Bleuler Zitat

Der Psychiater und Sohn von Eugen Bleuler Manfred Bleuler schreibt im „Lehrbuch der Psychiatrie“ auf Seite 391 wie folgt: (Buchnachweis siehe unten):

“ Aus diesem Grunde erwies sich die ursprüngliche Beschreibung „Dementia praecox“ als unhaltbar. E. Bleuler hat sie 1911 durch diejenige der Schizophrenie (=Spaltungsirresein) ersetzt, weil ihm die elementarsten Störungen in einer mangelhaften Einheit, in einer Zersplitterung und Aufspaltung des Denkens, Fühlens und Wollens und des subjektiven Gefühls der Persönlichkeit zu liegen schienen. Er wollte auch die Ausdrücke „Verblödung“ und „Demenz“ nicht mehr in die Krankenbezeichnung einbeziehen, denn sie paßten für diese Kranken selbst in den schwersten Fällen nicht ganz. Es schien ihm nicht, daß man aus den Gemeinsamkeiten der Symptomatologie und des Verlaufes schon auf eine Krankheitseinheit schließen dürfte; deshalb sprach er nicht von einer Krankheit Schizophrenie, sondern von einer Gruppe von Schizophrenien.

Zum Begriffe der „Schizophrenien“ gehören heute vor allem die folgenden Kennzeichen: 1. Schizophrenien sind Psychosen in dem Sinne, wie der Begriff auf S. 116 f. umschrieben ist. Es ist falsch (und hat häufig für den Kranken schwerwiegende Folgen), psychische Veränderungen als Schizophrenien anzusprechen, die nie Grad und Charakter einer Psychose, einer Geisteskrankheit, angenommen haben“. (Ende des Zitats)

Das Zitat stammt aus dem Lehrbuch:

Eugen Bleuler, „Lehrbuch der Psychiatrie“, vierzehnte Auflage, neubearbeitet von Manfred Bleuler, unter Mitwirkung von J. Angst, K. Ernst, R. Hess, W. Mende, H. Reisner, S. Scheidegger, Springer Verlag, ISBN 3-540-09335-4,  14. Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1979

 

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(letzte Änderung 5.11.2015, abgelegt unter Zitate, Psychiatrie, Diagnostik, psychiatrische Diagnose)

Anmerkung:

Aus dem obigen Zitat ersieht man, wie Eugen Bleuler auf Grund seiner klinischen Beobachtung und vernünftigen Überlegungen vorerst (durch den hypothetischen Vernunftgebrauch)  zur Annahme (Hypothese) der Existenz der diagnostischen Einheit Schizophrenie gelangt ist – und wie er dann, als er seine Annahme durch die weitere klinische Erfahrung bestätigt sah glaubte, dass es tatsächlich  eine solch Einheit im Sinn einer psychischen Krankheitseinheit (Entität) gibt, die diesen psychischen Symptomenkomplex hervorruft.

Damit vollzog sich bei Eugen Bleuler der Wechsel vom zuerst hypothetischen Vernunftgebrauch zum dogmatischen Vernunftgebrauch.

Als Psychiater sollte man jedoch beachten, dass eine Einheit in der Psychiatrie eine systematische Einheit ist.

Es ist dies also nicht eine physische bzw. nicht eine biologische Einheit – wie man sie in der Natur auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der physis (= Natur) findet, sondern es ist dies in der Psychiatrie eine jenseits der Natur – somit eine meta-physische Einheit, wie diese auf der Ebene der Ideen – von in der Psychiatrie tätigen Ärzten als nützliche Einheit definiert worden ist. Mit anderen Worten: es ist eine psychiatrische Einheit eine zweckmäßige Einheit wie diese in der Psychiatrie tätige Ärzte infolge ihrer denkenden Anschauung (Karl Jaspers – vgl. mit Jaspers Zitat) erkannt und entwickelt haben.

Und man sollte demgemäß die psychiatrische Idee – so wie eine psychologische Idee in der Schwebe halten, weil alle diese Schemata nur relativ gültig sind (Karl Jaspers vgl. mit Jaspers Zitat 2).

In den Worten von Immanuel Kant kann man auch sagen: man sollte die psychiatrische Idee „Schizophrenie“ nur „regulativ“ und nicht „konstitutiv“ verwenden, eben, weil sie nur relativ in einer psychiatrischen Klassifikation zum Beispiel in der Psychiatrischen ICD-10 Klassifikation oder in der DSM-V Klassifikation (in Relation zu den anderen dort jeweils definierten psychiatrischen Ideen) gültig ist , damit einem nicht der Fehler des falschen Vernunftgebrauchs passiert  (siehe dazu Kant Zitat 3a).

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Bezüglich der Entstehung und weiteren Entwicklung des Schizophreniekonzeptes siehe diesen interessanten Wikipedia Beitrag.

Es wird aus diesem Beitrag deutlich wie das Schema unter dem die verschiedenen Symptome wie sie bei schizophrenen Störungen in den verschiedensten Variationen vorkommen, verschieden gesehen, verschieden beleutchtet und verschieden definiert worden ist. All diese verschiedenen Sichtweisen stellen unterschiedliche regulative Prinzipien bzw. regulative Begriffe im Kant`sche Sinn dar um der „Natur“ dieser psychische Störung (Krankheit) nach allen möglichen Prinzipien der Einheit bzw. der Verstehensweisen (vgl. mit Kant Zitat 2) nachzugehen.

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 Der Psychiater und Sohn von Eugen Bleuler Manfred Bleuler schreibt im “Lehrbuch der Psychiatrie” auf Seite 391 wie folgt: (Buchnachweis siehe unten):

” Aus diesem Grunde erwies sich die ursprüngliche Beschreibung “Dementia praecox” als unhaltbar. E. Bleuler hat sie 1911 durch diejenige der Schizophrenie (=Spaltungsirresein) ersetzt, weil ihm die elementarsten Störungen in einer mangelhaften Einheit, in einer Zersplitterung und Aufspaltung des Denkens, Fühlens und Wollens und des subjektiven Gefühls der Persönlichkeit zu liegen schienen. Er wollte auch die Ausdrücke “Verblödung” und “Demenz” nicht mehr in die Krankenbezeichnung einbeziehen, denn sie paßten für diese Kranken selbst in den schwersten Fällen nicht ganz. Es schien ihm nicht, daß man aus den Gemeinsamkeiten der Symptomatologie und des Verlaufes schon auf eine Krankheitseinheit schließen dürfte; deshalb sprach er nicht von einer Krankheit Schizophrenie, sondern von einer Gruppe von Schizophrenien.

Zum Begriffe der “Schizophrenien” gehören heute vor allem die folgenden Kennzeichen: 1. Schizophrenien sind Psychosen in dem Sinne, wie der Begriff auf S. 116 f. umschrieben ist. Es ist falsch (und hat häufig für den Kranken schwerwiegende Folgen), psychische Veränderungen als Schizophrenien anzusprechen, die nie Grad und Charakter einer Psychose, einer Geisteskrankheit, angenommen haben”. (Ende des Zitats)

Das Zitat stammt aus dem Lehrbuch:

Eugen Bleuler, “Lehrbuch der Psychiatrie”, vierzehnte Auflage, neubearbeitet von Manfred Bleuler, unter Mitwirkung von J. Angst, K. Ernst, R. Hess, W. Mende, H. Reisner, S. Scheidegger, Springer Verlag, ISBN 3-540-09335-4,  14. Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1979

 

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(letzte Änderung 5.11.2015, abgelegt unter Zitate, Psychiatrie, Diagnostik, psychiatrische Diagnose)

Anmerkung zum Zitat:

Aus dem obigen Zitat ersieht man, wie Eugen Bleuler auf Grund seiner klinischen Beobachtung und vernünftigen Überlegungen vorerst (durch denhypothetischen Vernunftgebrauch)  zur Annahme (Hypothese) der Existenz der diagnostischen Einheit Schizophrenie gelangt ist – und wie er dann, als er seine Annahme durch die weitere klinische Erfahrung bestätigt sah glaubte, dass es tatsächlich  eine solch Einheit im Sinn einer psychischen Krankheitseinheit (Entität) gibt, die diesen psychischen Symptomenkomplex hervorruft.

Damit vollzog sich bei Eugen Bleuler der Wechsel vom zuerst hypothetischenVernunftgebrauch zum dogmatischen Vernunftgebrauch.

Als Psychiater sollte man jedoch beachten, dass eine Einheit in der Psychiatrie eine systematische Einheit ist.

Es ist dies also nicht eine physische bzw. nicht eine biologische Einheit – wie man sie in der Natur auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der physis (= Natur) findet, sondern es ist dies in der Psychiatrie eine jenseits der Natur – somit eine meta-physische Einheit, wie diese auf der Ebene der Ideen – von in der Psychiatrie tätigen Ärzten als nützliche Einheit definiert worden ist. Mit anderen Worten: es ist eine psychiatrische Einheit eine zweckmäßige Einheit wie diese in der Psychiatrie tätige Ärzte infolge ihrer denkenden Anschauung (Karl Jaspers – vgl. mit Jaspers Zitat) erkannt und entwickelt haben.

Und man sollte demgemäß die psychiatrische Idee – so wie eine psychologische Idee – in der Schwebe halten, weil alle diese Schemata nur relativ gültig sind (Karl Jaspers vgl. mit Jaspers Zitat 2).

In den Worten von Immanuel Kant kann man auch sagen: man sollte die psychiatrische Idee “Schizophrenie” nur “regulativ” und nicht “konstitutiv” verwenden, eben, weil sie nur relativ in einer psychiatrischen Klassifikation zum Beispiel in der Psychiatrischen ICD-10 Klassifikation oder in der DSM-V Klassifikation (in Relation zu den anderen dort jeweils definierten psychiatrischen Ideen) gültig ist , damit einem nicht der Fehler des falschen Vernunftgebrauchs passiert  (siehe dazu Kant Zitat 3a).

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Bezüglich der Entstehung und weiteren Entwicklung des Schizophreniekonzeptes siehe diesen interessanten Wikipedia Beitrag.

Es wird aus diesem Beitrag deutlich wie das Schema unter dem die verschiedenen Symptome wie sie bei schizophrenen Störungen in den verschiedensten Variationen vorkommen, verschieden gesehen, verschieden beleutchtet und verschieden definiert worden ist. All diese verschiedenen Sichtweisen stellen unterschiedliche regulative Prinzipien bzw. regulative Begriffe im Kant`sche Sinn dar um der “Natur” dieser psychische Störung (Krankheit) nach allen möglichen Prinzipien der Einheit bzw. der Verstehensweisen (vgl. mit Kant Zitat 2) nachzugehen.

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