die der psychiatrischen Klassifikation und der psychiatrischen Systematik, die die Grundlage der psychiatrischen Praxis und der psychiatrischen Wissenschaft bilden.

Vorhersehbar wird dies auch in ferner Zukunft gültig sein. Vorhersehbar wird man in der Psychiatrie auch in ferner Zukunft auf Grundlage von psychiatrischen Konzepten nur subjektives Wissen und daher nur angenähertes Wissen (vgl. mit Jaspers Zitat) bzw. nur beschränktes Wissen erlangen.

Man wird in der Psychiatrie vorhersehbar also auch in ferner Zukunft psychische Störungen auf Grundlage von definierten psychiatrischen Ideen diagnostizieren, in dem man gewisse (bloße) Ideen bzw. deren Schemata auf psychisch auffällige Sachverhalte projiziert, und sodann subjektiv gültig als Fachperson entscheidet, ob etwa eine psychische Auffälligkeit im Sinn eines psychopathologischen Phänomens vorliegt, oder, ob ein normaler psychischer Befund besteht, oder ob ein ganzer psychischer Symptomenkomplex einer psychischen Störung vorliegend ist.

Vorhersehbar wird man in der Psychiatrie also die Subjektivität nicht überwinden können, und wird sich daher die psychiatrische Wissenschaft weiterhin vergeblich bemühen psychische Krankheiten bzw. psychische Störungen und damit gewisse psychiatrische Diagnosen zu objektivieren.

Es gibt nämlich den großen Unterschied zwischen den Erkenntnisobjekten (vgl. mit Kant Zitat 7) und es wird vorhersehbar wegen dieses großen Unterschieds in der  Erkenntnisbasis die Psychiatrie sich niemals zu einem kräftigen Zweig der medicinischen Wissenschaft fortentwickeln – wie Emil Kraepelin dies geglaubt hat (vgl. mit Kraepelin Zitat 2).

Vorhersehbar sind daher die Versuche zur Objektivierung von manch einer psychiatrischen Diagnose etwa mit einer Methode der funktionellen Bildgebung z. B. mit der Funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT), oder durch sonstige objektive Befunde  etwa solche der Genetik, oder durch sonstige Befunde einer „physischen“ Methode vergeblich. Durch derartige Befunde kann man manch eine psychische Störung biologisch begründet erklären, aber allgemein gültig bestimmen oder deren Validität dadurch biologisch begründet erhöhen, das ist wegen der Basis des psychiatrischen Wissens grundsätzlich nicht möglich (Weiteres dazu auf Poster 6) und in meinem Buch.*

Vorhersehbar wird die psychiatrische Systematik der Gegenwart – die auf Ideen im Kantischen Sinne (vgl. mit Jaspers Zitat 6) beruht – auch die Systematik der Psychiatrie der Zukunft sein – und es wird weiterhin gelten, dass man Psychisches unter den verschiedensten Gesichtspunkten auffassen, diagnostizieren und systematisch studieren kann, wie dies Karl Jaspers in seiner „Allgemeinen Psychopathologie“ aufgezeigt hat. (vgl. mit Jaspers Zitat 11)

Man wird also auch in ferner Zukunft, so wie seit jeher, psychische Erscheinungen und damit psychische Störungen, nur auf Grundlage von Ideen im Sinne von Immanuel Kant (vgl. mit Kant Zitat 7) erkennen können – wie dies Jaspers erkannt und aufgezeigt hat. (vgl. mit Jaspers Zitat)

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Hinweis:

Weiteres* zur Systematik in der Psychiatrie erläutert und diskutiert auf Basis der Philosophie von Immanuel Kant – und der „Allgemeinen Psychopathologie“ von Karl Jaspers – in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im Verlag tredition, April 2019.

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(letzte Änderung 06.06.2021, abgelegt unter Psychiatrie, Systematik, Wissenschaft, psychiatrische Wissenschaft)

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