Verdachtsdiagnose

Die Verdachtsdiagnose ist im Hinblick auf die klinische Erscheinung der gesundheitlichen Störung – in Anbetracht des derzeit noch beschränkten Wissensstandes – unter den möglichen Diagnosen die wahrscheinlichste Diagnose.

Man kann auch sagen: die Verdachtsdiagnose ist unter den möglichen Differenzialdiagnosen, im Hinblick auf das vorliegende klinische Erscheinungsbild und den vorliegenden Wissensstand die wahrscheinlichste Diagnose.

Die Verdachtsdiagnose beruht nämlich auf einer hypothetischen Vorstellung bezüglich der vorerst noch nicht erwiesen ist, dass diese Idee zutreffend ist. Es handelt sich dabei also um ein Konzept das noch nicht auf der „Ebene der Objekte“ überprüft worden ist, weil die nähere Abklärung noch ausständig ist.

Man kann auch sagen: eine Verdachtsdiagnose ist ein  Konzept, das soweit noch nicht unter allgemein gültigen Beweis gestellt werden konnte. Es handelt sich damit im Hinblick auf die Erkenntnis bzw. das persönliche Wissen vorerst um ein Wahrnehmungsurteil im Sinne von Immanuel Kant. Unter Umständen kann diese Idee bzw. dieses Urteil auf ein Faktum zurückgeführt und damit die Diagnose allgemein gültig bestimmt werden, und es handelt sich sodann um ein Erfahrungsurteil im Sinne von Immanuel Kant.

In der Medizin ist es in vielen Fällen möglich das Zutreffen der Verdachtsdiagnose in diesem Sinn auf der Ebene der Objekte bzw. auf der Ebene der Fakten zu überprüfen und damit die Diagnose allgemein gültig zu sichern.

Falls es also im Rahmen der weiteren Abklärung möglich ist die Ursache der gesundheitlichen Störung im Sinn einer faktischen Ursache bzw. im Sinn einer tatsächlichen Ursache zu finden, respektive wenn es im Weiteren möglich ist dieses Konzept und somit diese Idee (Vorstellung) auf der „Ebene der Objekte“ und damit auf der Ebene der Fakten zu verifizieren oder zu falsifizieren dann hat man dadurch das Zutreffen der Verdachtsdiagnose entweder bestätigt oder ausgeschlossen. Im ersteren Fall ist also die Objektivierung der fachlichen Einschätzung des Sachverhalts gelungen.

Wenn also bei einer gesundheitlichen Störung im weiteren Untersuchungsgang das Konzept (die Idee) durch objektive körperliche Zeichen (Merkmale) und damit durch objektive Befunde verifiziert werden kann, dann spricht man nicht mehr von einer Verdachtsdiagnose sondern von einer objektiv gültigen Diagnose, also von einer faktischen Diagnose, die allgemein gültig ist.

Im Gegensatz dazu gibt es Diagnosen, die nicht in diesem Sinn auf ein Faktum zurückgeführt und damit allgemein gültig bestimmt werden können, sondern die nur durch einen mehr oder weniger typischen Symptomenkomplex erkannt werden können und handelt es sich in einem solchen Fall um eine phänomenologische Diagnose, die durch ein Konzept erkannt.

Weiteres über Verdachtsdiagnosen:

Grundsätzlich strebt die Diagnostik nach der Erkenntnis der Wahrheit und es ist hier die Verdachtsdiagnose die momentan gültige Diagnose auf diesem Weg.

Über Verdachtsdiagnosen in verschiedenen Bereichen:

In der Psychiatrie kann man eine Idee bzw. ein psychiatrisches Konzept, etwa eine bereits gestellte psychiatrische Diagnose nicht im Sinne einer körperlich objektivierbaren  medizinischen Diagnose überprüfen, daher wird der Begriff Verdachtsdiagnose in der Psychiatrie in der Regel gar nicht verwendet und sollte man ihn auch nicht verwenden, weil es keinen Sinn macht von einer Verdachtsdiagnose in der Psychiatrie zu sprechen wenn Diagnose grundsätzlich nicht objektiviert werden kann.

Wenn eine Verdachtsdiagnose in der Medizin nicht verifiziert werden kann, weil sie sich nicht auf objektive Befunde zurückgeführt werden kann, sondern die medizinische Diagnose nur auf der Grundlage von Symptomen und / oder auf der Grundlage von nicht-objektivierbaren Phänomenen festgestellt werden kann, dann handelt es sich bei einer solchen medizinischen Diagnose um funktionelle Diagnose bzw. um eine syndromale Diagnose im engeren Sinn bzw. handelt es sich dann um ein medizinisches Syndrom das auf der Grundlage eines medizinischen Konzepts erkannt wird. Dies trifft zum Bespiel für die diagnostischen Einheiten: Migräne, Spannungskopfschmerz, Fibromyalgie, Fatigue-Syndrom, Somatoforme Störung, Vegetative Dystonie und andere funktionlle Diagnosen zu. Man kann auch sagen, dass eine solche Diagnose eine phänomenologische Diagnose ist.

Ein nicht-objektivierbares Syndrom wird mit der Hilfe eines medizinisches Konzepts erkannt und diagnostisch festgestellt.

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Weiteres über den Begriff Verdachtsdiagnose in der Heilkunde untersucht auf Grundlage der Philosophie von Immanuel Kant in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 08.12.2020, abgelegt unter Diagnose, medizinische Diagnose, Medizin, medizinische Diagnostik, Psychiatrie, Definition)

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