Psychiatrische Begriffe stehen in Relation zueinander

Psychiatrische Begriffe stehen in Relationen zueinander und definieren sich dadurch gegenseitig.

In der Psychiatrie tätige Personen lernen diese Begriffe und das Begriffsverständnis somit die Begriffsinhalte und deren Relation zueinander im Laufe ihrer Ausbildung und klinischen Tätigkeit kennen. Damit ist es ihnen möglich klinische psychische Erscheinungen durch diese Begriffe zu erfassen bzw. aufzufassen. Daher können in der Psychiatrie klinisch ausgebildete Psychiater die verschiedenen psychischen Phänomene und die verschiedenen psychopathologischen Phänomene diagnostisch erfassen und in weiterer Folge auf dieser Grundlage die einzelnen psychischen Störungen und damit die verschiedenen psychiatrischen Diagnosen bestimmen.

Die subjektive Auffassung hängt also entscheidend vom Begriffsverständnis ab.

Die Geschichte der Psychiatrie lehrt, dass sich die Psychiatrie als Folge der jeweils neu geschaffenen Begriffe (Kategorien) weiter entwickelt hat. (->  vergl. mit dem Beitrag: Zur Geschichte des psychiatrischen Diagnostizierens)

Mit der Entwicklung der Psychiatrie haben sich auch diese Auffassungskategorien weiter entwickelt bzw. haben diese Begriffs- und Auffassungskategorien das  psychiatrische Verstehen und das psychiatrische Denken der einzelnen Fachpersonen bestimmt und damit die weitere Entwicklung und Entfaltung der Psychiatrie bestimmt.

Unsere Auffassung führt uns dazu, dass in unserem Bewusstsein die entsprechenden Begriffe erscheinen und in weiterer Folge ergeben sich aus diesen Begriffen weitere  Ideen.

In diesem Sinn entscheiden die Auffassungskategorien was geistig „gesehen“ wird und was geistig „nicht gesehen“ und daher erkannt oder nicht erkannt wird.

Das Erkennen und Diagnostizieren hängt also in der Psychiatrie entscheidend von den Ideen ab durch die Sachverhalte geistig aufgefasst werden. Es hängt damit das psychiatrische Diagnostizieren von den Sichtweisen ab, die auf die psychischen Auffälligkeiten projiziert werden.

Um beispielsweise eine schizophrene Störung bzw. eine Schizophrenie als solche zu erkennen, ist es erforderlich, dass die Person das Begriffsverständnis für die entsprechenden Termini – auf der Ebene der psychischen Symptome bzw. psychopathologischen Phänomene – hat, weiters  muss sie ein Begriffsverständnis von der psychiatrischen Kategorie „Schizophrenie“ haben. Es muss also die Kategorie, das Schema der psychiatrisch-diagnostischen Idee, um diese Störung unter dieser Einheit auffassen zu können der Person bekannt sein. Ferner muss die Fachperson auch entsprechend klinisch erfahren sein, sie muss also entsprechende Beispiele (ähnliche Fälle) kennengelernt haben um ihrerseits selbst solche Fälle als Krankheitsfälle zu erkennen und diagnostizieren zu können.

In der Regel kann eine Laienperson, beim Anblick einer Person mit einer ausgeprägteren psychischen Störung, erkennen, dass „etwas“ nicht stimmt – die Bestimmung der psychiatrischen Diagnose wird ihr in der Regel jedoch nicht möglich sein.

Als Folge der subjektiven Auffassung, welche durch das Begriffsverständnis, die Kenntnis der Ideen (Kategorien) und die persönliche klinische Vorerfahrung bestimmt ist, gelangt die einzelne Fachperson zur ihrer subjektiven psychiatrischen Erkenntnis und auf diesem Weg zur psychiatrischen Diagnose.

Aus der Diagnose ergeben sich allenfalls weitere Ideen, beispielsweise eine Einschätzung bezüglich der Prognose also eine Vorstellung in Bezug auf das was zukünftig eintreten kann, was voraussichtlich nicht eintreten wird; was machbar erscheint, was wohl nicht erreichbar sein wird usf.

In therapeutischer Hinsicht entstehen auf dieser Basis Therapiekonzepte, somit Vorstellungen was unternommen werden soll, was nicht unternommen werden soll, was vermieden, was nicht vermieden werden soll, was praktiziert und geübt werden soll, was möglich erscheint, was nicht möglich erscheint usf.

In diesem Sinn bedingen die vorangehenden „Begriffe“, das was aus diesen „Begriffen“ hervorgeht bzw. was diesen „Begriffen“ folgt und stehen daher die Begriffe in der Psychiatrie in entscheidender Relationen zueinander.

Da diese mentalen Erkenntnisse allesamt „bloße Ideen“ im Sinn von Immanuel Kant sind und diese nicht physisch bestimmbar sind und auch nicht physisch überprüft werden können – können sie nur kritisch in der Reflexion, also in der Vorstellung auf der Ebene der Ideen einer geistigen Prüfung unterzogen werden.

Die allgemeine Abhandlung dazu hat Immanuel Kant in der „Kritik der reinen Vernunft“ geschaffen.

Der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers hat auf der Grundlage der Philosophie von Immanuel Kant erkannt, dass die psychischen Erscheinungen auf der Grundlage von Ideen unter der Führung von Ideen in Bezug auf Typen erkannt werden (vgl. mit Jaspers Zitat).

Und wie man sich überzeugt hängen diese psychiatrischen Einheiten auf der Ebene der Ideen in Folge ihrer Definition voneinander ab bzw. definieren sie sich durch diese Definitionen gegenseitig und gründet sich das psychiatrischen Denken auf diese Relationen.

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(letzte Änderung am 2.3.2014, abgelegt unter Begriff, Diagnostik, Psychiatrie)

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