Schizophrenie – Folge einer Funktionsstörung im Gehirn

Man kann die psychische Störung, die man als Schizophrenie bezeichnet als Folge einer neuronalen Funktionsstörung im Gehirn verstehen. Auf der Grundlage einer biologischen Theorie kann man sich nämlich vorstellen, dass im Gehirn und daher im zentralen Nervensystems eine neuronale Funktionsstörung auftritt, die das klinische Erscheinungsbild der Schizophrenie hervorruft.

Als Arzt kann sich also vorstellen, dass bei dieser Form von psychischer Störung die neuronale Funktion auf eine gewisse Art und Weise gestört bzw. beeinträchtigt ist und dass als Folge davon die typischen psychopathologischen Phänomene etwa Halluzinationen, formale Denkstörungen, inhaltliche Denkstörungen bis hin zur Entwicklung eines Wahns bzw. einer Paranoia entstehen und letztlich ein Residualzustand auftritt.

Man kann sich auf diesem Weg vorstellen, dass die Funktion von einzelnen Nervenzellen gestört ist und dadurch bedingt auch das „Zusammen-Funktionieren“ des Nervenzellverbandes – oder von  wesentlichen Teilen des Nervenzellverbandes – also von neuronalen Netzwerken – auf eine typische Art und Weise gestört ist.

Somit kann man biologisch betrachtet sagen, dass bei der Schizophrenie die Funktion des Gehirns je nach Krankheitsstadium in seiner Funktion mehr oder weniger gestört ist und die typischen kognitiven Störungen und teils auch die typischen affektiven Störungen in mehr oder weniger starker Ausprägung auftreten, wie diese bei einem typischen klinischen Erscheinungsbild der Schizophrenie bekannt sind.

Durch diese Vorstellung kann man das Auftreten von Assoziationsstörungen, und in weiterer Folge das von Halluzinationen, erklären bzw. durch diese biologische Theorie verstehen.

Eine solche Funktionsstörung kann man biologisch betrachtet als Netzwerkstörung im Gehirn verstehen, insofern etwa bei der Halluzination eine abgekoppelte (abgespaltene) neuronale Funktion stattfindet, die von der betroffenen Person als nicht zu ihr gehörig erlebt wird.

Bei dieser Art von Störung kommt es also zum Auftreten von krankhaften neuronalen Mustern. Es treten in diesem Fall also abnorme neuronale Muster auf, wie sie bei normaler Funktion des Gehirns nicht vorkommen.

Man  macht in der psychiatrischen Praxis die Erfahrung, dass es bei psychischen Störungen dieser Art einerseits zum Auftreten von psychischen Symptomen und psychischen Phänomenen kommt, die primär durch eine quantitative Störung der neuronalen Funktion (z.B. erhöhte Erregbarkeit, erhöhte Ängstlichkeit u.a.) verstanden werden können und andererseits können Symptome und Phänomene auftreten, die nicht durch eine quantitative, sondern nur durch eine qualitative Störung erklärbar sind, und die daher nicht normal-psychologisch durch eine quantitative Störung verstanden werden können. Dazu zählen z.B. die halluzinativen Phänomene: das Stimmen hören, das Wahrnehmen von besonderen Gerüchen, halluzinative Körperwahrnehmungen, das Bilden von ungewohnten Begriffen (Neologismen) usf., das Gefühl des Beeinflusstwerdens, das Gefühl der Auflösung der Ich-Grenzen, das paranoide Erleben und andere Störungen, die sich auf den Realitätsbezug und die Realitätswahrnehmung auswirken. Diese psychopathologischen Phänomene können durch abnorme, krankhafte neuronale Muster erklärt werden, die im zentralen Nervensystem auftreten.

Es handelt sich dabei also um einen krankheitswertigen psychischen Symptomenkomplex der das klinische Erscheinungsbild dominiert, ohne dass dieser normal-psychologisch verstanden und erklärt werden kann.

Man kann also das Auftreten derartiger psychopathologischer Phänomene besser durch eine Störung in der Funktion des neuronalen Netzwerkes erklären als durch eine Störung auf der Ebene der einzelnen Nervenzelle (etwa durch eine Störung an den Rezeptoren).

Diese Vorstellung geht konform mit der klinischen Erfahrung, dass man diese psychopathologischen Phänomene durch Neuroleptika nicht wirklich oder nur beschränkt und indirekt beeinflussen kann. Man kann offensichtlich durch die Blockade von gewissen Rezeptoren die vorgenannten psychopathologischen Phänomene zwar mildern aber nicht wirklich effektiv im Grundsätzlichen beeinflussen.

Man macht im Rahmen der Behandlung von psychotischen Störungen vom Typ der paranoiden Schizophrenie die Erfahrung, dass gewisse psychische Symptome durch die Therapie mit Neuroleptika besser beeinflusst werden können als andere. Die zuerst genannten Symptome, wie die Ängstlichkeit, die Verunsicherung, die Gereiztheit, bis hin zur Erregtheit usf. kann man bekanntlich durch Neuroleptika tatsächlich relativ erfolgreich behandeln, wohingegen andere psychische Symptome und psychische Phänomene, wie z.B. die Halluzinationen, oder die Störungen im Realitätsbezug durch solche Mittel nur relativ schlecht oder gar nicht beeinflusst werden können. Dies ist offenbar so, weil diese Medikamente nur indirekt in einem gewissen Umfang die genannten psychischen Phänomene beeinflussen. Mit anderen Worten: die Neuroleptika können nur sehr beschränkt eine qualitative Verbesserung der neuronalen Funktion bewirken. Dies wird verstehbar und erklärbar, wenn man davon ausgeht, dass die genannten Symptome und Phänomene als Folge von abnormen, krankhaften neuronalen Mustern aufgetreten sind, wie sie offensichtlich bei derartigen psychischen Störungen zum Teil spontan und / oder durch gewisse Auslöser in Gang gesetzt auftreten und phasenweise, oder in manchen Fällen auch über lange Zeit persistieren.

Im Rahmen der Behandlung von psychotischen Störungen vom Typ einer Schizophrenie macht man also die Erfahrung, dass gerade durch die sedierende Behandlung die erst genannten Symptome gut beeinflusst – sprich gut behandelt werden können, wohingegen die zweit genannten Symptome und Phänomene  weniger gut und fallweise fast gar nicht  behandelbar sind, sondern muss man hier warten bis diese klinischen Erscheinungen im günstigen Fall spontan verschwinden. Man muss also warten und hoffen, dass die Natur die Sache wieder „einrenkt“- wobei die Neuroleptika hierbei sich allerdings positiv auswirken, wenn es dadurch zu einer allgemeinen Beruhigung des Nervensystems und zu einer Reduktion der produktiven Symptomatik kommt. Man hat hier also manchmal den Eindruck, dass psychotische Störungen von dieser Art spontan verschwinden und dass das Nervensystem wieder in seinen normalen Funktionszustand zurückfindet, wenn eine gewisse nicht näher bekannte Störung verschwindet bzw. die normale Funktion wieder die Oberhand gewinnt.

Bezüglich des Auftretens derartiger psychotischer Störungen macht man die Erfahrung, dass solche psychische Störungen oftmals im jungen Erwachsenenalter spontan auftreten, wobei allerdings eine gewisse erhöhte psychische Empfindsamkeit, also eine gewisse erhöhte psychische Irritierbarkeit und Labilität und damit eine erhöhte Störbarkeit im Sinn einer erhöhten psychischen Vulnerabilität bei diesen Personen schon vielfach früher bemerkbar war, und man sich daher veranlasst sieht, in diesen Fällen eine gewisse Disposition zur Entwicklung von derartigen Störungen anzunehmen.

Man kennt also einerseits die Fälle bei denen derartige psychische Störungen spontan – also ohne erkennbare Ursache auftreten – und andererseits die Fälle bei denen eine fassbare Ursache bzw. ein relevanter disponierender Faktor etwa der Konsum einer gewissen Droge (Cannabis, LSD, psychotrope Pilze usf.) feststellbar ist.

Es liegt auf der Hand, dass zu psychotischen Störungen disponierte Personen  unter Einwirkung von Drogen besonders schnell in massive Psychosen geraten, wohingegen andere Personen, die in dieser Hinsicht nicht so störanfällig sind – bei denen man sagen kann, dass ihre neuronale Netzwerke und Funktionen stabiler sind – und sie daher weniger irritierbar und störbar sind – es nicht so schnell zum Auftreten einer solchen psychischen Störung kommt.

Dies kann man durch die familiäre Häufung und durch die genetischen Forschungen in den Grundlagenfächern der Psychiatrie und in der psychiatrischen Wissenschaft als bestätigt ansehen.

Die klinische Erfahrung lehrt also, dass bei gewissen Individuen derartige neuronale Funktionsstörungen leichter auftreten. Es ist dies eigentlich nichts Überraschendes, insofern in der gesamten Medizin zu beobachten ist, dass Menschen im Hinblick auf die Entwicklung von gewissen gesundheitlichen Störungen (Krankheiten) unterschiedlich disponiert sind und daher die eine oder andere Art von gesundheitlicher Störung beim einzelnen Individuum gemäß seiner Eigenheit – man kann auch sagen gemäß seiner genetischen Anlage – also in Folge der Gene – sich besonders leicht und damit schnell entwickelt.

Es kommt also bei gewissen Personen besonders leicht dazu, dass sich solche psychische Störungen entwickeln und es treten in manchen Fällen daher sogar spontan – also ohne erkennbare Ursache psychische Störungen vom Typ der Schizophrenie auf falls das Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren im Sinn einer komplexen Ursache eine gewisse Schwelle bzw. einen individuellen Schwellenwert überschreitet.

Verstehbar ist je nach der Art und Weise der psychischen Symptomatik bzw. je nach dem Typ der psychischen Störung ein unterschiedlicher Verlauf zu beobachten.

In vielen Fällen kommt es nach dem Abklingen der akuten Störung zur gänzlichen Remission, also zur gänzlichen Normalisierung der psychischen Funktionen. In anderen Fällen kommt es zu einer weitgehenden Rückbildung der Symptomatik und in einem Teil der Fälle persistieren die Symptome und Phänomene auf eine bestimmte Art und Weise, und spricht man in diesen Fällen von einem Residuum bzw. von einem Residualzustand.

Damit wird erklärbar warum man auch von einer krankheitsbedingten Persönlichkeitsveränderung bzw. einer krankheitsbedingten Wesensänderung in gewissen Fällen sprechen kann, wie sie als Folge einer derartigen psychischen Störung auftritt. Man hat Anlass davon auszugehen, dass in diesen Fällen eine „Einrenkung“ in die normale neuronale Funktion – wie sie vorher bestanden haben – nicht mehr eingetreten ist und daher die vorgenannten psychischen Veränderungen bzw. psychischen Symptome und psychischen Phänomene in mehr oder weniger starker Ausprägung in der Form eines Residualzustandes als Folge der Veränderungen im Sinn der hier pathologischen Neuroplastizität persistieren.

Auch lehrt die Erfahrung, dass das wiederholte Auftreten von psychotischen Störungen dieser Art – man spricht auch von psychotischen Schüben – zu einer vermehrten Defektbildung führt – und ist auch dies im Vergleich zu anderen gesundheitlichen Störungen nicht überraschend – weil man auch dort sieht, wie  z.B. bei der Epilepsie das wiederholte Auftreten von Anfällen entsprechende Folgen im Sinne einer Persönlichkeitsveränderung bzw. Wesensänderung und die Tendenz leichter Anfälle zu entwickeln zur Folge hat. Bekanntlich spricht man dort explizit von einer epileptischen Wesensänderung, die als Folge des Anfallsleidens eingetreten ist. Analoge Entwicklungen sind auch nach schizophren psychotischen Schüben zu beobachten, insbesondere wenn diese wiederholt aufgetreten sind und / oder nur eine beschränkte Remission nach den einzelnen Schüben eingetreten ist.

Bezüglich der Behandlung kann man also sagen, dass gewisse psychische Symptome und psychische Phänomene durch die Neuroleptika-Therapie günstig beeinflusst werden können und andere nur wenig bis kaum beeinflussbar sind und hierbei offenbar die spontane natürlich inhärente Normalisierungsfähigkeit entscheidend ist, ob eine gänzliche, teilweise oder nur beschränkte Heilung stattfindet. Bis zu einem gewissen Grad werden natürlich auch andere Faktoren und Randumstände, das Milieu usw. für die Remission bzw. den Grad der Remission beeinflussen.

Man kann also sagen, dass in nervlicher Hinsicht „robuste“ Personen eine durch Drogen induzierte Psychose gut überstehen und wieder unversehrt herauszukommen – in dem Sinn, dass sich, nach dem Abbau und der Ausscheidung der Substanz sich die neuronalen Funktion spontan normalisiert, wohingegen andere Personen je nach Störanfälligkeit ihres Nervensystems keine so gute Heilungstendenz zeigen und es bei ihnen daher bevorzugt zu einer Defektbildung im Sinn eines Residualzustandes und in manchen Fällen sogar zu einer persistierenden paranoiden Psychose kommt.

Obwohl das Nervensystem – so wie alle anderen Systeme des Organismus – offensichtlich zur Heilung, sprich zur Normalisierung der Funktion geneigt ist – sollte man das System nicht überstrapazieren und kann daher Jedermann und jeder Frau geraten werden nicht durch Drogenkonsum die „Probe aufs Exempel“ zu machen.

So wie man auch nicht probeweise die Bänder am Kniegelenk unter maximale Belastung bringen soll um auszuloten, ob sie zerreißen oder diese Belastung noch ertragen können, sollte man auch das eigene Nervensystem nicht durch solche „Experimente“ strapazieren und diese gesundheitlichen Risken eingehen. Man sollte also das eigene Nervensystem in dieser Hinsicht nicht durch leichtsinnigen Drogenkonsum gefährden, weil das Risiko einen bleibenden Schaden zu erleiden erheblich ist.

Jemand der in der Psychiatrie gesehen hat was dabei herauskommt bzw. herauskommen kann wird niemandem leichtfertig raten sich in dieser Hinsicht durch das Experimentieren mit Mitteln zu „testen“ um irgendwelche sensationellen Erfahrungen zu machen – weil damit das nicht unerhebliche Risiko verbunden ist dadurch einen bleibenden Schaden zu erleiden..

Man sollte bedenken, dass die Möglichkeiten zur Behandlung (Therapie) – so wie auch in anderen Bereichen der Heilkunde – auch in diesem Bereich beschränkt sind – und sollte man dies im Sinn der Bewahrung der eigenen Gesundheit berücksichtigen. Besonders sollte man sich nicht durch die Tatsache verleiten lassen, dass der Umstand dass eine durch Rausmittel (Drogen) induzierte Verrücktheit nicht „weh“ tut (wie dies z.B. beim der Bänderverletzung an einem Gelenk der Fall ist) sich nicht verleiten lassen daher leichtsinnig dem eigenen Gehirn diesen „Stress-Test“ im Sinn eines Funktionstests anzutun.

Das Nervensystem reagiert nämlich nicht mit körperlichen Schmerzen – zeigt aber auf seine Art und Weise die Störung und Schädigung der Funktion, die in gewissen Fällen tatsächlich mehr oder weniger irreversibel sein kann und nicht selten de facto irreversibel ist.

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(letzte Änderung 02.06.2020, abgelegt unter: Funktionsstörung, Schizophrenie, Psychose, Psychiatrie)

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