Ursache einer Diagnose – Erklärung einer Diagnose – Erkenntnisbasis

Die Ursache einer Diagnose in der Medizin wird oftmals verschieden erklärt. Man findet medizinische Diagnosen, die man in Folge einer körperlichen Ursache erklären kann, und andererseits auch medizinische Diagnosen, die man in Folge einer nicht- körperlichen Ursache erklären kann, etwa in Folge einer psychischen oder sonstigen Ursache.

In gleicher Weise findet man in der Psychiatrie psychiatrische Diagnosen, die man durch eine körperliche Ursache erklären kann (siehe dazu die Diagnosen der 1. Schicht der Schichtenregel von Karl Jaspers). Oder man kann eine psychiatrische Diagnose sowohl durch körperliche, wie auch durch psychische Ursachen, oder durch sonst eine Ursache erklären kann (siehe dazu die Diagnosen der 2. Schicht der Schichtenregel von Karl Jaspers). Oder man kann eine psychiatrische Diagnosen überwiegend nur durch psychische Gründe erklären, wie dies bei den psychiatrischen Diagnosen der 3. Schicht der Schichtenregel von Karl Jaspers der Fall ist.

Untersucht man auf welcher Erkenntnisbasis die Diagnosen in der Medizin und in der Psychiatrie festgestellt werden, so findet man, dass in der körperlichen Medizin die Diagnosen zum Teil auf der Grundlage von körperlichen Befunden, also auf der Grundlage von objektiv feststellbaren körperlichen Zeichen festgestellt werden können, und zum andern Teil medizinische Diagnosen nicht auf der Grundlage von solchen Zeichen festgestellt werden können, sondern diese nur auf der Grundlage von Symptomen und nicht objektivierbaren Phänomenen festgestellt werden können (z.B. die Schmerzsyndrome, wie Spannungskopfschmerzen, Fibromyalgie, Fatigue Syndrom u.a.) Diese medizinischen Diagnosen können nicht objektiv festgestellt werden, weil die charakteristischen Merkmale dieser gesundheitlichen Störungen nicht objektiv feststellbar sind. (Weiteres dazu im Beitrag medizinische Diagnose)

Bezüglich des Erkennens der psychiatrischen Diagnosen findet man, dass diese, so, wie die nicht objektivierbaren medizinischen Diagnosen, auf der Grundlage von Symptomen und nicht objektivierbaren Phänomenen, nämlich auf der Grundlage von psychischen Symptomen und psychischen Phänomenen festgestellt werden.

Vergleicht man nun die medizinischen Diagnosen mit den psychiatrischen Diagnosen bezüglich der Erklärung und bezüglich der diagnostischen Bestimmung, also bezüglich der Erkenntnisbasis auf deren Grundlage sie bestimmt werden, so findet man, dass manch eine psychiatrische Diagnose primär zwar körperlich, also physisch begründet erklärt wird – wie dies beispielsweise bei den exogen bedingten Psychosen der Fall ist (z.B. bei der Diagnose Demenz, ferner bei der Diagnose OPS wie es in Folge von verschiedenen Ursachen akut und chronisch auftritt usf.) und auch bei den endogenen Psychosen (Schizophrenie, Depression mit und ohne psychotische Symptome, Manie, schizoaffektive Psychose)

Bei all diesen psychischen Störungen vermutet man primär organische Ursachen durch die diese psychischen Störungen hervorgerufen werden. Diese Theorien sind in den biologischen Theorien in der biologischen Psychiatrie formuliert worden. Andererseits kann man die vorgenannten psychischen Störungen zum Teil auch psychologisch bzw. psychodynamisch, oder sonst wie erklären, ohne dass man jedoch im Einzelfall die eigentliche Ursache objektiv bestimmen kann. Man kann also weder eine psychologische Ursache, noch eine biologische Ursache im konkreten Fall im „hier und jetzt“ physisch überprüfen.

Analoges gilt auch für die nicht-objektivierbaren medizinischen Diagnosen, also für die nicht objektiv überprüfbaren funktionellen Diagnosen in der Medizin. Bezüglich solcher Diagnosen kann man die verschiedensten Ursachen als Erklärung für das Auftreten dieser gesundheitlichen Störungen vorbringen und vertreten, ohne dass man im einzelnen Fall die eigentliche Ursache oder die eigentlichen Ursachen objektiv bestimmen kann.

Philosophisch betrachtet findet man, dass es sich bei all diesen Erklärungen um regulative Prinzipien im Sinn von Immanuel Kant handelt. Man kann die gesundheitlichen Störungen durch solche Theorien nach der Analogie der Erfahrung erklären – aber objektiv diagnostisch bestimmen kann man sie nicht. (vgl. mit Kant Zitat 26)

Gegenwärtig forscht man zwar weiterhin in vielen Bereichen nach den körperlichen Ursachen der zuvor genannten, bisher nicht objektiv bestimmbaren gesundheitlichen Störungen – von der Migräne angefangen, über die Fibromyalgie bis zur Diagnose Schizophrenie, Demenz vom Typ Alzheimer, ADHS und andere mehr. Bisher hat man allerdings für keine dieser Diagnosen objektive Parameter bzw. objektive biologische Marker – etwa auf der Ebene der funktionellen Bildgebung mittels der Methode der funktionellen Magnetresonanztomograpie, oder mittels sonst einer Methode, etwa der Genetik, der Biochemie usf. finden können.

Der Grund warum man die eigentliche Ursache dieser gesundheitlichen Störungen bisher – und vorhersehbar und auch zukünftig – nicht finden und objektiv bestimmen kann – entdeckt man in der Erkenntnisbasis dieser Diagnosen.

All diese Diagnosen in der Medizin und auch die Diagnosen in der Psychiatrie werden auf der Grundlage von mentalen Erkenntnisobjekten – philosophisch gesprochen – auf der Grundlage von Gegenständen in der Idee und nicht auf der Grundlage von Gegenständen schlechthin erkannt.

Weil solche Erkenntnisse also nur auf der Ebene der Vorstellungen erlangt werden können – und diese nicht auf der Ebene der physischen Objekte überprüft werden können – kann man – wenn man so will im einen oder anderen Fall die gesundheitliche Störung zwar körperlich „physisch“ erklären, aber man kann sie nicht „physisch“diagnostisch objektiv bestimmen.

Mit anderen Worten diese gesundheitlichen Störungen können – wenn man so will primär „physisch“ erklärt werden, weil diese Erklärung auf der Ebene der Vorstellungen als primär wesentlich erscheint – also unter Umständen als wesentlicher erscheint als eine psychologische Erklärung. Letztlich kann man aber eine solche Idee nicht physisch überprüfen. Das heißt man kann eine solche Idee nicht objektivieren – weil es sich – philosophisch – betrachtet um eine bloße Idee handelt.

Diese Tatsache sollte man in der Praxis, in der Lehre und auch in der Wissenschaft in der Medizin und vor allem in der Psychiatrie berücksichtigen – weil sich aus der unterschiedlichen Erkenntnisbasis unterschiedliche Konsequenzen ergeben.

Das heißt man sollte sich der Erkenntnisbasis der jeweiligen Erkenntnisse bewusst sein, weil je nach Erkenntnisbasis daraus unterschiedliche Konsequenzen resultieren, die man sowohl in der Lehre, wie auch in der Praxis und auch in der jeweiligen Wissenschaft berücksichtigen sollte, weil man sonst in diverse Schwierigkeiten gerät. (vgl. mit Kant Zitat 2 und Kant Zitat 3)

Es gibt also einen grundlegenden Unterschied zwischen der Erklärung einer Diagnose und der diagnostischen Bestimmung einer Diagnose. Anders gesagt: es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen einer Ursache, die man als den Grund einer Störung erkennt bzw. erklärt, und dem Grund – also der  Erkenntnisbasis – auf deren Grundlage die gesundheitliche Störung diagnostisch bestimmt wird.

Nur weil man manch eine gesundheitliche Störung in der Psychiatrie, oder in der Medizin körperlich erklären kann, kann man sie damit noch nicht in jedem Fall körperlich objektiv bestimmen. Körperlich objektiv bestimmen kann nur die medizinischen Diagnosen, die auf der Grundlage von real existenten Objekten – also auf der Grundlage von Gegenständen schlechthin bestimmt werden können. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Man täuscht sich also wenn man diesen Unterschied nicht bedenkt, man missversteht die Ideen wenn man so denkt. Insofern sollte man in der biologischen Psychiatrie bedenken und berücksichtigen, dass man zwar manch eine psychische Störung „physisch“ erklären kann – aber „physisch“ objektiv bestimmen kann eine solche Störung nicht.

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Weiteres, insbesondere über die Konsequenzen, finden Sie im blog: Konsequenzen.

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(Beitrag in Arbeit, letztes update 5.8.2011, k-)

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