psychiatrische Diagnose – medizinische Diagnose – der Unterschied

Eine psychiatrische Diagnose ist etwas ganz anderes als eine objektiv bestimmbare medizinische Diagnose.

Eine psychiatrische Diagnose gründet sich auf eine Idee. Im Gegensatz dazu gründet sich eine objektiv bestimmbare medizinische Diagnose auf ein Objekt bzw. auf Fakten (vgl. mit Kant Zitat 7).

Daher ist eine psychiatrische Diagnose nur subjektiv gültig, wohingegen eine auf Fakten begründete medizinische Diagnose objektiv gültig und damit allgemein gültig ist (vgl. mit Kant Zitat 7).

Es gründet sich also eine psychiatrische Diagnose auf subjektive Befunde, wohingegen eine allgemein gültig bestimmbare medizinische Diagnose sich auf objektive Befunde (vgl. mit Kant Zitat 7) gründet.

Eine nicht objektivierbare medizinische Diagnose – ist – so wie eine psychiatrische Diagnose – eine Diagnose, die auf der Grundlage einer Idee erkannt und bestimmt wird. Es gründet sich somit eine solche Diagnose auf eine systematische Einheit. Diese systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7) wird durch die Symptome und durch die nicht objektivierbaren Phänomene erkannt, die einen gewissen Symptomenkomplex bilden.

Symptome und nicht objektivierbare Phänomene sind Erkenntnisobjekte, die in der Form des Begriffs der Idee im Bewusstsein der erkennenden Person als systematische Einheit erscheinen, wenn diese die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasst (vgl. mit Kant Zitat 7).

Solche Merkmale kann man daher nicht allgemein gültig bzw. nicht objektiv gültig, sondern nur subjektiv gültig bestimmen. Im Gegensatz dazu kann man viele körperliche Befunde, die „physischer“ Natur sind objektiv gültig und damit allgemein gültig bestimmen. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Es gibt also einen großen Unterschied zwischen einer psychiatrischen Diagnose und einer objektiv bestimmbaren medizinischen Diagnose.

Eine psychiatrische Diagnose kann man grundsätzlich nicht objektivieren. In der Medizin kann man jedoch viele medizinischen Diagnosen, weil sie sich auf objektiv bestimmbare Merkmale gründen objektivieren.

Man täuscht sich also wenn man glaubt, dass man eine psychiatrische Diagnose allgemein gültig bestimmen kann.

So täuscht man sich etwa wenn man glaubt dass man bei einer psychischen Störung vom Typ einer Schizophrenie eine „physisch“ abgegrenzte Einheit auf der Ebene der Körperlichkeit finden kann. Daher konnte man etwa mit der Methode der  Funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) keine bildgebenden Befunde  bekommen/erheben/feststellen, durch die man die zuvor phänomenologisch bzw. psychopathologisch festgestellte psychiatrische Diagnose objektivieren kann. Auch mit anderen Methoden der Systemischen Neurowissenschaften konnte man keine Kriterien finden durch die man eine psychiatrische Diagnose valide bzw. reliabel bestimmbar ist. Dies bedeutet dass man durch physische Methoden die Reliabilität und die Validität von psychiatrischen Diagnosen nicht erhöhen kann, sondern dass diese biologischen Befunde Zusatzbefunde sind. Man kann also durch derartige Befunde, die man mit physischen Methoden gewonnen hat, das Auftreten der psychischen Störung unter Umständen biologisch begründet erklären und damit besser (biologisch begründet) verstehen, aber bestimmen kann man sie dadurch nicht.

Der Begriff der psychiatrischen Diagnose ist nämlich der Begriff einer bloßen Idee die als systematische Einheit und daher als abgegrenzte Einheit im Bewusstsein des Psychiaters/Wissenschaftlers erscheint – falls er die charakteristischen Merkmale der (bloßen) Idee durch das Schema der Idee geistig auffasst. (vgl. mit Kant Zitat 7 und Kant Zitat 8).

Daher kann man eine solche diagnostische Einheit nicht „physisch“ begründet bzw. nicht allgemein gültig bestimmen.

Man erkennt damit, dass eine nicht objektivierbare Diagnose grundsätzlich durch eine systematische Einheit im Sinn von Immanuel Kant erkannt wird. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Eine solche Einheit „existiert“ nur auf der Ebene der Vorstellungen als „abgegrenzte Einheit“. In der „physischen“ Realität, im gegenständlichen Fall auf der Ebene der neuronalen Funktion, gibt es keine scharf abgegrenzte „physische“ Einheit. Es gibt kein körperliches Pendant im Sinn einer wirklich abgegrenzten Einheit, das der mentalen definierten Einheit entspricht. Eine solche Einheit entsteht lediglich auf der „Ebene der Ideen“ als „abgegrenzte“ Einheit in Folge des menschlichen Denkens, weil man einen Symptomenkomplex nicht anders als durch den Begriff der Ideen erkennen bzw. denken kann. (vgl. mit Kant Zitat 8) (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)

Die Einheit auf der Ebene der Vorstellungen ist also lediglich eine projektierte Einheit bzw. eine zweckmäßige Einheit im Sinne von Immanuel Kant unter der – im Fall einer psychiatrischen Diagnose – die charakteristischen psychischen Symptome und psychischen Phänomene durch den Bezug auf diese Idee bzw. durch den Bezug auf das Schema dieser Idee aufgefasst werden (vgl. mit Kant Zitat 7).

Weil ein solcher Begriff nicht „physisch“ bestimmt werden kann – muss er – philosophisch gesprochen – „meta-physisch“ auf der Ebene der Vorstellungen definiert und damit per Konvention von anderen gleichartigen systematischen Einheiten abgegrenzt werden, damit mit man diese Einheit unter dem Begriff dieser Idee denken und erkennen kann.

Der Begriff einer jeden Einheit erscheint zwar immer im Bewusstsein einer Person. Im Fall einer objektivierbaren Diagnose bezieht sich der Begriff jedoch auf eine wirklich existente „physisch“ abgegrenzte Einheit, die physisch allgemein gültig bestimmt werden kann, wohingegen im Fall einer nicht-objektivierbaren Diagnose der Begriff der Einheit sich auf eine bloße Idee bezieht. Es ist also die Einheit einer nicht-objektivierbaren Diagnose eine nur problematisch zum Grunde gelegte Einheit , die als systematische Einheit im Bewusstsein der erkennenden Person erscheint. (vgl. mit Kant Zitat 8)

Daher ist der Begriff einer psychiatrischen Diagnose und auch der Begriff einer syndromalen Diagnose in der Medizin ein regulativer Begriff. Ein solcher Begriff „regelt“ durch die Definition die Relation  zu den benachbarten Symptomenkomplexen bzw. zu den benachbarten klinischen Erscheinungsbilder – und zwar gänzlich unabhängig von der Ursache des klinischen Erscheinungsbildes; und es bezieht sich eben ein solcher Begriff nicht auf eine real existente Einheit, die ihrerseits „physisch“ bestimmbar und gegenüber benachbarten Einheiten „physisch“ abgegrenzt ist.

Daher kann es auch sein, dass verschiedene Ursachen also verschiedene Ätiologien zu einem gleichartigen Symptomenkomplex führen. Man erkennt damit, dass eine solche diagnostische Einheit nicht auf der Grundlage der Ursache erkannt und diagnostisch bestimmt wird und bestimmbar ist, sondern nur auf der Grundlage der Phänomenologie und hier in der Psychiatrie auf der Grundlage der Psychopathologie., also auf der Grundlage der psychischen Anomalie – wie dies bereits Wilhelm Griesinger erkannt hat. (vgl. mit Griesinger Zitat)

Es gibt also einen großen Unterschied zwischen einer  psychiatrischen Idee auf der einen Seite und einer objektivierbaren medizinischen Idee, die auf ein Objekt zurückgeführt und auf dieser Grundlage allgemein gültig bestimmt werden kann. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Während man also in der Medizin viele Verdachtsdiagnosen auf der Ebene der Objekte überprüfen kann, weil sich diese Vorstellungen bzw. diese Ideen auf real existente Einheiten (etwa die Einheit: Herzinfarkt (= infarziertes Myocard), Pneumonie, Leukämie usf.) beziehen, kann man in der Psychiatrie generell und auch in der Medizin gewisse andere phänomenologische Einheiten nicht „physisch“ überprüfen. Dies ist nicht möglich, weil diese Einheiten bzw. diese phänomenologischen Diagnosen auf der Grundlage eines Konzepts erkannt werden.

Das bedeutet man kann eine solche Einheit nicht am Probierstein der Erfahrung prüfen (vgl. mit Kant Zitat 10). Eine solche Einheit ist zwar auf der Grundlage der Erfahrung – somit empirisch – erkannt und in die Diagnostik eingeführt worden und es hat sich unter Umständen eine solche Einheit hinreichend bewährt, die Objektivierung der Einheit auf der Ebene der Objekte ist jedoch nicht möglich.

Diesen Sachverhalt hat in der Psychiatrie der Psychiater und Philosoph Karl Jaspers erkannt. (vgl. mit Jaspers Zitat)

Daher sagt Karl Jaspers, dass man eine psychiatrische Diagnose nur in Bezug auf einen Typus bestimmen kann – und es erläutert Jaspers den Unterschied zwischen einem Typus und einer Gattung. (vgl. mit Jaspers Zitat)

In der Erkenntnisbasis findet sich also der tiefer liegende Grund warum man eine psychiatrische Idee, die eine bloße Idee im Sinn von Immanuel Kant ist, nicht objektiv gültig, sondern nur subjektiv gültig bestimmen kann.

Es handelt sich dabei also um eine Idee, die man nur auf der Ebene der Vorstellungen „überprüfen“ kann, und, die man daher mit einer anderen (bloßen) Idee vergleichen muss – um sodann auf der Ebene der Ideen subjektiv gültig zu entscheiden was im konkreten Fall zutreffend ist.

Man kann eine solche Idee nicht auf der Ebene der „physischen“ Objekte objektiv gültig überprüfen. Man kann eine solche Idee nicht am Probierstein der Erfahrung prüfen. (vgl. mit Kant Zitat 10)

Daher schreibt Karl Jaspers treffend, dass das Schema einer solchen Idee ein methodisches Hilfsmittel ist (vgl. mit Jaspers Zitat) –  durch das man sich dem Ganzen als Idee nur nähern kann. (vgl. mit Jaspers Zitat)

Man missversteht eine psychiatrische Idee grundsätzlich wenn man eine solche Idee als gleichartige Idee ansieht, wie eine Idee, die auf der Grundlage der Körperlichkeit allgemein gültig überprüft werden kann.

Daher gerät man in der psychiatrischen Praxis und in der psychiatrischen Wissenschaft in Widersprüche (Antinomien) (vgl. mit Jaspers Zitat), wenn man die psychiatrischen Erkenntnisse als gleichartige und damit als fixe Erkenntnisse wie objektiv bestimmbare Erkenntnisse in der Medizin ansieht ansieht.

In dieser Hinsicht hat sich der Psychiater Emil Kraepelin getäuscht als er geglaubt hat, dass die Psychiatrie auf der Grundlage des naturwissenschaftlichen Verständnisses sich zu einem kräftigen Zweige der medicinischen Wissenschaft fortentwickelt. (vgl. mit Kraepelin Zitat 2)

Man sollte also den Unterschied in der Erkenntnisbasis berücksichtigen.

Wenn man in der psychiatrischen Wissenschaft psychische Phänomene zählt und diese nach  den Methoden der Statistik verrechnet, dann sollte man sich dessen bewusst sein, dass man Erscheinungen zählt, die im Bewusstsein von Personen in der Form von Begriffen auf der Grundlage von subjektiver Evidenz erscheinen.

Man zählt also in der Psychiatrie – und auch in der Psychologie und Psychotherapie – keine körperlichen Objekte, die allgemein gültig bestimmt und allgemein gültig gezählt werden können. Man zählt in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) mentale Erkenntnisobjekte, die subjektiv gewiss im Bewusstsein der erkennenden Personen erscheinen, wenn diese Person die Erkenntnis mit der Hilfe einer Ideenlehre, also mit der Hilfe einer Konvention – philosophisch gesprochen – mit der Hilfe einer Dogmatik – erkannt hat. (vgl. mit Kant Zitat 10)

Daher kann man in der Psychiatrie die psychiatrischen Diagnosen gemäß verschiedenen psychiatrischen Klassifikationen erfassen.

Daher sind in der Psychiatrie zuerst in den verschiedenen Ländern verschiedene Klassifikationen entstanden.

Daher kann man in der Psychiatrie die krankheitswertigen psychischen Erscheinungen etwa nach der DSM-V Klassifikation erfassen, oder man kann sie nach der psychiatrischen ICD-10 Klassifikation erfassen, oder in Zukunft dann nach der DSM-VI Klassifikation, oder man kann sie nach anderen Kriterien erfassen – oder man kann sie grundsätzlich auch nach den Kriterien erfassen, die zur Zeit des Wilhelm Griesinger angewandt worden sind, oder nach den Kriterien, die zur Zeit des Emil Kraepelin angewandt worden sind, oder nach Kriterien die in einer anderen Zeit angewandt werden. Immer handelt es sich dabei um Schemata die grenzenlos  korrigierbar und verwandelbar sind. (vgl. mit Jaspers Zitat)

Daher kann man in der Psychiatrie beliebig viele Formen von psychischen Störungen kreieren – man kann psychische Krankheitseinheiten im Prinzip definieren wie es einem beliebt.

Man kann genau genommen fast jeden psychisch auffälligen Zustand als psychisch krank definieren!

Man kann eine neue Einheit definieren, wenn man glaubt, dass es sich bei einem Symptomenkomplex um eine neue Einheit handelt. Auf diese Art und Weise sind in der Psychiatrie die phänomenologisch definierten Einheiten entstanden – und auch in der Medizin sind auf diese Art und Weise die phänomenologisch definierten Einheiten entstanden.

Wenn man eine solche neue Einheit vorschlägt, dann ist die Frage nur, ob es Sinn macht eine solche neue Einheit zu definieren. Es sollte also gegenüber anderen – bereits früher definierten phänomenologischen Einheiten einen wesentlichen, neuen Aspekt geben der nützlich ist. Letztlich macht es also nur Sinn eine solche neue phänomenologische Einheit zu definieren, wenn sich daraus neue, nützliche Handlungsanleitungen in der Therapie ergeben. Oder man kann auch sagen: wenn sich aus dieser neuen Definition Konsequenzen ergeben, die von relevantem praktischem Nutzen sind – und die damit einen Zweck erfüllen (vgl. mit Kant Zitat 2) – dann macht es Sinn diese neue systematische Einheit in die psychiatrische Klassifikation einzuführen, weil es sich dann um eine zweckmäßige Einheit im Sinn von Immanuel Kant handelt (vgl. mit Kant Zitat 3a) . In diesem Sinn handelt es sich dann eben um eine neue systematische Einheit mit deren Hilfe ein gewisser neuer psychischer Symptomenkomplex erfasst werden kann – und dieser auf der Grundlage dieser definierten Einheit systematisch in der Wissenschaft studiert werden kann.

Andererseits ist es aber problematisch wenn immer neue diagnostische Einheiten auf diese Art und Weise in der Psychiatrie kreiert werden und damit jede Abweichung von der Norm als krank erklärt wird.

Weil man also in gewissen Bereichen der Heilkunde nur aus abgeleiteten Ideen, die bloße Ideen sind, fachliches Wissen erlangen kann sollte man sich gründlich überlegen, ob man eine solche „erklärte“ und definierte Einheit als nützliche neue diagnostische Einheit ansehen soll.

Es ist insbesondere problematisch wenn solche Einheiten definiert und in die praktische Diagnostik eingeführt werden, ohne dass man den großen Unterschied in der Grundlage der Erkenntnis berücksichtigt hat, weil dieser Indifferentism (Indifferentismus) – also dieses nicht Unterscheiden – in große Probleme und letztlich in ein Chaos führt – wie dies Immanuel Kant für die Wissenschaften allgemein aufgezeigt hat, die die Grundlage ihrer Erkenntnis nicht beachten. (vgl. mit Kant Zitat 10)

Es hat also die Erkenntnisgrundlage in der Psychiatrie und in einem Teilbereich der Medizin zur Folge, dass man in diesen Erkenntnisbereichen auf der Grundlage von Konzepten nur beschränktes Wissen erlangen kann. Man kann also in diesen Erkenntnisbereichen nur Wissen erlangen, wenn man per Konvention definierte Ideen auf einen klinischen Sachverhalt anwendet und dann zusieht welche Idee bzw. welche Kategorie in welchem Ausmaß zutreffend ist.

Man kann daher in der Psychiatrie (Psychologie und Psychotherapie) auf der Grundlage dieser definierten Konzepten nur relatives Wissen und kein absolutes Wissen erlangen. Man erlangt jeweils relatives Wissen in Bezug auf die angewandte Idee. Immer handelt es sich dabei jedoch um beschränktes Wissen das man mit methodischen Hilfsmitteln erlangt hat (vgl. mit Jaspers Zitat). Daher täuscht man sich in der Psychiatrie wenn man glaubt, dass es sich dabei um Wissen handelt das auf der Ebene der natürlichen Objekte – also auf der Ebene der Körperlichkeit objektiv gültig bestimmt werden kann. (vgl. mit Kant Zitat 10, Kant Zitat 3 und  Kant Zitat 22)

Wenn man in der Psychiatrie so denkt, dann hat man eine psychiatrische Idee missverstanden.

Man bewegt sich beim Erkennen in der Psychiatrie (Psychologie, Psychotherapie und auch beim Erkennen der nicht objektivierbaren medizinischen Diagnosen) auf der Ebene von nicht allgemein gültig überprüfbaren Ideen bzw. Vorstellungen – philosophisch gesprochen auf der Ebene von bloßen Ideen – und nicht auf der Ebene der „physischen“ Objekte.

Daher hat Wilhelm Griesinger im Prinzip schon treffend erkannt, dass man die psychischen Krankheiten derzeit nur auf der Grundlage der psychischen Anomalie bestimmen kann, und nicht auf der Grundlage der anatomischen Veränderungen des Gehirns. (vgl. mit Griesinger Zitat)

Und es hat der Stadtphysikus Johann Christian Reil treffend den Begriff „Psych-iaterie“ kreiert, weil in diesem Erkenntnisbereich die Ärzte primär mit der Psyche und daher mit den psychischen Phänomenen befasst sind, und nicht mit den Phänomenen des Körpers. Wäre dies der Fall, das heißt wären die Ärzte beim Erkennen der psychischen Störungen primär mit dem Körper befasst, dann würden sie die psychischen Störungen und damit die psychiatrischen Diagnosen auf der Grundlage der Störungen des Nervensystems also auf der Ebene der Transmitter, Rezeptoren und der Nervenzellen diagnostisch bestimmen können –  dann müsste man den Begriff Psychiatrie verlassen, dann müsste man von der „Körper-iaterie“ der psychischen Störungen bzw. der Psyche sprechen.

Bekanntlich ist dies jedoch nicht der Fall. Auch im Zeitalter der Biologischen Psychiatrie werden die psychischen Störungen und damit die psychiatrischen Diagnosen weiterhin auf der Grundlage der psychischen Befunde und damit auf der Grundlage der Phänomenologie und somit auf der Grundlage der Psychopathologie erkannt und diagnostisch bestimmt. Die psychiatrische Diagnostik gründet sich also nach wie vor auf die Psychopathologie bzw. auf die Phänomenologie und erkennt man nach wie vor die einzelnen psychischen Störungen auf der Grundlage der psychischen Anomalie. (vgl. mit Griesinger Zitat)

Tatsächlich sind Psychiater primär mit den psychischen Erscheinungen befasst, wenngleich diese als Folge der neuronalen Funktion entstehen.

Dieser Konnex zwischen der Psyche und dem Körper in Folge der neuronalen Funktion ist gegeben.

Man kann aber ein psychisches Phänomen nicht auf der Grundlage der Körperlichkeit bzw. auf der Grundlage der neuronalen Funktion bestimmen – eben, weil es sich bei einem psychischen Phänomen um etwas ganz anderes Erkenntnisobjekt handelt als bei einem körperlichen bzw. „physischen“ Phänomen. (vgl. mit Kant Zitat 4 und Kant Zitat 7)

Man findet daher keine bestimmbare Relation zwischen einem psychischen Phänomen auf der einen Seite und der körperlichen Funktion auf der anderen Seite.

Ein gleichartiges psychisches Phänomen kann durch verschiedene körperliche Ursachen oder sonstige Ursachen hervorgerufen werden. Zum Beispiel kann eine psychische Störung von der Form bzw. dem Typ einer Schizophrenie spontan auftreten, oder sie kann in Folge von Drogen Konsum, oder durch sonstige toxische, oder andere Ursachen ausgelöst auftreten. Es gibt also keine definierbare und damit keine bestimmbare Relation zwischen einem psychischen Phänomen und dem körperlichen Substrat auf dessen Grundlage es entsteht. (Weiteres dazu auf Poster 6: Diagnosis in Psychiatry – the Role of Biological Markers – an investigation in the light of Immanuel Kant`s philosophy)

Daher kann man ein psychisches Phänomen durch eine biologische Theorie der biologischen Psychiatrie zwar erklären – aber diagnostisch bestimmen kann man es auf dieser Grundlage nicht.

Weil man gewisse psychische Phänomene seit dem Beginn der Psychiatrie als Wissenschaft nicht auf der Grundlage der nomal-psychologischen Erfahrung verstehen konnte und auch heute noch nicht verstehen kann, hat man schon ab dem Beginn der Psychiatrie als Wissenschaft nach anderen Ursachen, insbesondere nach körperlichen Ursachen bei gewissen psychischen Störungen geforscht.

Diagnostiziert wird eine psychische Störung jedoch immer auf der Grundlage der psychischen Phänomene und nicht auf der Grundlage von körperlichen Phänomenen oder körperlichen Befunden. Man kann nur manch eine psychische Störung durch körperliche Befunde oder durch körperliche Theorien erklären – aber diagnostisch objektiv gültig bestimmen kann man sie dadurch nicht.

Die Psychiatrie verkennt also ihre Erkenntnisbasis, wenn sie glaubt, dass sie die krankheitswertigen psychischen Erscheinungen körperlich erfassen kann – man missversteht eine psychiatrische Idee wenn man glaubt, dass man eine solche Idee „physisch“ bestimmen kann – man kann nur manch eine psychische Störung durch eine Biologische Theorie erklären – aber diagnostisch bestimmen kann man sie auf physischer Basis nicht. Dies ist so, weil eine Idee und damit auch eine psychiatrische Idee und auch eine psychologische Idee etwas ganz anderes ist als ein körperliches Objekt. (vgl. mit Kant Zitat 4 und Kant Zitat 7)

Es gibt keine einzige psychische Störung die „physisch“ diagnostiziert worden ist – nur wird manch eine psychische Störung – nach dem sie auf der Grundlage der psychischen Phänomene diagnostiziert worden ist – sekundär „physisch“ erklärt.

Man sollte als Fachperson in der Psychiatrie sich der Erkenntnisbasis bewusst sein, auf deren Grundlage die psychischen Phänomene generell und die psychiatrischen Diagnosen im Besonderen erkannt werden. Man sollte ferner sich dessen bewusst sein, dass man in der Psychiatrie nur relative Erkenntnisse erlangen kann und keine absoluten Erkenntnisse. Eben weil die Erkenntnisse nur auf der Grundlage von methodischen  Hilfsmitteln – die grenzenlos korrigierbar und verwandelbar sind – erlangt werden. (vgl. mit Jaspers Zitat)

Man kann also berechtigt sagen, dass die Psychiatrie erst dann im Sinn der Aufklärung aufgeklärt sein wird, wenn sie sich ihrer Erkenntnisbasis und der daraus resultierenden Konsequenzen bewusst ist und diese in der Praxis und in der psychiatrischen Wissenschaft berücksichtigt. (vgl. mit Kant Zitat 2, Kant Zitat 3 und Kant Zitat 22)

Vorher wird man nicht sagen können, dass die Psychiatrie eine im Sinn der Aufklärung aufgeklärt Wissenschaft ist, so lange sie subjektive Erkenntnisse in der Psychiatrie so angesehen und in der psychiatrischen Wissenschaft gezählt, verrechnet und dem Publikum präsentiert werden wie Erkenntnisse die man in der Medizin oder in der Naturwissenschaft auf der Grundlage von objektiven Befunden erlangt hat – wird man nicht sagen können, dass die Psychiatrie eine im Sinn der Aufklärung aufgeklärte Wissenschaft ist – und gerade weil dies nicht der Fall ist gerät die Psychiatrie als Wissenschaft zunehmend in die berechtigte Kritik des aufgeklärten und kritischen Publikums.

Die Erkenntnisse wie sie im Rahmen der psychiatrischen Wissenschaft gewonnen werden sind von Wert – aber ihr Wert ist beschränkt. Eben weil derartiges Wissen aus abgeleiteten Ideen stammt und daher abgeleitetes Wissen ist. (Weiteres dazu auf Poster 3: PROBABILITY IN MEDICINE AND IN PSYCHIATRY – IN THE LIGHT OF IMMANUEL KANT`S PHILOSOPHY)

Vorhersehbar wird die Psychiatrie  – bis der Unterschied in der Erkenntnisbasis beachtet und berücksichtigt wird – weiterhin in Widersprüche (Antinomien) geraten (vgl. mit Jaspers Zitat) –  so wie dies seit langem an vielen Orten in der psychiatrischen Praxis und  in der psychiatrischen Wissenschaft zu beobachten ist.

Erst wenn die psychiatrischen Ideen als das angesehen und verwendet werden was sie sind – erst dann – wenn die psychiatrischen Ideen relativistisch verwendet werden (vgl. mit Kant Zitat 4) – erst dann werden die Widersprüche und verschiedene Probleme, die aus der falschen Verwendung der Ideen resultieren, nicht mehr auftreten.

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Weiteres, insbesondere über die Konsequenzen, finden Sie im blog: Konsequenzen.

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Hinweis:

Weiteres zum Unterschied zwischen einer psychiatrischen Diagnose und einer medizinischen Diagnose in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 11.03.2020, abgelegt unter: Psychiatrie, Konsequenzen, Diagnostik, medizinische Diagnose, psychiatrische Diagnose, Medizin, Psychiatrie, Wissenschaft, psychiatrische Wissenschaft)

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