Aspekt / Gesichtspunkt

Ein Aspekt ist eine Art des Sehens.

Es kann dies eine bestimmte Sichtweise sein.

Oder es kann dies eine Ansicht sein, unter der ein bestimmter Sachverhalt betrachtet bzw. gesehen wird.

Deswegen kann man auch sagen, dass ein Aspekt eine Betrachtungsweise ist.

Dabei kann dieses „Sehen“ ein visuelles Sehen/physisches Sehen sein.

Oder es ist dieses Sehen ein geistiges Sehen bzw. ein meta-physisches Sehen – respektive ein mentales Sehen.

Demgemäß muss man unterscheiden, ob sich das Sehen – respektive der Aspekt – auf das Sehen einer Tatsache/Objekt/Faktum bezieht also auf eine physische Sache bezieht oder auf das Sehen einer geistigen Sache – also auf das Sehen einer Idee, die im Bewusstsein der erkennenden Person als systematische Einheit bzw. als der Begriff der Idee erscheint, falls die Person die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasst (vgl. mit Kant Zitat 7).

In diesem Sinn bezieht sich der Aspekt entweder auf eine faktische Einheit – respektive auf ein Objekt/eine Tatsache/ein Faktum.

Oder er bezieht sich auf eine systematische Einheit , die als Idee bzw. als Vorstellung im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint, falls diese den Sachverhalt unter diesem Gesichtspunkt bzw. unter diesem Blickwinkel geistig auffasst.

 

 

Oftmals kann man den Sachverhalt unter verschiedenen Aspekten betrachten:

Oftmals kann man ein und denselben Sachverhalt unter verschiedenen Aspekten bzw. unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten und je nach dem kommt deswegen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Ein und derselbe Sachverhalt – führt falls man ihn unter unterschied  Aspekten betrachtet – zum Erkennen/Beurteilen/geistigen Sehen von unterschiedlichen Zusammenhängen.

Insbesondere in der Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie kann man Sachverhalte in vielen Fällen unter den verschiedensten Aspekten respektive Gesichtspunkten betrachten. Daher spricht Karl Jaspers in seinem Buch „Allgemeine Psychopathologie“ von den verschiedenen Gesichtpunkten einerseits und von den Tatsachen andererseits. (vgl. mit Jaspers Zitat 11)

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet handelt es sich bei einem Aspekt und damit auch bei einem Gesichtspunkt um eine Betrachtungsweise die durch eine Idee entsteht insofern durch den Begriff der Idee der Sachverhalt auf eine gewisse Art und Weise geistig aufgefasst und verstanden wird (vgl. mit Kant Zitat 7). Es ist dies also eine systematische Einheit durch die der Sachverhalt geistig aufgefasst und auf eine gewisse Art und Weise verstanden wird (vgl. mit Kant Zitat 7).

Im Gegensatz dazu ist ein Faktum eine Tatsache, also etwas das man nicht unterschiedlich auffassen kann (vgl. mit Kant Zitat 7). Ein Faktum bzw. eine Tatsache ist uns als einzelner Gegenstand schlechthin oder durch mehrere derartige Gegenstände zur Erkenntnis gegeben, wohingegen uns ein Aspekt bzw. ein Gesichtspunkt uns nur als Gegenstand in der Idee zur Erkenntnis gegeben ist. Es ist enorm wichtig, dass man diesen Unterschied beachtet und berücksichtigt.

Falls man in der Psychiatrie (Psychologie, Psychotherapie und in anderen Bereichen) diesen Unterschied im Wissen nicht beachtet und daher die erlangte Idee im Irrtum befangen wie eine fixe Sache, also wie eine Tatsache ansieht – also die erlangte Idee als etwas ansieht das unverrückbar gültig ist – oder wie es Immanuel Kant formuliert die Idee konstitutiv gebraucht (vgl. mit Kant Zitat 3a) – dann hat man die Idee grundsätzlich missverstanden. Dann führt diese falsche Sichtweise bzw. dieses falsche Verstehen zu diversen Problemen und Schwierigkeiten.

Man sieht dann, falls man einmal etwas erkannt hat, nichts Neues mehr – man ist dann mit dem Denken gleichsam fertig und damit erstarrt das eigene Denken und es kommt das eigene Nachdenken zum Stillstand. Man erkennt damit keine neuen Gesichtspunkte mehr- man erkennt dann keine neuen Aspekte – man überschätzt das eigene Wissen das man erlangt hat, ohne sich dessen bewusst zu sein – und nicht zuletzt gerät man in ewige Widersprüche und Streitigkeiten (Immanuel Kant) – oder wie es Karl Jaspers formuliert hat in Antinomien (vgl. mit Jaspers Zitat) – eben, weil man das eigene Wissen überschätzt. Vielmehr sollte man die eigene Idee nur relativistisch verwenden (vgl. mit Kant Zitat 4) weil sie nur relativ und nicht absolut gültig ist.

Man kann in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) nur relatives Wissen erlangen. Man kann in diesen Erkenntnisbereichen keine absoluten Erkenntnisse erlangen – dessen sollte man sich immer bewusst sein, weil das psychologische Wissen und das psychiatrische Wissen (und damit auch das Wissen in der Psychotherapie) auf bloßen Ideen beruht. Man kann auch sagen: dieses Wissen beruht auf Konzepten. Oder man kann auch sagen: es beruht dieses Wissen auf (physisch) nicht überprüfbaren Theorien.

Wenn man dieses Bewusstsein in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) nicht hat – dann überschätzt man das erlangte Wissen, dann ist man sich dessen nicht bewusst dass es sich dabei um subjektives Wissen handelt das beschränktes Wissen ist.

Es ist wie Karl Jaspers geschrieben hat, eine solches Schema ist der fruchtbarste Orientierungspunkt (vgl. mit Jaspers Zitat 6) – aber es ist eben nur ein fruchtbarer Orientierungspunkt – somit etwas nur Vorläufiges – etwas Beschränktes – etwas Relatives, nichts Absolutes. Nur wenn man die Sache so sieht – nur dann sieht man sie richtig. Man missversteht eine Idee wenn man sie für eine höher wertige Erkenntnis ansieht, die für Jedermann und jede Frau gültig sein soll. Die Relativität der Erkenntnis geht mit der Beschränktheit einher. Man kann nicht etwas absolut wissen und gleichzeitig auch dynamisch, flexibel die Sache sehen und ansehen wenn sie auf psychischen Erscheinungen beruht. Entweder ist etwas absolut gültig und es gilt die Sache dann für Jedermann und jede Frau – unabhängig von der persönlichen Sichtweise – oder sie ist eben nicht allgemein gültig und ist eben nur eine persönliche Sichtweise. Diese ist insbesondere in einem Grenzfall von Relevanz.

In der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) – und vielfach auch in der Medizin – vertritt man als Arzt bei einer Sache nur eine persönliche Meinung – also etwas was nicht unabhänigig von der Person gesehen wird. Dazu sollte man stehen. Dies sollte man in der Praxis und auch in der Wissenschaft akzeptieren wo dies zutrifft. In der Wissenschaft strebt man zwar nach allgemein gültigem Wissen – aber es liegt in der Natur der Sache begründet, dass man nicht in allen Bereichen allgemein gültiges Wisssen erlangen kann. Man kann in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) – und auch in Teilbereichen der Medizin nur beschränktes Wissen und damit nur relatives Wissen erlangen. Man kann vielfach nur Wissen mit Hilfe von Konzepten, mit Hilfe von projektierten Einheiten erlangen. Man erlangt also dieses Wissen auf der Grundlage von Ideen bzw. auf der Grundlage von Konzepten, die man auf den Sachverhalt projiziert hat. Man kann also vielfach kein Wissen auf der Ebene der Fakten erlangen, sondern nur ein Wissen auf der Ebene der Ideen – und deswegen ist das Wissen beschränkt (vgl. mit Kant Zitat 3a). Nur wenn man sich dieser Beschränktheit – dieser Relativität – dieser relativen Gültigkeit der Erkenntnisse bewusst ist – nur dann wird man sagen können, dass diese Person im Sinn der Aufklärung aufgeklärt ist. Wenn die Person glaubt ein allgemein gültiges Wissen zu vertreten – ist dies nicht der Fall – dann kann man nicht sagen, dass diese Person aufgeklärt ist – dann verfehlt die Person das bestmögliche Wissen. (vgl. mit Kant Zitat 2 und Kant Zitat 3) – dann verfehlt auch die Wissenschaft das bestmögliche Wissen wenn dies nicht beachtet wird. Dann gerät man fortlaufend in Widersprüche, dann erweckt man vielleicht zwar den Anschein das bestmögliche Wissen zu vertreten – tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall. Tatsächlich hat man dann das Ziel verfehlt. In diesem Sinn sollte man den Grad des Wissens immer kritisch reflektieren und  sich dessen bewusst sein, dass ein Aspekt nur ein Aspekt ist – womit man im eigenen Denken immer dynamisch und flexibel bleibt.

In der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) kann man daher die Sachverhalte unter den verschiedensten Aspekten auffassen und studieren (vgl. mit Jaspers Zitat 11 und Kant Zitat 10). Dabei führt eine jede Sichtweise zu einer relativen Erkenntnis.

Dessen sollte man sich in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) bewusst sein, dass man auf verschiedenen Wegen – mit verschiedenen Methoden an eine Sache herangehen kann – damit jedoch immer nur eine relative und damit beschränkte Erkenntnis erlangt.

Das heißt man sollte die psychiatrischen Ideen, so wie die psychologischen Ideen nur relativistisch verwenden (vgl. mit Kant Zitat 4) – auch die psychotherapeutischen Ideen sollte man nur relativistisch verwenden- dann verwendet man sie richtig. Wenn man eine solche Idee missversteht und sie als absolute Erkenntnis ansieht – dann hat man sich getäuscht – dann hat man die psychiatrische Idee missverstanden bzw. hat man dann die psychologische Idee, oder die psychotherapeutische Idee, oder die nur relativ gültige medizinische Idee missverstanden – dann hat man die Idee irrtümlich konstitutiv und damit falsch gebraucht. (vgl. mit Kant Zitat 3a)

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(letzte Änderung 13.03.2024, abgelegt unter: Philosophie, philosophische Begriffe, Relativität, Wissen)

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