Diagnose

Die Diagnose ist ein Begriff  durch durch ein bestimmter Sachverhalt in der Diagnostik benannt und beschrieben werden kann.

Dabei kann sich dieser Begriff auf eine faktische Einheit beziehen.

Oder er bezieht sich auf eine systematische Einheit.

Im zuerst genannte Fall kann man den Sachverhalt und damit die Diagnose in der Diagnostik objektiv gültig bestimmen, weil sich hier der Sachverhalt auf objektive Befunde zurückführen lässt.

Im zweit genannten Fall ist dies hingegen nicht möglich, weil hier der Sachverhalt nur durch den Begriff der Idee erkannt werden kann, der als systematische Einheit der Idee im Bewusstsein erscheint, falls die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig erfasst werden (vgl. mit Kant Zitat 7).

Daher kann man in einem derartigen Fall die Diagnose die (systematische) Einheit der Idee ist, durch die der Sachverhalt vom erkennenden Subjekt durch subjektive Befunde erkannt wird.

Beziehungsweise kann man in einem derartigen Fall die Diagnose nur subjektiv gültig bestimmen.

Es ist die Diagnose also das Wort durch das der Sachverhalt von der erkennenden Person – nach einem System geordnet – zutreffend bezeichnet/benannt/klassifiziert/geordnet werden kann.

Diagnose (altgriechisch διάγνωσις diágnosis‚ Unterscheidung, Entscheidung‘; aus διά- diá- ‚durch-‘ und γνώσις gnósis‚ Erkenntnis, Urteil‘)

Dabei gründet sich die Diagnose auf den Befund den die Fachperson bei der Untersuchung bzw. bei der Abklärung des Sachverhalts erhebt.

Man kann auch sagen: die Diagnose beinhaltet fachliches Wissen über den Sachverhalt und benennt dieses durch den passenden Begriff der diagnostischen Idee.

Ebenso kann man sagen: die Diagnose ist die diagnostische Einheit (Entität) die das Erkenntnisobjekt geistig erfasst und im Rahmen des Diagnostizierens durch ein Wort benennt und dadurch die Einheit als den Begriff der (diagnostischen) Idee bestimmt (vgl. mit Kant Zitat 7).

Durch dieses Wort/diese Einheit/diesen Begriff können Menschen den Sachverhalt durch diese (systematische) Einheit intellektuell kommunizieren.

Ebenso kann man sagen: die Diagnose ist der Begriff der Entität die im Rahmen des diagnostischen Verfahrens bestimmt wird.

Somit liefert die Diagnose qualifiziertes Wissen und unter anderem die Bezeichnung für die Erkenntnis des Sachverhalts.

(griechisch διάγνωσις, diágnosis , aus διά-, diá-, ‚durch-‘ und γνώσις, gnósis, Wissen, Erkenntnis)

Weiteres zur Bestimmung der Diagnose:

Primär wird eine Diagnose immer nur auf der Ebene der Vorstellungen und damit nur auf der „Ebene der Ideen“ durch den Begriff der Idee erkannt. Bei manch einer gesundheitlichen Störung kann man jedoch das Zutreffen der Diagnose auf der „Ebene der Objekte“ überprüfen und damit deren Zutreffen allgemein gültig beweisen. In diesem Fall bezieht sich die Diagnose auf eine faktische Einheit, im anderen Fall auf eine systematische Einheit (vgl. mit Kant Zitat 7).*

Falls die Diagnose sich also auf eine systematische Einheit bezieht, kann sie nur auf der „Ebene der Ideen“ bestimmt werden. Und man erkennt, dass in diesem Fall die Diagnose durch ein Konzept erkannt wird bzw. dass sie auf einer bloßen Idee im Sinne von Immanuel Kant beruht.

Ich muss daher unterscheiden, ob mir das Erkenntnisobjekt tatsächlich als physisches Objekt bzw. als Faktum und damit als Tatsache gegeben ist, oder ob ich das Erkenntnisobjekt nur jenseits der physis (= Natur) – somit nur durch den Begriff der Idee und daher nur meta-physisch – also nur geistig bzw. nur mental erfassen kann.

Eine Diagnose die auf der „Ebene der Objekte“ bestimmt werden kann, erkenne ich durch ein Erfahrungsurteil im Sinne von Immanuel Kant. Eine Diagnose die ich nur auf der „Ebene der Ideen“ erkennen und bestimmen kann, erkenne ich durch ein Wahrnehmungsurteil im Sinne von Immanuel Kant.

Weiteres über Diagnosen in den verschiedenen Bereichen des Wissens:

Man kennt  in der Technik den Begriff Diagnose durch den ein technischer Defekt bzw. eine technische Störung bezeichnet bzw. erkannt wird.

In der Heilkunde wird durch die Diagnose eine gesundheitliche Störung oder eine Krankheit erkannt/erfasst/benannt/bezeichnet.

Dabei werden in der Medizin im Sinne der universitären Medizin (Schulmedizin) die gesundheitlichen Störungen/Krankheiten des Körpers durch die medizinischen Diagnosen nach einem System geordnet – also systematisch – erfasst, hingegen in der Psychiatrie die psychischen Störungen durch die entsprechenden psychiatrischen Diagnosen.

Daneben kennt man in der Heilkunde auch die Diagnosen wie sie in der Alternativmedizin (Komplementärmedizin) und bezüglich den psychosomatischen Diagnosen in der Psychosomatik in Gebrauch sind. Diese Diagnosen sind allerdings nicht durch ein gemeinsames System verbunden.*

Schließlich kennt man auch den Begriff der Verdachtsdiagnose und den Begriff der Differenzialdiagnose.

In der Heilkunde ist die Diagnose also die Bezeichnung für eine Krankheit oder für eine krankheitswertige gesundheitliche Störung. Dabei kann die Diagnose auch eine krankheitswertige Funktionsstörung bezeichnen.

Betrachtet man in der Heilkunde sämtliche Diagnosen, die es gibt, so findet man Diagnosen, die auf Grundlage von körperlichen Zeichen bzw. auf Grundlage von körperlichen Befunden objektiv gültig bestimmt werden können (Beispiel: Knochenbruch), und andererseits Diagnosen, die nur aufgrund der klinische Erscheinung  bzw. nur durch das klinische Erscheinungsbild erkannt werden können. Dies trifft auf Diagnosen zu, die durch Symptome/nicht objektivierbare Phänomen und durch Symptomenkomplexe erfasst werden. Und es trifft dies auch auf die Diagnosen in der Histopathologie und Zytopathologie zu – die ebenfalls auf Grundlage des jeweiligen klinischen  Erscheinungsbildes – wie dieses im mikroskopischen Bild sichtbar  ist – mit Hilfe des diagnostischen Schemas erfasst werden .* (Beispiel aus der Pathologie: ein Histopathologie stellt aufgrund des klinischen Erscheinungsbildes des histopathologischen Schnittes die histopathologische Diagnose: follikuläres Schilddrüsenkarzinom; Beispiel aus der Neurologie/Radiologie: ein Neurologe/Radiologe sieht im bildgebenden Befund etwa im MRT Bild Auffälligkeiten, die in Verbindung mit dem klinischen Befund Anlass dazu geben den Verdacht auf das Vorliegen einer Multiplen Sklerose auszusprechen).*

Während in der Heilkunde also gewisse Diagnosen objektiviert werden können, ist dies bei anderen nicht möglich.*

Daher kann in der Regel eine phänomenologische Diagnose nicht objektiviert werden. Das bedeutet dass eine solche Verdachtsdiagnose und ebenso eine derartige Differenzialdiagnose nicht auf ein Objekt – also nicht auf eine conditio sine qua non* – zurückgeführt und auf dieser Grundlage allgemein gültig bestimmt werden.

Vielmehr können solche Diagnosen nur mit der Hilfe eines Konzepts bestimmt werden.*

Demgemäß kennt man medizinische Konzepte und psychiatrische Konzepte.

Erkenntnistheoretisch bzw. philosophisch betrachtet erkennt man, dass es sich bei den Diagnosen, die nicht objektivierbar sind um  Diagnosen handelt, die auf auf der Grundlage einer nicht „physisch“ überprüfbaren  Idee erkannt werden (vgl. mit Kant Zitat 7 und Kant Zitat 8). Es handelt sich hier bei der Idee also eine bloße Idee im Sinne von Immanuel Kant, weil die Merkmale einer solchen Einheit, die eine systematische Einheit ist, der erkennenden Person nur als nur als Gegenstand in der Idee gegeben sind, wohingegen die Merkmale einer objektiv gültig bestimmbaren Diagnose der erkennenden Person als Gegenstand schlechthin gegeben sind. (vgl. mit Kant Zitat 7)

In der Erkenntnisbasis findet sich also der tiefer liegende Grund warum gewisse Diagnosen objektiv gültig, andere aber nur subjektiv gültig bestimmbar sind.

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Es gibt es also zwei Arten von Diagnosen, nämlich:

1.) Diagnosen, die sich auf physische“ Merkmale gründen, die „physisch“ (anatomisch, histologisch, biologisch, bildgebend, laborchemisch, biochemisch, genetisch etc.) objektiv gültig gestellt werden können. Daher können diese Diagnosen, die aus diesen objektiven Befunden abgeleitet werden allgemein gültig gestellt werden (vgl. mit Kant Zitat 9).

und andererseits gibt es:

2.) Diagnosen, die nur aufgrund der klinischen Erscheinung und daher nur durch den Begriff der Idee erkannt werden können, weil diese Erkenntnisobjekte der Vernunft der erkennenden Person nur als der Begriff der Idee bzw. nur als die systematische Einheit der Idee gegeben sind, falls diese die Merkmale der Idee durch das Schema der Idee geistig auffasst. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Diese Merkmale werden also auf der Grundlage von Ideen erkannt, die in der Form der Begriffe der Ideen im Bewusstsein der erkennenden Person erscheinen. (vgl. mit Kant Zitat 7)

Solche Merkmale erscheinen entweder im Bewusstsein des Patienten als die Begriffe der Symptome – oder sie erscheinen im Bewusstsein des Untersuchers als die Begriffe der Phänomene, falls dieser gewisse Merkmale durch den Bezug auf diese Idee durch das Schema der Idee auffasst. (vgl. mit Kant Zitat 7).

Mit anderen Worten: diese Merkmale werden nicht auf Grundlage der Körperlichkeit diagnostisch erfasst, sondern es werden diese Merkmale auf Grundlage der sinnlichen Wahrnehmungen und infolge der mentalen Prozesse erkannt. Daher sind solche Merkmale – und damit auch die daraus abgeleitete Diagnose nur subjektiv gewiss. Das heißt das Erkennen einer solchen Diagnose ist von Voraussetzungen abhängig, die im Subjekt gelegen sind. (vgl. mit Kant Zitat 7 und Kant Zitat 9)

So erscheinen z.B. die Begriffe der Symptome: Schmerzen, Schwindel, Tinnitus, Unruhe, Schwäche usw. im Bewusstsein einer Person und ebenso die Phänomene: reduzierter Kräftezustand, Anorexie, Kachexie, Dyspnoe, Kurzatmigkeit usf.

Analog erscheinen psychische Symptome (z.B. Angst, Unruhe, Lustlosigkeit, Unsicherheit etc.) im Bewusstsein des Patienten und andererseits psychische Phänomene wie formale und inhaltliche Denkstörungen, Desorientiertheit, Halluzinationen, Entfremdungsgefühl, Beeinflussungsideen usw. im Bewusstsein des Untersuchers als die Merkmale einer  psychischen Störung.

Kurz kann man sagen, dass solche Zeichen einer gesundheitlichen Störung entweder im Bewusstsein des Patienten, oder aber im Bewusstsein des Untersuchers in der Form von Begriffen erscheinen. (gr. phenomenon – ein sich Zeigendes, ein Erscheinendes).

Es ist evident, dass Diagnosen, die sich auf mentale Merkmale (Zeichen) gründen nur subjektiv gewiss – und nicht objektiv gewiss – erkannt bzw. gestellt werden können. Derartige Merkmale können also nur auf Grundlage von subjektiver Evidenz erkannt werden, andere hingegen auf Grundlage von objektiver Evidenz.

Dies macht den großen Unterschied des psychiatrischen Wissens im Vergleich zum objektiv bestimmbaren medizinischen Wissen aus.

Allerdings handelt es sich auch bei der Medizin im Sinne der universitären Medizin bei vielem Wissen um subjektives Wissen und es trifft dies grundsätzlich – so wie auf die Psychiatrie – auch auf das Wissen in der Alternativmedizin/Komplementärmedizin und Psychosomatik zu.

Eine Übersicht dazu findet sich Poster 2: MEDICAL DIAGNOSES AND PSYCHIATRIC DIAGNOSES – THE DIFFERENCE – IN THE LIGHT OF IMMANUEL KANT` S PHILOSOPHY)

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Hinweis: *

Weiteres über Diagnosen, das Diagnostizieren und die unterschiedlichen Grade des Wissens in meinem Buch:

Diagnostik, Klassifikation und Systematik in Psychiatrie und Medizin

erschienen im April 2019 im Verlag tredition

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(letzte Änderung 26.02.2024, abgelegt unter: Begriff, Definition, Diagnose, Diagnostik, Diagnostizieren, Erkennen, Erkenntnis, Gutachten, Medizin, Medizinische Diagnostik, Neurologie, Philosophie, Psychiatrie)

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weiter zum Beitrag: medizinische Diagnose

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weiter zum Beitrag: psychiatrische Diagnose

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weiter zum Beitrag: funktionelle Diagnose

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weiter zum Beitrag: syndromale Diagnose

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weiter zur Seite: medizinische Diagnose – psychiatrische Diagnose

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